Seite 14 Nr. 1 Internationale Porzellan. (Ausstellung modernen Porzellans.) Aus Berlin wird uns geschrieben: Im Königlichen Kunstgcwerbe-Muscum ist zurzeit eine sehenswerte Ausstellung vorhanden. Ausgewählte Stücke neuzeitlicher Porzcllanplastik sind nach Manufakturen geordnet (Nymphenburg, Berlin, Meißen, Schwarzburg u. a.) zu einem übersichtlichen Ganzen gruppiert. Es ist reizvoll, hier von Schrank zu Schrank zu wandern und sich die Sinne von der Grazie dieser hellen und bunten Miniaturwelt um schmeicheln zu lassen. Aus der Masse ragen insbesondere vier Namen hervor: W ackerle, Amberg, Scheurig und Barlacli. Wackerle vertritt München und Berlin, Amberg Berlin, Scheurig Meißen und Barlach die Schwarzburger Marke. Jeder von ihnen hat eine stark ausgeprägte Eigenart; alle zusammen zeigen uns, daß die Erneuerung der Porzellankunst, die etwa um die Jahrhundertwende einsetzte, von schönem Erfolg gekrönt war. Scheurig ist es, der in seinen Figuren den Geist der Blütezeit, die Alt-Meißner Tradition am unmittel barsten, aber trotzdem ganz modern ausniitzt. Schumanns „Karneval" in der Aufführung des russischen Balletts — seligen Angedenkens! — hat ihn zu fünf köstlichen kleinen Meisterwerken angeregt, in denen das Traumhafte des Tanzes in holdester Sinnfälligkeit verkörpert ist, Wackerle hat auch innere Beweglichkeit genug, um das ewig veränderliche Thema „Frau" in den verschiedensten Spielarten zu umschreiben; aber er ist derber, herber, süddeutscher als Scheurig. Die Art seiner Modellierung verlangt größere Formen und Flächen. Charakteristisch dafür sind die Stücke „Dame mit Muff" und „Dame und Affe auf einer Bank“. Von. Sammlern ist be sonders die kleine prachtvolle Türkengruppe begehrt. Verschiedenes. (Der Nachlaß von Gregorovius verbrannt.) Wie erst jetzt bekannt wird, ist bei der Zerstörung der Stadt Neiden- burg in Masuren auch der im dortigen Rathause aufbewahrte künstlerische und schriftstellerische Nachlaß von Ferdinand Gregorovius ein Raub der Flammen geworden. Der Ver fasser der „Geschichte der Stadt Pom im Mittelälter", ein geborener Neidenburger, hätte seine Sammlungen und auch Manuskripte lctztwillig seiner Vaterstadt vermacht. Auch das Geburtshaus des berühmten Geschichtsschreibers ist durch die Russen niedergebrannt worden. Dasselbe Schicksal traf übrigens auch die Geburtsstätte eines anderen in der Welt bekannt ge wordenen Neidenburgers, des späteren Eisenbahnkönigs Bethel Henry Stroußberg, der damals allerdings noch den väterlichen Namen Straußberg führte. Auch das Straußbergsche Haus ist zum größten Teil vernichtet. (Tod bekannter Sammler.) Tn Paris ist der bekannte Sammler italienischer Renaissancekunst Gustave Dre vfus im Alter von 76 Jahren gestorben. Seine Sammlung ist weitaus die bedeutendste Privatsammlung in ihrer Art, ja nach mehreren Richtungen übertrifft sie fast alle öffentlichen Museen. Dreyfus verdankt seine Sammlung gewissermaßen der Belagerung von Paris im Jahre 1870. Damals kaufte er seine Schätze oder wenig stens ihren eigentlichen Stamm von dem Maler und feinsinnigen Kunstfreund Timbal, der von dem Siege der Deutschen, wenn nicht den Untergang der Welt, so doch die Vernichtung aller Kultur erwartete. Er überließ dem jungen Dreyfus während der Belagerung seinen ganzen Kunstbesitz für den Preis von 100.000 Franken; jetzt schätzt man ihren Wert auf 15 bis 20 Millio nen Franken. Die Sammlung enthält eine Reihe ausgezeich neter Marmor- und Tonbüsten von Mino, Desiderio, Verrocchio, Laurana, u. a. die Büsten Philipps des Schönen und seiner Gemahlin von Konrad Mait, Madonnenreliefs von Mino, Desiderio und sonstigen italienischen Künstlern des 15. Jahr- | Samnper - Zeiung hunderts neben Bildern von Botticelli, Filippino,. Francesco Cossa u. s. f. Am bekanntesten ist die Sammlung durch ihre Bronzen. Neben