Internationale
$ammler-2ßifunf(
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
7. Jahrgang. Wien, 15. März 1915. Nr. 6.
Kuriositäten von der Leipziger Messe.
Bei dem allgemeinen Interesse, das in diesem Jahre
der Leipziger Kriegsmesse entgegengebracht
wurde, mag auch darauf hingewiesen werden, daß das
Leipziger Stadtgeschichtliche Museum
seit Jahren bemüht ist, eine möglichst vollständige
Sammlung historischer und künstlerischer Dokumente
der Messe anzulegen. Direktor Professor Dr. Kurz-
w e 11 y beabsichtigt, in dem Museum eine Reihe
neuer Abteilungen zu schaffen, die das geistige mrd
wirtschaftliche Leben Leipzigs behandeln, und hier
wird auch die Leipziger Messe ihren Platz finden.
Für diese Abteilung ist bereits ein reichhaltiger
Bestand vorhanden.
Von hohem Werte sind die Originale der kaiser -
lichen Privilegien und der Verordnungen des Rates
aus alter Zeit. So Verspricht am 20. Juni 1593 Herzog
Friedrich Wilhelm zu Sachsen, daß die
Handels- und Kaufleute, welche die Niederlage und
Jahrmärkte Leipzigs besuchen, vom Kaiser freie
Strecke, Sicherheit und Geleit haben sollen. Herzog
Albrecht zu Sachsen erhält das Privileg von
Kaiser Maximilian, jährlich drei Jahrmärkte ab -
zuhalten, die gleichbedeutend mit der Neujahrs-,
Oster- und Michaelismesse sind. Das Privileg wird
von Karl V. mehrmals bestätigt. Ein gedrucktes
Rundschreiben des Bürgermeisters und Rates der
Stadt Leipzig vom 28. April 1647 an die Kaufleute
teilt mit, daß „der Kriegshandlung halber“ eine Ver -
schiebung des Neujahrsmarktes stattfindet. Am
2. Jänner 1681 geben Bürgermeister und Rat bekannt,
daß wegen der „von Gott dem Allmächtigen über
diese Stadt verhängten Plage der Pestillentz“ die
Michaelismesse nur „von wenig Frembden besuchet
worden“. Nachdem nun die Seuche völlig verschwunden
ist, ladet der Rat zum Besuche der Neujahrsmesse
ein, die in den Februar verschoben ist.
Sehr interessant sind auch die M e ß r e k 1 a m e n
der alten Zeit. Auf der Messe von 1736 wurde ein
Pferd zur Schau gestellt, daß nach einem vorhandenen
Kupferstich neben dem Pferdekopf noch mit zwei
menschlichen Armen und Beinen versehen war. Eben -
falls aus dem 18. Jahrhundert stammt der Kupfer -
stich, auf dem das erste in Deutschland gezeigte
Rhinozeros zu sehen ist. „Es wird allen resp. Lieb -
habern in Leipzig kundgetan, daß anjetzo allhier
ankommen ist ein lebendiger Rhinoceros, der nach
vieler Gedanken der Behemoth sein solle, nach der
Beschreibung Hiobs, Cap. 40, v. 10. Es ist das erste
Thier dieser Sorte, welches hier gewesen ist. Dieses
Wunder Thier ist dunkelbraun . . . auf der Nase hat
es sein Horn, womit es die Erde viel geschwinder
kan umgraben, als niemahls ein Bauer mit dem
Pflug thut.“
Die Leipziger Messe hat vielfach den Malern und
Zeichnern Gelegenheit zu künstlerischer Darstellung ge -
boten. Da ist es denn besonders ein Künstler, den man mit
Recht als den Maler der Leipziger Messe ansprechen kann:
Georg Emanuel 0 p i z, der in neuerer Zeit mehr und
mehr geschätzt wird. Opiz, der 1775 in Prag geboren
wurde, lebte von 1820 bis zu seinem 1841 erfolgten
Tode in Leipzig. Er wär ein feiner und humorvoller
Darsteller des Volkslebens, und so hat er in Leipzig
eine Reihe jetzt hochbezahlter Aquarelle geschaffen,
in denen er die charakteristischen Erscheinungen und
Typen des Meßtreibens festgehalten hat. Diese gab
er dann später gesammelt als farbige Radierungen
unter dem Titel „Meßszenen“ heraus. Auch der als
„Maler der Völkerschlacht“ bekannte Heinrich Geißler
hat seine Kunst der Messe gewidmet und eine Sammlung
von zehn kolorierten Blättern herausgegeben, die sich
gleichfalls im Museum befinden. In späterer Zeit hat
sich besonders G. Sund bl ad mit der Messe
beschäftigt und figurenreiche Tuschezeichnungen an -
gefertigt, die wohl als Vorlagen für Zeitungsillustra -
tionen anzusehen sind. Sein großes Erinnerungsblatt
zur vierhundertjährigen Jubelfeier der Leipziger Messe
1866 mag seinerzeit viel gekauft worden sein.
