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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 7
Chronik.
Autographen.
(A u t o g r a p h e n s a m m 1 u n g Erich Schmidt.)
Erich Schmidts kostbare Autographensammlung wird
demnächst zur Versteigerung kommen. Ende April oder Anfang
Mai versteigert Martin Breslauer, der Berliner Antiquar,
die Handschriftenschätze des verstorbenen Germanisten. Eben
so bringt Breslauer die Sammlung des Pastors Lennartz
zur Versteigerung, eine der reichhaltigsten Sammlungen
moderner Luxusdrucke, die überhaupt existieren.
(Unbekannte Wagner- und Lisztbrief e.) Im
Archiv der Gesellschaft zur Förderung der Tonkunst in
Amsterdam sind drei Briefe von Richard Wagner und
acht bisher unbekannte Briefe von Franz Liszt aufgefunden
worden. Oie Briefe Liszts sind aus Weimar, die Wagners aus
Zürich und Luzern datiert und stammen aus den Jahren 1854
bis 1857. Sie sind an den Gründer der genannten Gesellschaft
Vermeil llen gerichtet. Ein weiterer Brief Liszts ist im
Aufträge der Fürstin Wittgenstein geschrieben.
(Verlorene Autographenschätze.) Einen
schweren Verlust hat, wie uns aus Berlin gemeldet wird,
das Handschriftenantiquariat Liepmannssohn erlitten. Am
23. Jänner wurde an die Firma aus München auf dem
Frachtverkehrswege eine Kiste abgesandt, die eine Hand
schriftensammlung von sehr großem Werte enthielt. Die Auto
graphen stammten aus dem Nachlaß des verstorbenen Inten
danten und Komponisten Hans B r o n s a r t v. Schellen
dorff, an den sie gerichtet waren. Bis jetzt ist die Sendung
bei' ihrem Adressaten nicht angekommen, so daß ernstlich da
mit gerechnet werden muß, daß die Kiste verloren ist. Die
Bedeutung des Verlustes geht aus . einer Aufzählung des
Kisteninhaltes hervor. Die Sendung enthielt: 17 Briefe von
Richard Wagner, 13 Briefe und 3 Postkarten von J.
Brahms, 3 Briefe von Peter Cornelius, 100 Briefe von
Felix Draeseke, 5 Briefe von Gerhart Hauptmann,
107 Briefe und 5 Postkarten von Paul Heyse, 146 Briefe und
8 Postkarten von Joseph Joachim, 3 Briefe von Ibsen,
79 Briefe und das Manuskript des A-dur-Konzertes mit eigen
händigen Korrekturen von Liszt, 3 Briefe von Anton Rubin-
s t ei n, 20 Briefe von Adolf v. Sonnenthal, 16 Briefe
von Richard Strauß, 64 Briefe und 1 Postkarte von Richard
Voß, 102 Briefe, 5 Gedichte und 2 Postkarten von Ernst von
Wildenbruch und 88 Briefe der Fürstin Karoline W i t t-t
g e n s t e i n.
Bibliophilie.
(Die kostbarste Privatbibliothek der
W e 11.) Der amerikanische Millionär und Bibliophile Henry
E. Huntington wird sich binnen kurzem rühmen können,
die kostbarste Privatbibliothek der Welt sein Eigen zu nennen.
Seine Schätze, die er bereits aufgespeichert, werden nämlich
nun vermehrt und gleichsam gekrönt durch den Ankauf der
berühmten Bibliothek des Herzogs von Devonshire,
die er für vier Millionen Mark soeben nach einer
Meldung der »Newyorker Evening Sun« erworben hat. Ein
Teil dieser großartigen englischen Sammlung ist bereits nach
Amerika überführt; die ganze Bibliothek wird bald ihre Auf
stellung in dem Palais Huntingtons in der Fünften Avenue zu
Newyork gefunden haben. Das Glanzstück der Devonshire-
Bibliothek ist die einzigartige Kollektion seltener Erst
drucke der elisabethinischen Zeit; sie umfaßt allein 125
Shakespeare-Quartos, die bekanntlich zu den ge
suchtesten und teuersten Büchern gehören, ferner eine große
Anzahl von Erstausgaben Ben Jonsons, Marlowes, Greenes
und anderer Zeitgenossen Shakespeares. Außerdem enthält
die Sammlung 26 der kostbaren Inkunabeln des ersten
englischen Druokers Caxton.
