Seite 194 Internationale Sammler- Zeitung Nr. 15 das aufs allerbeste zusammen, was an Kunstwerken in ihnen aufgestellt worden ist. Die Bodenfunde aus der Zeit vor 1100 sind an den Eingang gelegt worden. Von hier wandert der Besucher durch die ge samte Kulturgeschichte und Kunst Lübecks von der ältesten Steinzeit durch das frühe Mittelalter, die romanisch Stil periode bis zu der reichen Menge der Kunstwerke der Zeit von 1450 bis 1530. Zu den schönsten Stücken der Sammlung gehören die Figuren der klugen und der törichten Jungfrauen, die aus der 1818 abgebrochenen Burgkirche stammen; sie werden in das beginnende 15. Jahrhundert verwiesen. Die Törinnen, die in koketter Zerstreutheit ihre Schalen ausgeschüttet haben, zeigen eine singende Anmut, eine schmeichelnde Fraulichkeit. Ihr hochgegürteter, modisch gekleideter Leib atmet unter den Flötenzügen der Gewandfalten; bei der einen hebt sich der Mantel, und man empfindet eine schlanke Nacktheit. Das Fingerspiel ist liebekundig, das Haar gaukelt in kecker Frisur; die listigen Bäckchen schimmern rötlich. An der Perlen schnur dieser Figuren vorbei sieht man durch eine Spitzbogen tür auf einen Pfeiler, der in einen Rippenfächer ausläuft und an dem eine Madonna schwebt.. . . Schon vorher begegnete man solch einem Nebeneinander von gleichgearteten Figuren, den Aposteln von St. Marien, die etwa um 1270 entstanden sein sollen; das hochgebuckelte Relief dieser Nischenplastiken trägt noch an der romanischen Erdenschwere: eine sonore Fuge rollt durch die Halle, in deren Mauern die Figuren hineingesetzt sind.... Ein braunvioletter Klang ist der St. Gertrud-Altar der Burgkirche, der im Kreuzgang steht; links von der Heiligen gibt es die Behaglichkeit einer Familie: die Frau, die neben dem Mann steht, hebt den Säugling an die Brust, die wie eine reife Frucht hervorquillt, drei Kinder umklettern die Füße der Eltern, das eine nascht aus einer Kanne, das zweite löffelt Brei, das dritte reitet auf einem Steckenpferd.. . . Bald daneben hängen einige Proben jener köstlichen Glasurziegel, die wie ein edles Geschmeide die Plaut der nordischen Backsteinarchitekturen zieren: Fratzen, spinniges Ornament und schlicht modelliertes Laubwerk.. . . Ein Meisterstück ist der Gronauer Altar; der gewaltige Schrein wahrt trotz der Fülle der bildnerischen Szenen eine klare, horizontal sich ausbreitende Ruhe. Von unvergeßlicher Naivität ist das Bein des auferstehenden Christus, das schräg und ungeniert über die vordere Grab wand schneidet; die spitzen Flammenblätter des Höllenfeuers umlecken einen gezähnten Rachen, in den der Heiland hineingreift. Auch sonst ist die Sammlung reich an kostbaren und gut erhaltenen Altären; im Remter und in anderen Hallen zeigen sie ihre figurenreichen Mysterien. Auf dem Altar der ägyptischen Maria, die ganz in ein Fell aus goldenen Locken gehüllt ist, rühren die Engel, die den Leib der Benedeiten in den Himmel tragen, mit dem Handrücken an die Fußsohlen der Göttlichen, mit den Fingerspitzen an den erlesenen Leib. In der Predella dieses Schreins tost eine wüste Reiterei mit Spießen und veritablen Pferdeschwänzen. Der Altar der Brauerknechte (1522) demonstriert uns mit Sachkenntnis die Marter des Heiligen Laurentius; den Kerlen, die Holzscheite herbei schleppen und in das Feuer schaufeln, die den Blasebalg führen oder zugaffen, ist kannibalisch wohl.. . . Im oberen Geschoß des Museums ist einige Profangotik zu sehen. Balkenwerk aus der Burgschmiede, grotesk be- schnitzt, südseeinsulanisch, negerhaft. Ein riesenhaftes Kohlen becken, ein Prachtstück des