Die Sammlungen enthalten ferner noch mannig -
fache Kuriosa, wie z. B. die Abschiedsgedichte der
Zettelträger, mit denen sich diese dem Publikum
empfehlen. Und recht bezeichnend ist auch ein
„Leipziger Meß-Barometer“, der die Ergebnisse einer
etwas flauen Messe in folgender Weise mitteilt:
Alte und neue Luderdore sind alle im Mond,
(Louis d’Ors)
Silber,
Wechsel
der Credit
Krebse (im Buchhandel)
Die faule Messe
wo ein Pfandleiher wohnt,
auf ewig prolongiert,
total krepiert,
Herr erlöse uns von dem Übel,
Hol* der Düwel!
Trotz mancher schwerer Zeiten, wie sie hier zum
Ausdruck kommen, hat sich die Leipziger Messe
ständig weiter entwickelt und ihre Lebenskraft gerade
in der eben abgeschlossenen Kriegsmesse von neuem
glänzend bewiesen. Dr. L. St.
Seite SO
Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 6
Die Kunstbeute in den napoleonischen Kriegen.
Von Franz Rieffel (Frankfurt).
In den ersten Kriegsmonaten hat eine Kunstzeit -
schrift die „kühne Anregung“ gebracht, zur Deckung
der Kriegsentschädigung Kunstwerke aus den feind -
lichen Staaten, zunächst ausBelgien, zu eigen zu nehmen.
Es war wohl damals und ist auch jetzt noch ein bißchen
früh zu solchen Erörterungen. Unter keinen Umständen
dürfte eine Aneignung außerstaatliches Gut, städtisches,
kirchliches oder anderes Eigentum ergreifen. Der Krieg
räumt allerdings mit unseren völkerrechtlichen An -
schauungen merkwürdig auf. Grundsätze, die als uner -
schütterlich gelten, z. B. gerade der von der Unantast -
barkeit des feindlichen Privateigentums im Krieg zer -
stäuben. Aber irgendwo muß doch das von England
eingeführte internationale Piratenrecht seine Grenze
finden.
Napoleon war von der Blässe völkerrechtlicher
Überlegungen wenig angekränkelt. Er nahm das Gute,
wo er es fand, im eigenen und im Feindesland. Während
wir in Belgien eine Kommission für die Erhaltung der
Kunstdenkmäler eingerichtet haben, also wirklich den
Krieg fast-wie eine ordnungsmäßige Funktion der Denk -
malpflege betreiben — was unsere Feinde auch freilich
als etwas Selbstverständliches von uns beanspruchen;
siehe Löwen und Reims —- hatte er eine Behörde zur
Sichtung, Auswahl und Verteilung der in Frankreich
und im Ausland konfiszierten Kunstwerke eingesetzt.
Unter dem Vorsitz des Barons Vivant-Denon wurde
in Paris alles erbeutete Kunstgut in Gruppen zerlegt;
eine davon war für das Musee Napoleon bestimmt, die
andere zur Abgabe an die Museen von fünfzehn De -
partementshauptstädten .
Wenigstens in einem Fall hat schließlich Deutsch -
land Nutzen aus dieser Beuteverteilung gezogen. Eine
der bedachten Städte war nämlich Mainz als Haupt -
stadt des Departements Donnersberg und mit der
Überweisung des für Mainz bestimmten Loses von 35,
zum Teil recht umfangreichen und fast durchgängig
sehr wertvollen Bildern ist in der Tat die Mainzer
Städtische Galerie ins Leben getreten. Es befinden sich
darunter Gemälde aus französischen Kirchen und
Klöstern (so aus Port Royal in Paris ein mächtiges Bild
mit dem hl. Bruno in der bergigen Landschaft der
Chartreuse; von Champagne und Le Sueur), aus ehemals
königlich französischem Besitz (eine vorzügliche frühe
Madonna des Lorenzo di Credi), aus belgischem Kloster -
gut (namentlich ein Hauptwerk des Jordaens, Christus
im Tempel). Aus ehemals nürnbergischem Besitz stammt
vermutlich (wenn auch nicht nachweislich) die vortreff -
liche alte Kopie nach Dürers Adam und Eva in Madrid.
