Nr. 3 Internationale Sammler-Zeitung Seite 41 Stellungen in Handschriften als Vorlagen bedienter, daß aber auch umgekehrt später Miniaturmaler Kupferstiche und Holz schnitte nachahmten. Er sprach über die bildlichen Darstellun gen Zuccaros, die Corrado Riccis und über die Stradanos, die Guido Biogi in schönen Nachbildungen veröffentlichte. In den reizenden naiven Holzschnitten der Ausgaben des 15. und 16. Jahrhunderts, die von künstlerischem Standpunkte nicht ganz einwandfrei sind, will Passerini mehr bildliche Kommentare zum Text als wirkliche Kunstwerke erkennen. Er billigt es deshalb rückhaltslos, daß Olsclrki seine monumentale Dante- Ausgabe mit diesen, anstatt mit neuen Illustrationen ausstattete. Auch er ist der Ansicht, daß der Künstler, der Dantes Göttliche Komödie zu illustrieren hat, gleichzeitig selbstDantist sein muß, wenn er den wahren Geist der Dichtung wiedergeben soll. Die Brescianer Ausgabe von 1487 mit 68 blattgroßen Holz schnitten, die Venezianer Ausgabe von 1491, die kleine Giunta- Ausgabe vor 1506 mit einem reizenden Florentiner Holzschnitt zum 1. Gesänge der Hölle und die Marcolini-Ausgabe von 1544 wurden von Passerini ganz besonders in künstlerischer und den Text erläuternder Hinsicht besprochen. (Hebraica und Judaica.) Der neueste Katalog des Antiquariats Josef Baer & Co. in F r an kf u r t a. M., umfassend Hebraica ui.d Judaica aus den Nachlaßbibliotheken der Herren Professor Dr. Salomon Lefmann in Heidelberg und Dr. Georg M. Caro in Zürich, weist interessante Seltenheiten auf. So finden wir da ein Exemplar von ,,Dr. Johannsen Reuchlins / der K. M. als Ertzherzogen zu Österreich auch Chur / fürsten und fürsten gemainen bundricbters inn / Schwaben walirhaiftige entschuldigung / gegen und wider ains getauften iuden genant Pfefferkorn / vormals ge / truckt ussgangen unwarhaftigs schmachbüchlin / Augenspiegel. Tübingen, Thomas Anshelm, 1511." Es ist dies die berühmte Antwort Reuchlins auf Pfeffer korns Handspiegel. Die Schrift Reuchlins wurde bekanntlich als ketzerisch verdammt, die Exemplare wurden fast alle ver brannt oder anderweitig vernichtet, woraus sich erklärt, daß dies Büchlein, das einen so großen Aufruhr zur Folge hatte, fast unauffindbar geworden ist. Bemerkenswert sind ferner „sieben Pergamentblätter eines geschriebenen Machsors aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, mit i eun herrlichen Initialen in Gold und Farben ausgemalt, mit Blumen und zierlichen Ornamenten geschmückt“. Wahrscheinlich eine oberitalienische Arbeit. (Goethe als Bücherverleiher.) Daß auch Goethe die Kümmernisse eines Bibliotheksbesitzers nicht erspart blieben, der ohne Freude feststellen muß, wie oft gute Freunde und Bekannte, die Bücher entleihen, sie nicht zurückgeben, zeigt eine Nummer des Weimarischen offiziellen Wochen blattes aufs Jahr 1815, die in dem kürzlich erschienenen Katalog der Sammlung; Kippenberg angeführt wird. Auch Goethe ersparte sich die Peinlichkeit einer persönlichen Mahnung und kam auf einen eigenartigen Ausweg — er inserierte! Diese öffentliche Mahnung im Woclienblättlein lautete kühl und sachlich: ,,Da man bei Gelegenheit der Revision der Bibliothek des Herrn Geheimerath v. Goethe mehrere Werke vermißt, so werden alle diejenigen, welche aus selbiger Bücher geliehen erhalten, freundlich ersucht, solche baldmöglichst in das Goethe- sche Haus zurückzuliefern.