Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. Herausgeber: Norbert Ehrlich. 7. Jahrgang. Wien, I. Jänner 1915. Nr. 1. Kriegsscliimick und Plaketten. Von Dr. Max Weinberg (Wien). Unter den Kriegszeichen, die jetzt als patriotischer Schmuck getragen werden und nach glücklichem Friedensschluß die Vitrinen der Sammler zieren werden, verdient neben den in der vorigen Nummer der „Inter nationalen Sammlerzeitung“ besprochenen Abzeichen von K. M. Schwerdtner und fl. Kautsch eine als Brosche ausgeführte Plakette unseres hervorragenden Medailleurs und Bildhauers, Regierungsrats Professors Stephan Schwärtz ihres künstlerischen Entwurfes wegen ganz besonders erwähnt zu werden. Das von dem Wiener Juwelier Siess in mattem Silber ausgeführte Schmuckstück hat eine gefällige, länglich-eckige Form und die Darstellung ist in hohem Relief gehalten. Ein mit packendem Realismus ge zeichnetes Medusenhaupt stellt die durch die Welt .stürmende Kriegsfurie dar, hinter der sich in kräftigen Fäusten zwei mächtige Schwerter kreuzen. Züngelnde Schlangenleiber, welche statt der Haare dem geflügelten Kopf der zähnefletschenden Gorgo entspringen, durch zittern das ganze Bild, das an seinem unteren Rande die für die Weltgeschichte denkwürdige Jahreszahl „1914“ zum ewigen Gedächtnis trägt. Dieses kleine Kunstwerk macht Regierungsrat Schwartz, der, neben bei bemerkt, nach Niederlegung seiner Lehrtätigkeit an der Wiener Kunstgewerbeschule ein neues schönes Privatatelier bezogen hat, um sich ganz seinen künst lerischen Aufgaben zu widmen, verdiente Ehre. Fast gleichzeitig mit der aus Anlaß des fünfzig jährigen Bestandes des Wiener Schubertbundes von diesem herausgegebenen monumentalen Schubert- Plakette, welche vom Bildhauer J. Beyer ausgeführt wurde und den zahlreichen Verehrern dieses populären Vereines ein wertvolles Andenken bietet, wurde noch eine zweite, der Erinnerung an den unsterblichen Liederkomponisten dienende Plakette geprägt. Es ist dies jene der Steyrer Liedertafel. Wenn auch ver spätet, soll uns auch der Kriegslärm nicht abhalten, dieses reizende Kunstwerk hier zu beschreiben. Und dies auch noch aus einem ganz besonderen Grunde. Wir erinnern daran, in diesen Blättern das Meister atelier für Stahlschnitt in Steyr besprochen zu haben, eine Kunstwerkstatt, gewiß einzig in ihrer Art*). Eine Schöpfung Michel Blümelhubers, des in seiner Kunst bisher unerreichten Meisters, geht sie außer ihren anderen Aufgaben auch daran, eine Wiedererweckung der alten Medaillenkunst in die Wege zu leiten. Nicht durch die Reduktionsmaschine soll die vom Künstler modellierte Medaille oder Plakette in Stahl übertragen werden, sondern die Hand des Künstlers selbst soll den Präge stempel schneiden. Daß hiezu eine besonders geschulte Technik des bildenden Künstlers gehört, ist natürlich und selbstverständlich. So war es auch zur Zeit der Renaissance. Die von uns besprochene und abgcbildete „Förderer-Plakette“ mit dem Porträt Meister Blümel hubers war die erste moderne Plakette dieser Art, von der namentlich die verhältnismäßig wenigen, auch in Stahl geprägten Stücke einen großen Sammelwert be sitzen. Seither haben unseres Wissens Professor Stephan Schwartz und Otto Hofner solche Plaketten mit selbst in Stahl geschnittenen Prägestempeln geschaffen. Letzterer durch seine für das k. k. Gewerbeförderungs amt in Wien aus Anlaß der Edelmetallfachausstellung im Jahre 1912 geprägte Medaille. Ein Kunstwerk solcher Art ist nun die wirklich geschmackvolle Steyrer Schubert-Plakette und es ist geradezu erstaunlich, welche Feinheiten im Detail der Arbeit diese alte und nun wieder zu neuem Leben er weckte Technik ermöglicht. Der Avers der 45:60 geprägten Plakette zeigt uns in vertieftem, achteckigem Grunde das Profil Franz Schuberts in bekannter idealisierter Auffassung. Zwei köstliche Putten mit Füllhörnern tragen ein Blumengewinde, in dessen Rahmen man die Widmung liest: „Schubert-Plakette der Steyrer Liedertafel. Für hervorragende Verdienste im Reiche der Töne.“ Diese Seite der Plakette ist ein Werk des uns schon bekannten Hans Gerstmayr in Steyr, dem man den Schnitt der oben genannten Förderer-Plakette verdankt. Ein zweiter Schüler Meister Blümelhubers, namens Ferdinand Anders, gleichfalls in Steyr, hat die Rück seite dieser Plakette modelliert und geschnitten. Wir sehen im oberen Abschnitte eine Ansicht der alten Stahl- uncl Eisenstadt Steyr, darüber in Notenschrift die ersten Takte des herrlichen Schubert-Liedes „In einemBächlein helle“ und im unteren Abschnitt die Legende: Am Verein der Enns / u. Steyr, wo erschallt / der Hämmer Klang / töne bald zu ernster / Feier, bald zur Lust / ein deutscher Sang. Die Muse der Tonkunst mit der Leier schreitet über das ganze Bild, zu Füßen der Muse sprießen Rosen. *) Internationale Sammlerzeitung, 3. Jahrgang, Seite 113.