Nebenbei gesagt, die Fachwissenschaft hat sich bisher
viel zu selten mit der durchaus nicht unwichtigen
Mainzer Galerie befaßt. Die Sammlung kann augen -
blicklich aus Raummangel nur zu einem Teil gezeigt
werden und ist unter den Städtischen Sammlungen
von jeher das Stiefkind gewesen; im.Gegensatz zu der
angesehenen und allerdings ausgezeichnet geleiteten
Stadtbibliothek. Sie erfreute sich nie eines eigenen fach -
männischen Vorstandes, sondern wurde immer nur im
Nebenamt etwa von Malern, Gcmälderestauratoren,
Philologen, Bibliothekaren, Archäologen verwaltet. Zur -
zeit hat sich ein verdienter Kenner und Bearbeiter der
Mainzer Topographie und lokalen Kunstgeschichte
bereit finden lassen, sich um sie zu kümmern. Es be -
steht die Absicht, nach Beendigung des gegenwärtigen
Interims ihr ein den Ansprüchen einer Galerie genügendes
Gebäude zu widmen und sie einem fachmännischen
Vorstand, einem museumstechnisch tüchtig ausge -
bildeten, erfahrenen jüngeren Kunsthistoriker anzu -
vertrauen, der auch den dringend notwendigen wissen -
schaftlichen Katalog zu verfassen hätte. Es wäre,
scheint mir, ein begehrenswerter Posten für eine frische
und mutige Kraft, die sich aber ganz einsetzen müßte,
um mit der Galerie die städtische, sowie die private
Mainzer Kunst pflege neu zu gestalten.
Die napoleonische Kunstbeute war über alle
Vorstellung groß. Von 1798 bis 1814 sind siebzehn
amtliche Zuwachskataloge des „Musee Napoleon“ er -
schienen, die wohl fast alle — ein Teil auch eingestande -
nermaßen •— erbeutete Kunstwerke betreffen.
Einer davon liegt mir vor. Er umfaßt die von der
Großen Armee in den Jahren 1806 und 1807 gemachten
Kunst er Werbungen. Sie sind am 14. Oktober 1807, als
dem ersten Jahrestag der Schlacht bei Jena, zum ersten
mal im „Musee Napoleon“ ausgestellt worden. Der Ka -
talog zählt „Statuen, Büsten, Reliefs, Bronzen und
andere Antiquitäten" auf, ferner Gemälde, Zeichnungen
und Kuriositäten und bringt cs auf die, für bescheidene
zwei Beutejahre alles Beifalls würdige Zahl von 710
Nummern. Oft verbirgt sich unter einer Nummer ein
ganzer Block, so unter Nr. 708 eine Sammlung von
1200 (zwölfhundert) italienischen Majoliken und Fay -
encen, unter Nr. 709 eine Sammlung von Limousiner
Emails. Einen besonders interessanten Teil bilden die
Gemälde (fast 400) und Zeichnungen. Dem Schau -
platz der beiden Kriegsjahre entsprechend rührt die
Beute im wesentlichen aus Deutschland her. Als
die bestohlenen Sammlungen sind Kassel und Braun -
schweig, aber auch Berlin öfter zu erkennen. Viele
Bilder sind nach Napoleons Sturz wieder zurückge -
wandert, einige aber, wahrscheinlich die aus privaten
Sammlungen lassen sich noch im Louvre nachweisen;
zum Beispiel von Bol das Bildnis eines Mannes, 1659
datiert und der unten genannte Cr an ach. Eine sorg -
fältigere Durcharbeitung des Katalogs würde manche
Aufschlüsse über die Wanderungen der Kunstwerke
geben. Natürlich darf man nicht alle seine großen Namen
ernst nehmen.
Sofort zu erkennen sind die jetzt wieder in Berlin
befindlichen Bilder des Correggio „Leda“ sowie
„Jupiter bei Jo“ (alte Kopie, wie auch der Katalog
weiß). Von Cranach werden 20 Bilder hergezählt,
darunter die Predigt Johannes des Täufers (vom jünge -
ren Cranach), „.Herkules und Omphale“ von 1537,
„Venus und Amor", „Adam und Eva“ (alle wieder in
Braunschweig), der „Jungbrunnen“ (Berlin?). Dem
Louvre ist mindestens ein Bild verblieben, das Bildnis
des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen von 1532.
