Seite 26 Nr. 2 Internationale Sammler - Zeitung Zone 21, Kolonne IV, 28° 30' östlich von Ferro und 46° 1214' nördlicher Breite. Ein Herr bemerkte, daß er bei Besichtigung von Bildern, wie; Blick auf die Schneeberge am Wege bei Pongo in Süd amerika, dann zu den zwei Bergforts Oran, auf den Hafen von Novi usw. seine Aufmerksamkeit vorzüglich auf die Verteilung des Inhaltes an die entsprechenden Disziplinen, hier Geologie, Militär- und Seewesen richte. Ein anderer Herr gab einen interessanten Fall von unbe wußter oder besser unvorsätzlicher Generifikation zum Besten. Nach dem Empfang einer Photographie von dem alten Tollhaus im IX. Bezirke, die von einem Fenster der Gießergasse über die Spitalgasse aufgenommen worden war, bemerkte er bei sich bei der Betrachtung von Bildern, wie die Ansicht über den Hafen auf die Stadt Philippeville in Algier, dann über den Menamfluß zum königlichen Palast in Bangkok, vom Heimweh fluh über Interlaken gegen Horder usw., ein über das Sachliche hinausgehendes, gesteigertes Interesse. Es handelt sich hier wohl um die Bildung der begrifflichen Vorstellung, Ausblick oder Fernsicht im tropischen Sinne. Ein Kaufmann sprach die Meinung aus, daß nach dem Früheren die Unterscheidung von Soll und Haben auch auf Generifikation beruhe. Man brauche nur zwei Posten aus Soll auszuheben und diese ihrem Inhalt nach miteinander zu ver gleichen. Mit dem gewonnenen Gemeinsamen wäre die dritte Post zu vergleichen. Auf der Habenseite wäre dieselbe Prozedur anzuwenden. Nach J ) Gegenüberstellung dieser beiden Gemein samen können dann Debet und Kredit als deutliche Gegensätze erkannt werden. Ein anderer Herr machte die Mitteilung, daß sein Sohn serienweise Illustrationen an die Wände des Studierzimmers hefte. Er bemühe sich nämlich, den deutschen Wortschatz von A. Schlessing zu illustrieren. So sollte eine Serie einen Bei trag zur bildnerischen Fixierung der Wörter: Bewegung in bezug auf Richtung, und zwar abwärts, bilden. Es waren die Bilder: Im Kohlenbergwerk; Abfahrt auf der Tonne aus Schwei ger-Lerchenfeld; ,, Das eiserne Jahrhundert“; Eine Rutschpartie, nach dem Gemälde von W. Zimmer, Gartenlaube; Hcrab- fallendes Laub im Monat Oktober. Bergschafe, einen Berghang herabstürzend, aus Ottfried Mylius „Das amerikanische Berg schaf“; Das überfüllte Tintenfaß mit über den Tisch herab rinnender Tinte; Der Abstieg vom Sinai aus dem Prospekt für das Werk von Brugh-Pascha „Prinz Friedrich Karl im Morgenlande.“ Eine andere Serie war für die Umwandlung der Wörter Bedeckung, Bekleidung, Überdeckung in bildnerische Vorstellungen bestimmt. Persischer Teppich, Illustrationsprobe aus Riegls „Altorientalische Teppiche“; Zelte (Zeltdecke) aus „Les contrees Mysterieuses“; Eßbare Miesmuschel für Schale, Ausschnitt aus dem Prospekt einer Naturgeschichte; Der erste Schnee auf der Alm, nach dem Gemälde von Ernst Meißner aus „Illustrierte Welt“ ; Die Frau mit dem Muff; Die Dame mit der Maske. Er erwähnte hierzu, daß der Wortlaut: Eigenschaft einer begrifflichen Vorstellung, zum Beispiel Teilbarkeit einer Zahl, wohl nur durch geometrisch bildnerische Vorstellungen, wie beweglich gedachte Punkte, Linien, Flächen oder Körper zum Verständnis gebracht werden kann. Die Wörter: Meridian und Meridiangrad sind nur auf dieselbe Weise auseinanderzuhalten. *) Anmerkung der Redaktion: Für diesen angedeuteten, begriflichen Vergleich soll hier an die bildnerische Verglcichsformel „Elbe-Donau“, Intern. Sammler-Zeitung, 1909, I. Jahrg., Seite 36, und für die begrifflichen Reihenglieder (Posten) an die bildnerischen Reihen glieder für die Anzahl von Lebensjahren: König Johann von Sachsen, 71, Prinz Eugen von Savoyen, 72, Charles Darwin, 73, Intern. Sammler-Zeitung, II. Jahrg., Seite 81, erinnert