“ Ob diese gedruckte Mahnung im Wochenblatt die säumigen Bücherentleiher zur Erfüllung ihrer Pflichten brachte, erfahren wir nicht, wahrscheinlich zum Ruhme der Schuldigen . . . Bilder. (Die Galerie des Prinzen Eugen von Schweden.) Aus Stockholm wird uns berichtet: Prinz Eugen von Schwe den, der vortreffliche Maler, hat einen Anbau seines Palastes zur Gemäldegalerie herrichten lassen. Sie besteht aus drei Sälen, zwei kleineren und einem großen. Alle sind mit einem klaren und milden Oberlicht versehen, das sich angenehm über die mattweißen Wände verbreitet. Die Galerie schmücken Bilder vom Prinzen selbst sowie von anderen schwedischen Künstlern, wie Eugen Jansson, Hermann Norrmann, v. Hennigs, Nordstrom, Kreuger sowie die ultramodernen Gemälde Ernst Josephsons. Auch einige nichtschwedische Künstler sind ver treten, wie Edward Munch und Henrik Sörenjen. (Ein neues Gemälde von Rubens) ist, wie das „Hamburger Fremden-Blatt“ aus Kopenhagen berichtet, in dem unlängst von dem derzeitigen deutschen Gesandten Herrn v. Waldhausen bewohnten Palais des Lehnsbarons Reedtz-Thott am Königs-Neumarkt gefunden worden. Das bisher unbeachtet gebliebene Werk ist die Vorarbeit für eines der Rubenschen Deckengemälde in der Londoner Whitehall. In restauriertem Zustande ist das Gemälde nunmehr im däni schen Staatsmuseum für Kunst ausgestellt, dessen Direktor, Madsen, zuerst auf das Meisterwerk aufmerksam wurde. (Restaurierung eines Schmidschen Gemäldes.) Aus Waidhofen a. d. Ybbs wird uns geschrieben: Im hiesigen Pfarrhof befindet sich ein Gemälde aus dem Jahre 1761, dar stellend den Märtyrertod der heiligen Barbara, vom Kremser- Schmid, dessen Kunstwerke verschiedene Gotteshäuser, unter anderen auch die Wallfahrtskirche auf dem Sonntagsberg, schmücken. Nachdem einzelne Partien des Bildes der heiligen Barbara erblindet, andere durch verunglückte Übermalungen entstellt waren, -wurde der in Spital am Pyhrn wohnhafte akademische Maler Josef Schürrer mit der Wiederherstellung des Bildes betraut. Schürrer entledigte sich seiner Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit des Pfarramtes. Die ursprünglichen Farben des Bildes treten durch die Renovierung desselben wieder in der ganzen Schönheit zutage. (Ein byzantinisches Kaiserporträt auf der Markuskirche in Venedig.) Auf der Loggia der Markus kirche, wo die Rosse stehen, hat Professor Richard Delbrück, der Leiter des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom, jetzt ein interessantes byzantinisches Kaiscrdenkmal fest gestellt. Es ist ein in den marmornen Eckpfeiler der Balustrade eingelassener Porphyrkopf, der volkstümlich „Carmagnola“ heißt, nach einem Condottiere, der 1432 bei San Marco enthaup tet wurde. Delbrück konnte den Kopf nach seinem auffälligsten Merkmal bestimmen, der fast fehlenden Nase — dem Modell war deutlich durch Henkersarbeit die Nase abgehauen, was dann durch ärztliche Kunst geheilt war. Da die byzantinische Arbeit wegen des Porphyrmaterials und des Diadems einen Kaiser darstellt, beschränkt sich die Wahl auf wenige Fälle, in denen ein Kaiser so verstümmelt wurde, als man ihn absetzte. Es kann aber nur Justinianus II. sein, da die übrigen mit ihrer abgeschnittenen Nase aus der Geschichte verschwinden und nur er nach vielen Abenteuern noch einmal zur Regierung kam, so daß ihm die Statue gesetzt werden konnte. Denn auf einer solchen saß ursprünglich der Kopf. Justinian II. war 685 mit 17 Jahren Alleinherrscher geworden und machte sich rasch unbeliebt. Pie Militärs — so erzählt Delbrück in den „Römi schen Mitteilungen“ des Instituts — verstimmte er durch ab weichende Grenzpolitik, den Patriarchen durch das Einreißen einer Kirche, den Großgrundbesitz durch Geldforderungen, alle Welt durch Günstlingswirtschaft. Er trat hochmütig und schroff auf und soll unbelehrbar und hart gewesen sein. Was er sonst noch war, zeigte sein späteres Leben. Es kam 695 zum Aufstand, Justinian II. wurde entthront, nach Cherson ver bannt, vorher aber im Zirkus an Nase und Zunge verstümmelt. Im Exil betrieb er seine Rückkehr, was die Chersoniten nicht dulden wollten. So ging er zum Chakan der Chazaren, heiratete seine Schwester, als Christin Theodora, und lebte in Phanagoria. Später kehrte er mit Hilfe des Bulgarenfürsten Terbel im Triumph nach Byzanz zurück und übte grausame Vergeltung an seinen Feinden. Er starb auf einem Rachezug gegen die Chersoniten.