Von Dürer vier Nummern, die ich nach der bloßen
Angabe des Gegenstandes im Katalog nicht aus dem
Kopf identifizieren kann. Fünf Van Dyck (zum Teil
wieder in Kassel und in Braunschweig). Ein Van Eyck
(?? „Jüngstes Gericht“). Ein „Giorgione“ (richtig:
Palma Vecchio, „Adam und Eva“; jetzt wieder in
Braunschweig). Fünf Holbein, fünf Jordaens (Braun -
schweig und Kassel), vier Metsu, fünf Potter (die
beiühmte „Vacche qui pisse“ ist nicht dabei; die hatte
sich die Kaiserin Josephine gleich gesichert und so ist
sie von den „Revindikationen“ nach Napoleons Sturz
ausgenommen worden und dem Kaiser von Rußland,
der sie der Kaiserin .abgekauft hatte, für seine Eremitage
verblieben). Vier Nicolas Poüssin, achtzehn Rem-
Nr. 6
Internationale S a m m 1 e r - Z e i t u n g
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brandt (großenteils nach Kassel und Braunschweig
zurückgeholt), sieben Rubens (teilweise ebenfalls
wieder in Kassel und Braunschweig; darunter „der
Sieger“ in Kassel, den Napoleon so sehr liebte, daß er
ihn eine zeitlang in seinem Arbeitszimmer behielt),
drei Jakob Ruisdael, zwei Steen (der „Heirats -
kontrakt“ aus Braunschweig und das „Bohnenfest“
aus Kassel), acht Tcniers, fünf Ter bürg (unter anderem
die Kasseler Lautenspielerin), zwei Tizian (der eine
offenbar die jetzt, glaube ich, dem Veronese zuge -
schriebene Kleopatra in Kassel), zwei Veronese,
vierundzwanzig Wondermanns usw.
Unter den Zeichnungen wird ein heiliger Sebastian
und eine Kreuzigung dem Altorfer zugeschrieben, ein
Petrusmartirium und ein heiliger Stephanus dem Cra-
nach, ein Proportionenblatt von 1512 dem Dürer.
Für die schwäbische Malerei wäre es wichtig, wenn ein
heiliger Hieronymus mit dem Monogramm C. W.
wirklich von dem bekannten Monogrammisten her-
rühren sollte.
Das ist nun nur ein ganz kleiner Teil der Kunst -
beute der großen Armee. Wir haben ja bekanntlich
1870 den Pendulendiebstahl im großen betrieben.
Dabei ist es lustig, wie eine Lüge auf ihren Urheber
zurückprallt. Der Pendulendiebstahl läßt sich als franzö -
sische Erfindung geradezu ethnologisch nachweisen.
Die Pendule bildet den von dem kleinen Manne in
Frankreich heißersehnten Schlußstein der Zimmer -
einrichtung; als Aufsatz auf dem Kaminbord. Wir haben
kein Kamin, am wenigstens unsere kleinen Leute, und
brauchen diesen Schmuck nicht. Der unersättliche
Hunger nach Pendulen ist also aus der Seele des Fran -
zosen heraus erklärlich, für unsere Leute wäre er ganz
ungereimt. Der Pendulenraub ist ein 'ins Deutsche
nicht übersetzbarer Gallizismus.
Auch in diesem Krieg haben wir in Belgien Zahlloses
an Einrichtungs- und Kunstgegenständen zusammen -
geraubt. Vorne an „Adam und Eva“ von dem Genter
Altar. Die nach wie vor seelenfroh und ruhigen Gemütes
im Brüsseler Museum hängen. Aber soweit wie Frank -
reich haben wir Barbaren es an tätlicher Kunstfreund -
schaft doch nicht gebracht. Hier ist uns ein unerreich -
bares Vorbild hingestellt. Hänge dich auf, Figaro!
Frkf. Z.
Das Erdbeben und die alten Kunstwerke in Italien.
(Schluß*.)