(Form schnitt e des 15. Jahrhunderts.) Die
neuesten Mitteilungen des Antiquariates Josef Baer & Co, in
Frankfurt a. M. verzeichnen unter anderen Kostbarkeiten
eine Folge von 19 Metallschnitten des 15. Jahrhunderts, von
denen neun bisher nicht beschrieben wurden und wahrscheinlich
Unika sind. Der Darstellungsinhalt der einzelnen Blätter ist
folgender: 1. Der Sündenfall. (Schreiber 2174, kennt 2 Exem
plare.) 2. Die Vertreibung aus dem Paradies. (Schreiber 2177,
kennt 1 Ex.) 3. Die Heimsuchung. (Schreiber 2190, kennt 1 Ex.)
4. Die Kreuzigung. (Sehr. 2351, kennt 1 Ex.) 5. Die Auferstehung.
(Sehr. 2381, kennt 1 Ex.) 6. Der ungläubige Thomas,
(Sehr. 2393, kennt 1 Ex.) 7. St. Antonius stehend, vor dem
links eine Frau, rechts ein Mann kniet, über diesen je eine
Eremitenglocke. Oben weiß auf schwarzem Grunde: »anthon«.
Unbeschrieben. 8. St. Barbara. (Sehr. 2561, kennt 1 Ex.)
9. St. Christophorus. (Sehr. 2602, kennt 1 Ex.) 10. St. Cornelius
stehend auf einem mit Kacheln belegten Boden, hinter ihm ein
gotisch gemusterter Teppich, darüber »Sact. carnel«. Unbe
schrieben. 11. St. Dionysius stehend, sein Haupt in der Hand
haltend, Boden und Teppich wie bei 10, darüber: »Sact. dioniß
ue«. Unbeschrieben. 12. St. Dorothea. (Sehr. 2612, kennt 1 Ex.)
13. St. Gregorius, rechts vor seinem Pulte sitzend, darüber
links Spruchband mit Aufschrift: »greg/o/rius. Unbeschrieben.
14. St. Johannes d. E., rechts in einer gotischen Halle sitzend,
links der Vogel, auf seinem Schoße Spruchband mit Aufschrift:
»Johanes«. Unbeschrieben. 15. St. Lucas, rechts auf einem
gotischen Sessel sitzend, links der Ochse, darüber ein Bücher
gestell. Auf seinem Schoße Spruchband mit »lucas«. Unbe
schrieben. 16. St. Marcus, links in gotischer Halle sitzend,
auf dem Boden Kacheifliesen, rechts der Löwe, auf seinem
Schoße Spruchband mit »marc.«. Unbeschrieben. 17. St. Mat-
thaeus stehend, mit der Rechten sich auf einen Speer stützend,
Boden und Teppich wie bei 10 und 11, darüber »matheus«.
Unbeschrieben. 18. St. Peter und Paul stehend, das Schweiß-
tueb der Veronika haltend, darüber die Pabstinsignien. Un
beschrieben. 19. Martyrium d. hl. Sebastian. (Sehr. 2729, kennt
1 Ex.) Die gekreuzten Schlüssel auf Nr. 18 scheinen darauf
hinzuweisen, daß die Folge in Regensburg entstanden ist. Der
Preis der Formschnitte ist mit 9000 Mk. angegeben.
Bilder.
(Ein van Dyck für zwei Millionen.) Ein reicher
Amerikaner Henry C. F r i c k in Pittsburg, der jüngst erst den
teuersten Greco kaufte, hat jetzt mehr als zwei Millionen
Franken für ein Bild von van Dyck zu bezahlen, das ihm
durch den Herzog von Abereorn verkauft worden ist. Es
ist das Bild der Marquise von Brignole-Sale, das van Dyck
während seines Aufenthaltes in Genua gemalt hat. Es existiert
eine Wiederholung des Bildes in Genua im Palais Rocco.
Das Werk war zweimal in London ausgestellt worden, 1896
und 1900, und war 1899 auf der van Dyck-Ausstellung in Ant
werpen zu sehen.
Handschriften.
(Neuerwerbung der preußischen Archiv
verwaltung.) Die preußische Archivverwaltung hat jetzt
die Bodmann-Habelsche Urkundensammlung erworben. Die von
dem kurmainzischen Bibliothekar Bodtuann angelegte, von
dem nassaischen Archivar H a b e 1 angekaufte und vermehrte
Sammlung von Urkunden und Handschriften befand sich bis
1833 auf Schloß Miltenberg und war später zeitweise dem
Bayerischen Reichsarchiv als Depositum übergeben. Der Ur-