Seite 144 Internationale Sammler-Zeitung Nr. 10/11 Januar 1914 tauchte bereits das Gerücht auf, daß der Lord dies Bild verkauft habe, und die Veröffentlichung dieser Nach richt erregte damals kein geringes Aufsehen. Als Preis wurde der Betrag von M 600.000 angegeben. Jetzt aber erst wird der Schleier gelüftet, der seitdem über der ganzen Sache ge hangen hat. Der Käufer des Caledon-Holbeins ist der bekannte amerikanische Sammler Mr. Frick, und der bezahlte Preis ist noch wesentlich höher: er beträgt nach den amerikanischen Zeitungen volle M 800.000. Wenn die Nachricht, woran kaum zu zweifeln ist, zutrifft, so verfügt der amerikanische Kunst besitz jetzt im ganzen über acht Werke Holbeins. Je zwei besitzen Mr. Frick, Mrs. J. L. Gardiner in Boston und das Metropolitan Museum in New-York aus der Sammlung Altman, während Herr W. B. Pickerman und Herr John G. Johnson in Philadelphia sich je eines Holbein-Werkes rühmen können. (Ein verschollenes Hauptwerk Antoneilos wieder aufgedeckt.) Bei der Restaurierung eines Gemäldes der kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien, bei der Fräulein Lotte Sykora zwei Übermalungen aus dem 17. und dem Anfang des 19. Jahrhunderts mit vorsichtiger Hand beseitigt hat, ist eine kunsthistorisch bedeutsame Feststellung gemacht worden. Das Gemälde, eine thronende Madonna, war zuerst als Original von Bellini aufgetaucht. Es war dann unter dem wenig gerechtfertigten Namen Boccaccio Boccaccino geführt worden. Tancred Borenius hatte darauf diese Madonna einer signierten Madonna von Antonello da Saliba gegenüber gestellt, die sich heute in der Pinakothek zu Spoleto befindet, und .Dr. H. J. Hermann hatte festgestellt, daß sich eine dritte verwandte Komposition im Dom zu Syrakus befindet. Man vermutete in diesen Bildern Nachahmung eines und desselben Originals, und zwar der seit 1648. verschollenen Madonna mit dem hl. Michael und anderen Heiligen, die Antonello da Messina 1575- 76 im Aufträge des Patriziers Pietro Bono für die Kirche St. Cassian in Venedig malte. Bei der jetzigen Restaurierung hat sich nun, wie die „Kunst chronik" mitteilt, zweierlei herausgestellt: erstens, daß es sich bei dem Wiener Bilde um keine Nachahmung, sondern um ein Original handeln muß, und zweitens, daß wir es mit einem Fragment zu tun haben, ln der linken unteren Ecke kamen nämlich zwei weibliche Hände hervor, die einer Heiligen oder der Gattin des Stifters angehören, und ein Glas empor halten. Es liegt also die Vermutung nahe, daß das Wiener Bild das herausgesägte Mittelbild des verschollenen Hauptwerkes Antonellos ist. Über den Verbleib der übrigen Teile ist leider, wie Ludwig von Baldaß festgestellt hat, bis jetzt noch nichts bekannt. (Kriegsbilder von Kampf.) Professor Artur Kampf, der neue Präsident der Königlichen Akademischen Hochschule für die bildenden Künste in Berlin, der mehrere Wochen an der Westfront weilte, um dort Studien zu machen, hat mehrere Kriegsgemälde fertiggestellt. Aus dieser Sammlung seien erwähnt die Darstellung eines Ostergottesdienstes in den Tropf steinhöhlen bei Soissons, eine Studie „Dorfweg bei Antwerpen“ und Motive aus Flandern, vom Yserkanal, Mecheln, Nieuport und Ronnscapelle. Auch die Kämpfe bei Dixmuiden hat der Künstler als Motiv für ein großangelegtes Schlachtengemälde verwendet. (Ein Brentano-Porträt Franz von Stucks). Professor Franz Ritter von Stuck hat ein neues Porträtbild vollendet, das den Münchener Nationalökonomen Professor Lujo Brentano darstellt. Das Gemälde, welches der Künstler im Aufträge von Schülern und Verehrern Brentanos zum siebzigsten Geburtstag des berühmten Nationalökonomen geschaffen hat, stellt den Gefeierten in seiner Professoren robe dar. Das Gemälde zeichnet sich durch eine frappante Porträtähnlichkeit aus. Es ist jetzt in den Besitz der Münchener Neuen Pinakothek übergegangen. (Vermißte Ölgemälde.) Am 24. August v. J. fuhr Frau Igina von Weiß geb. von Scarpa, jetzt Orselstraße 10 in Königsberg wohnhaft, auf der Flucht vor dem Russeneinfall mit der Ostbahn von Wehlau nach Königsberg und ließ in einem Abteil 3. Klasse eine Rolle mit wertvollen Familien bildern liegen. Diese Bilder sind in Öl auf Leinwand gemalt und waren aus dem Rahmen genommen, und in ein weißes Laken, gezeichnet „v. M.