In Sora ist neben der berühmten barocken Wallfahrts -
kirche der heil. Restituta auch der dem von Casamari
nachgebildete Kreuzgang von San Domenico gründlich
zerstört. Das Schloß der Piccolomini in Balsorano
ist gänzlich verschwunden, selbst die Fundamente sind
gespalten. Eine, unbewohnbahre Kulissenstadt ist Veroli
geworden, das zwar keine hervorragenden Bauten besaß,
aber in seiner Gesamtheit pin vollkommenes, unberührtes
mittelalterliches Architekturbild von höchstem malerischen
Keiz bot. Glücklicherweise wurde der 1572 Herber über -
geführte Schatz der Abtei von Casamari gerettet. Er
besteht aus prachtvollen Stücken, wie namentlich das Trag-
kreuz aus getriebenem, auf Holz genietetem Silberblech, das
silberne Kopfreliquiar, ein Armreliquiar und zwei Reliquien -
kästchen, alle um 1290 im Auftrag von Abt Giovanni Bove
angefertigt. Das Schloß auf dem Monte San Giovanni
Campano droht auf die Stadt herabzustürzen.
In Fcrentino, wo schon 1350 ein Erdbeben die alte
Akropolis hcrabstürzte, hat die neue tellurisclie Erschütterung
den auf deren Fundamenten errichteten Präfekturpalast rein
wegrasiört. Auch die Porta sanguinaria, die dem altrömischen,
aus den Zeiten der Republik stammenden Mauerring ange -
hört, ist dem Einsturz nahe. Unter dem zum Teil ein -
gefallenen erzbischöflichen Palast wurden die ihm als Fundament
dienenden großartigen Reste einer Villa des aus der Geschichte
des zweiten Triumvirates bekannten Konsuls Pansa bloß -
gelegt. InBoville Ernica stürzte die Decke des Kirchleins
San Pietro I-Iispano ein, wo einige Mosaikenreste des aus -
gehenden Ducente (darunter ein angebliches Fragment der
„Navicella“ Giottos) aufbewahrt wurden, und schwere Risse
weist auch der edle bramanteske Bau des Palazzo Aliprandi auf.
In Anagni hat sich die Fassade der Kathedrale von dem
übrigen Baukörper losgelöst und mußte gestützt werden; die
kostbaren Fresken des 12. Jahrhunderts in der Krypta blieben
hingegen ohne nennenswerten Schaden.
* Siehe Nr. 5 der „Internationalen Sammler-Zeitung“.
In Aquila mußte die Fassade der Kirche von Santa
Maria, di Collemaggio wegen einer zweifachen Senkung gestützt
werden. In Albe Fucense ist die Kirche von S. Nicola
volkominen zerstört, und von San Pietro, einem wunderbaren
Kleinod der Kosmatenkunst, sind Apsis und Dach herunter
gefallen und das ganze Innere ist dem Einstürze nahe.
In Celano ist das Schloß schwer beschädigt, vor allem
das Innere und der Säulenhof. Die Barockkirche von San
Francesco, sowie die Kirche del Carmine sind bis auf einen
Teil der Fassade vollkommen zusammengebrochen. In der
Kollegiatkirche von Celano, deren mittelalterliche Fassade
teilweise zerstört wurde, kamen dagegen durch Einsturz der
barocken Stuckdecken die alten Wölbungen mit Fres -
ken des Trecento zum Vorschein.
Die Kathedrale von Sulmona zeigt in der Apsis einen
breiten Riß. Die Fassaden der Annunziata- und der Grabes -
kirche haben sich verschoben, in San Francesco hängt eine
Langscite nach außen über. Tn San Benedetto del Marsi ist
San Francesco zusammengestürzt. In Avezzano ist alles
zerstört. Vom Schloß stehen bloß das Tor und die Hälfte
der Außenmauern aufrecht. Die Bestandteile des schönen
Portales von San Nicola sind bereits wieder aufgefunden
worden. Nur leichte Risse trug die berühmte Abtei San
Clemente a Casaria in der Provinz Teramo davon.
Dies sind die wichtigsten Daten in dem traurigen
Inventar der durch die Katastrophe des 13. Januar ver -
nichteten Kunstgüter. Leider erhalten wohl die meisten von
dem unermeßlichen Reichtum der Abruzzen an Kunstschätzen
erst nach deren teilweiser Zerstörung Kunde, denn die Kunst -
handbücher schweigen sich darüber aus, und der Italicn-
reisende läßt sie seitwärts liegen. Diese Denkmäler aber
erwecken uns eine Zuversicht: die gesunde, prächtige Menschen -
rasse, die nach so vielen Katastrophen stets von neuem ihre
Kirchen, ihre Burgen und Städte wieder aufbaute, wird auch
den letzten Schlag zu überwinden wissen und über den öden
Trümmerhaufen neueWerte, ästhetische und materielle, schaffen.