zahlreichen Statuetten und größeren Reliefs von Riccio, Bellano, Bertoldo, Peter Vischer und ähnlichen, dem Namen nach nicht bekannten Künstlern des 15. und 16. Jahrhunderts, ist vor allem Dreyfus’ Sammlung italienischer Bronzemedaillen dieser Zeit nach Vollständigkeit und Qualität der Güsse wie durch die Zahl der Unika wohl die bedeutendste ihrer Art, und die Plaketten stehen ihr an Zahl und Güte nicht nach. — In Isen heim im Oberelsaß starb Georges Spetz, einer der bedeutendsten elsässischen Sammler älterer Kunst. Seine Sammlung enthält zahlreiche gute und einige ausgezeichnete Stücke, besonders Holzskulpturen des 11. und 15. Jahrhunderts, Buchsbaumschnitzereien, Tapisserien und einige bemerkenswerte kleinere Objekte der ITührenaissance. Mehrere Stücke stammen aus dem bekannten ehemaligen Antoniterklostex zu Isenheim, unter dessen Kunstschätzen sich auch das berühmte Altarwerk von Matthias Grünewald (jetzt im Unterlindenmuseum in Kolmar) befand. Auch unter den Fayencen sind einige bedeutendere Stücke, speziell Nieder- voller und Straßburg. Spetz war nicht nur ein erfolgreicher Sammler, er war auch selbst künstlerisch tätig.. Als Maler arbeitete er mit Fritz v. Niederhäusern in Mühlhausen und in Rom und hat im Pariser Salon ausgestellt; als Musiker hat er mehrere Lieclerkompositionen geschaffen, ferner auch ein größeres Werk, „Der Arme und die Sphinx“, das in Paris mit Erfolg gegeben wurde. (Eine Leipziger Kunstausstellung in Kriegszeit.) Aus Leipzig wird uns geschrieben: Der Leipziger Kunst verein, der seine Ausstellungen im Museum für bildende Künste am Augustusplatz veranstaltet, hatte auch für diesen Winter viele Pläne gehabt. Zunächst sollten Ausstellungen des Ge samtwerkes von Stuck und Slevogt stattfinden. Aber Schwierig keiten aller Art, nicht zum wenigsten die der Bahnbeförderung, stellten sich diesen Plänen entgegen. Da kam der Direktor unseres Museums, Professor Dr. Julius Vogel, auf den Ge danken, das Gute in der Nähe zu suchen. Eine große Anzahl wertvoller Gemäldesammlungen ist in Leipziger Privatbesitz vorhanden. Es wurde beschlossen, eine Auswahl dieser Schätze in einerAusstellung demPublikum vorzuführen.Man beschränkte sich auf die alten Meister vom sechzehnten Jahrhundert bis zum Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. Von den LeipzigerFamilien wurde das Unternehmen in entgegenkommen der Weise gefördert. Die Ausstellung enthält eine überwiegende Anzahl von Meisterwerken holländischer Maler, sodann Vlamen, Italiener, Franzosen und Deutsche. Von Holländern taucht, hier aus der Verborgenheit das berühmte Gemälde von Aert de Gelder „Abraham und die Engel" auf, bekannt unter dem Namen „Reinbrandt du Pecq". Es wurde 1890 in dem Orte Pecq bei Paris entdeckt und zuerst für ein Werk Rembrandts gehalten. Aert de Gelder ist außerdem noch durch einen „Ahasver" vertreten. Aus der holländischen Schule stammen ferner noch Gemälde von Ferdinand Bol, Pieter de Ilooch, Martin Nellius, Ostade, Jakob und Salomon van Ruisdael und Jan Steen. (Kriegsflugblätter und Bilderbogen.) Manschreibt der „Frkf. Ztg.‘‘: Wie Hummeln, so summen Flugblätter und Bilderbogen um alle Kriegslager herum. Wenn irgendwo die Heere auf einanderstießen, Schlachten geschlagen, Städte belagert und Ruhmestaten verrichtet wurden, dann war es die Zeit für den Bilderbogenmann. Kunde, die unverbürgt, unbestimmt, halbwahr, von der hurtigen Phantasie zurecht gestutzt und aufgebauscht umlief, die ein über die Landstraße jagender Reiter ausgesprengt, die verängstigte Flüchtlinge zugetragen hatten, faßte er zusammen in Bilder und Verse, die die „geschwinden Zeitläufe" (wie man im dreißigjährigen Krieg sagte) den von den Kriegsschrecken unberührten Land strichen anschaulich machen sollten. Mit Schaudern und Bewunderung sah das Volk diese „wahrhaftigen newen Zeittun-