werden. Der folgende Sprecher zeigte eine andere Art der Umwand lung von Wörtern, nämlich inbegriffliche Vorstellungen durch begriffliche, nicht ausschließlich bildnerische Unterordnungen. Er wäre der Meinung, daß nicht allzu viele Menschen beim Anhören des Wortes „Inbegriff“ mitdiesem eine klare Bedeutung verbinden. Das Wort wird nach und nach zu einer begrifflichen Vorstellung umgewandelt, das heißt je mehr Alten von Inbe griffen der Hörer kennen lernt, respektive für ihn aufgezählt werden. So ist die Bibliothekswissenschaft der systematisch geordnete Inbegriff aller wissenschaftlichen und technischen Erfahrungen auf dem Gebiete des Bibliothekswesens. Individualität, der Inbegriff der Merkmale, wodurch sich ein Wesen als Individuum zu erkennen gibt. Die Presse, der Inbegriff der durch den Druck veröffent lichten Geisteserzeugnisse. Ritterwesen, der Inbegriff der charakteristischen Eigen schaften und Erscheinungen des mittelalterlichen Kriegerstan des. Unterricht, der Inbegriff der Tätigkeiten, welche auf Aneignung von Kenntnissen und Fertigkeiten abzielen usw. Der Sprecher wies darauf hin, daß man behufs des Verständ nisses insbesondere auf das Vorhandensein von *) Parallel reihen achtgeben soll. Andere Beispiele wären: Für das Wort: Entfernung. In der Genealogie: Grad als Entfernung eines oder mehrerer Nachkommen von den gemeinschaftlichen Stammeltcrn; in der Kartographie: Geographische Breite, die Ent fernung eines Ortes vom Äquator, die durch den zwischen dem Äquator und dem Ort liegenden Bogen des Meridians gemessen wird; in der Naturlehre: Fundamentalabstand, die Entfernung des Eispunktes vom Siedepunkt an der Ther mometerskala; in der Atronomie: Sternweite, die Ent fernung von 206.265 Erdbahnhalbmessern usw. Für das Wort: Fähigkeit. Kontraktilität: Fähigkeit des Protoplasmas sich zu sammenziehen; Gedächtnis, die Fähigkeit, bildnerische und begriffliche Vorstellungen so zu behalten, daß dieselben bei gegebenem Anlaß leicht und genau reproduziert werden; Geistesgegenwart, Fähigkeit, sich möglichst schnell über eine Lage klar zu werden, sie mit dem Geiste zu erfassen und sich über jede Einzelheit ein richtiges Urteil zu bilden; der freie Wille, die Fähigkeit, sich für oder gegen etwas zu entscheiden; die Vernunft, die Fähigkeit, die Gesamtheit der Gedanken in einen systematisch geordneten, umfassenden Zusammenhang zu bringen usw. Mit Bezugnahme auf die ästhetische Oualitätsform des Charakteristischen machte ein anderer Herr die Mitteilung von dem fast leidenschaftlichen Drang eines Wieners zum Sammeln von Bildern von den Wahrzeichen und Denkmalen Wiens, obgleich er die Objekte jeder Zeit in der Wirklichkeit besehen konnte. Es ließ beispielsweise diesem Sammler keine Ruhe, bis er nicht ein Bild von der im Vorhof vor dem Josefinum befindlichen Statue der Hygiea in seinen Besitz gebracht hatte. Er erwähnte, daß der Wunsch des Besitzers künstlerisch aus geführter Wohnungseinrichtungsgegenstände Abbilder hievon zu besitzen, erklärlich sei. Absonderlich erscheine das Verlangen eines Hausvaters nach Abbildern selbst der gewöhnlichen Gegenstände des häuslichen Bedarfes. Bilder, respektive Photographien mit ihren Benennungen waren in der Wohnung zumeist in der Nähe des Objektes angebracht. So prangte neben dem Hestia-Ofen die Tafel 3 aus dem illustrierten Preisverzeichnis der Fabrik H. Heim für Meidinger-öfen usw. Der Familienvater motivierte diese Absonderlichkeit mit der Absicht, seine Kinder frühzeitig und eindringlich an die deutliche Unterscheidung von Wirk lichkeit, Abbild und, Benennung zu gewöhnen. Anm. der Red. Bildnerische Typen für solche Paralell- reihen sind angedeutet: Intern. Sammler-Zeitung 1909,1. Jahrg., Seite 36 und 37. Statuen im Schönbrunnerpark.