Bronzegusses steht auf vier niedrigen Rädern; mannhafte Henkelringe bewaffnen die Schmalseiten der langgestreckten, den Wuchs eines robusten Geschlechtes darstellenden Schüssel. Einige bronzene Maß gefäße; eines, geschweift und mit eckigen Henkeln, erinnert an chinesische Tempelvasen. Tn diesem Obergeschoß, das übrigens neu aufgebaut und dem vorhandenen Material an Dielen, Zimmerwänden und Stuckdecken angepaßt worden ist, treffen wir im Ablauf der geschichtlichen Entwicklung die architektonisierte Kultur von der Renaissance bis zum Bieder meier; keine überragenden Stücke, aber das Behagen eines selbstbewußten und weltkundigen Bürgertums. Man spürt das Ilineinschlagen von Holland und England und das ge bundene Pathos der Buddenbrooks. Neben den kunstgeschichtlichen waren im Museum auch kulturgeschichtliche Aufgaben zu lösen. Die größte und schwie rigste Arbeit war die Darstellung der Hansa. In mühevoller Arbeit ist hier reiches Material zusammengetragen worden. Die Überreste des Flausasaales des Rathauses sind hier ver einigt; vielfach hat man aber zur Kopie greifen müssen, wozu die große Zahl der Gemälde in der St. Marien- und Jakobi kirche die Originale lieferte. Im Obergeschoß findet man eine Halle, in der die Profankunst der Gotik zusammengetragen ist. Dann folgen getäfelte Renaissancezimmer. Den Mittel punkt dieser Räume bildet die große, vollständig wieder aufgebaute Diele aus einem alten Lübecker Patrizierhause. An den Ftansasaal reiht sich ein Saal für Zünfte und Ämter, eine Anzahl von Wohnräumen mit alten, gemalten Holzdecken, mit Wandtapeten aus Leder oder mit Landschaftsgemälden, ein Zimmer mit Stuckreliefs aus der Zeit um 1780, ein anderes mit gedruckten Bildtapeten von 1800. Auch die Blütezeit der Lübecker Buchdruckerkunst ist in Schrift und Druck vom Ende des Mittelalters bis etwa zurzeit des 30jährigen Krieges dargestellt. Ein breiter in Kojen geteilter Gang zeigt in Tracht und Schmuck den Stilcharakter der Zeit von 1600 bis 1750 und die Kultur des 19. Jahrhunderts, namentlich die bürger liche Tracht und das Militärwesen um 1806 und 1813. Uniformen des Bürgermilitärs und der hanseatischen Legion bilden den Beschluß. Was in den 48 Räumen des neuen Museums zusammenge tragen und vereinigt worden ist, ist ein Spiegelbild der stolzen Kunst- und Kulturgeschichte Lübecks und seiner reichen und ruhmreichen Vergangenheit. Professor Dr. Schaefer hat sich damit ein Denkmal errichtet, das für die Wissenschaft und für die Nachwelt von dauerndem Werte ist. Chronik. Autographen. (Autographen unserer Heerführer.) Für die Auto- graphensammler hat der Krieg eine wesentliche Bereicherung ihres Materials zur Folge. Wie viele Männner, deren Namen bei Kriegsausbruch kaum jemand kannte, haben sich seitdem mit ehernem Griffel in das Buch der Geschichte eingegraben ? Wie viele bis dahin Unberühmte haben sich in diesem blutigen Völkerringen unauslöschlichen Ruhm errungen ? Etwas von diesen großen Männern schwarz auf weiß zu besitzen, ist ein begreiflicher Wunsch aller Sammler. So sind denn Hinden- burg-Autographen sehr begehrt. Kurze Dankschreiben von seiner Hand sind schon für 20 Mark im Handel zu haben. Längere Briefe, ausschließlich aus früheren Jahren, kommen auf 50 bis 100 Mark. Auch bloße Hindenburg-Unterschriften werden viel gefragt. Weddingens Heldentod hat den Preis seiner Autographen rasch in die Höhe geschnellt. Unter 50 Mark ist jetzt Geschriebenes von der Hand des kühnen Führers von ,,U 9" nicht zu kaufen. Nach und nach gelangen auch Autographen der anderen siegreichen Heerführer in den Handel