“ gewickelt. Es ist bisher trotz eifriger Bemühungen nicht gelungen, der Bilder wieder habhaft zu werden, und es besteht daher der Verdacht, daß sie gestohlen sind und gelegentlich auf dem Kunstmarkt auftauchen werden. Die Bilder stellen im einzelnen folgendes dar: 1. Bild: Vater, Mutter und ein nacktes Kind. 2. Bild: Ein Knabe mit einem grauen Kittel und einem Federballschläger in der Hand. 3. Bild: Ein sitzender Knabe in braunem Anzug, dahinter ein Schiff auf dem der Name„der kleine Karl" steht. 4. Bild: Ein Knabe in buntgeblümtem Röckchen, der die Hände, nach einem Tisch ausstreckt, auf dem ein Geburtstagskuchen mit 3 Lichtern steht. 5. Bild: Ein sitzendes junges Mädchen in hellgrauem Kleide mit einem Buch in der Hand. Auf dem Bilde steht „Hanna Albertina von Weiss". 6. Bild: Dieselbe Person wie zu 5 in blauem Kleide mit hochgekämmtem Haar. 7. Bild: Ein junges Mädchen mit einem Blumenkorb in der Hand. Auf dem Kopf ein schief aufgesetzter Strohhut. Auf dem Bilde steht der Name „Caroline Ludowica von Weiss". 8. Bild: Brustbild eines älteren Herrn in Zivil mit dem Orden pour le me rite um den Hals. Wahrscheinlich steht auf dem Bild der Name „Carl von Weiss, Oberstleutnant“. 9. Bild: Brustbild eines starken alten Herrn mit glattrasiertem Gesicht, Vatermörder und schwarzer Halsbinde. 10. Bild: Russischer General mit vielen Orden. Auf dem Bilde steht wahrscheinlich der Name „Peter von Talianski". Die Bilder 1—7 sind Knie bilder und stammen aus dem Ende des T8. Jahrhunderts. Auf dem ersten Bilde steht wahrscheinlich „Kommerz- und Admiralitätsrat Johann Jakob von Weiss und Hanna Barbara von Weiss mit dem 13. Kinde". Auf dem 2. Bilde steht wahrscheinlich Friedrich-Wilhelm, auf dem 3. Carl und auf dem 4. Friedrich-August. Das 8. Bild stammt aus derZeit von 1820bis 1830. Das 9. Bild aus den Sechzigerjahren vorigen Jahrhunderts. Das 10. Bild aus der ersten Häflte des 19. Jahr hunderts. Das Polizeipräsidium in Berlin (Abt.TV) bittet um Sachdienliche Mitteilungen beim Auftauchen dieser Bilder unter Angabe der Tagebuch-Nr. 868 IV. 56. 15 dorthin richten zu wollen. Exlibris. (Ein Buchzeichen aus dem Jahre 1574). Der neueste (76.) Katalog des Antiquariats Paul Graupe in Berlin verzeichnet ein Exemplar von M. Luthers „Epi- stolarum tomi duo“, Ihenae 1556/65. Auf der Innenseite der beiden vorderen Deckel befindet sich das hübsch in Farben gemalte Exlibris der Frau Hedwig Scholz aus dem Jahre 1574, auf dem Vorsatzpapier von alter Hand Angaben über das Besitzrecht der Bände, die in Ganzpergament gebunden und mit Schließen und Metallecken versehen sind. Handschriften. (Partituren von Brahms.) Fräulein Elisabeth Bi 11- r°th, die am 15. Mai d. J. in Wien verstorbene Tochter 1 heodor Billroths, hat die vollständigen Originalpartituren der Streichquartette C-Moll und A-Moll von Johannes Brahms der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien testa mentarisch vermacht. Die beiden Werke gehören nicht nur zu den schönsten Eingebungen des Meisters, sondern zu dem wertvollsten Besitzstände der Kammerliteratur überhaupt und die kostbaren Manuskripte derselben bilden eine will kommene Bereicherung der staatlichen Brahmsiana der Ge sellschaft der Musikfreunde.