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Internationale Sammler- Zeitung
Nr. 6
Bildende Kunst in Berlin.
Aus Berlin wird uns berichtet:
Nicht bloß die Schaufenster, die Antiquitätenladen
und die Auslagen der Buchhändler zeigen einen
gegen früher stark vermehrten Bestand an Schlachten -
bildern, auch die Kunstsalons tragen der Strömung
des Tages Rechnung.
So findet jetzt bei Eduard Schulte Unter den
Linden eine Gedächtnisausstellung des verstorbenen
Münchner Malers Otto v. Faber du Faur ein auf -
merksames Publikum. Es sind über dreißig Werke,
davon der größere Teil Schlachtenbilder. Der Künstler,
der 1911 in München starb, hatte den Feldzug von
1866 als Rittmeister mitgemacht und dadurch haupt -
sächlich die Anregung zu Schlachtenbildcrn gewonnen.
In seiner Technik verrät er deutlich, daß er ein
Piloty-Schüler gewesen ist, auch die farbenprächtige
Art der französischen Romantik, der Delacroix und
Gericault zeigt mit ihm noch einen letzten Nachhall.
Jetzt ist der Glanz dieser Bilder natürlich stark nach -
gedunkelt. Damit soll keine Kritik der Kunst -
anschauungen dieser früheren Generationen aus -
gesprochen werden; nach deren Theorie gehörten zum
Schlachtenbild Pathos, Glanz und Farbe; übrigens
sind die Neuern noch nicht imstande gewesen, eine
andere und bessere in dieser Kunstgattung auf -
zubringen. Das beste und reifste von den Bildern du
Faurs ist ohne Zweifel der „Überfall einer Stadt“,
auch der „Rückzug aus Rußland“ fesselt, weniger
gelungen vom malerischen Standpunkt aus ist das
Bild „Napoleon in Ägypten“ oder die „Kürassier-
Attacke“. Gemalte Massen auf einem Schlachtcn-
bilde geraten oft ins Einförmige und Verworrene; dieser
Gefahr ist du Faur nicht entgangen. Sein Panorama -
gemälde der „Schlacht bei Wörth“, aus vier Tafel -
bildern zusammengesetzt, darf wohl nur als eine
Skizze oder als ein Versuch angesehen werden, eine
solche schwierige Aufgabe zu lösen.
Eine bemerkenswerte Ausstellung zeigt bei Schulte
der Berliner Maler Felix Borchardt, der über
dreißig Werke, Bildnisse und Landschaften ausstellt.
Von dem dunkelbraunen Atelierton du Faurs kommen
wir bei ihm in die helle Sonne der Freilichtmalerei.
Dieser Maler hat Freude an der Sonne, er sucht sie
überall, und er weiß sie ausgezeichnet wiederzugeben.
Er hat sie, für seine Person, auch erst in reifem
Jahren seiner künstlerischen Entwicklung entdeckt,
denn früher hat er andern Göttern gehuldigt. Das
beweist ein Bild „In der Stalltüre“, auf dem wir ein
junges Paar, einen Knecht und eine Magd, erblicken,
m ein Dunkel gehüllt, aus dem nur die Gesichter
herausblicken; und selbst über diesen, von einer
Empfindung bewegten Gesichtern liegen noch Schatten.
Dann gibt Borchardt diese dunkle Malerei auf. Er
suchte die Sonne in den Umgebungen und Gärten
von Paris, an der Riviera und in den Vorbergen des
bayrischen Hochlandes. Diese letzteren Motive finden
sich auf seinen reifsten Bildern aus den letzten Jahren.
Da sind Waldecken und Gehölze und Wiesen, über
die die tiefen Schatten fallen, oder Baumgruppen in
rötlich-gelber Herbstpracht, vom letzten Licht des
Jahres umstrahlt. Am besten sind dem Maler gelungen
der „Lärchenwald“, ein Motiv aus der Gegend von
Tegernsee, ferner „Herbst am Tegernsee“ und eine
Gruppe Bäume in Frühlingspracht. Ein farbig sehr
schönes Bild stellt die Tochter des Malers unter einem
Baume sitzend dar; ein anderes aus früherer Zeit
bringt das gleiche Motiv, nur steht das junge Mädchen
auf einer Wiese da und hat einen Hund zu ihren
Füßen liegen. Beide Bilder sind förmlich durch -
leuchtet von Sonne. Neben den Landschaftsbildern
aus Oberbayern erscheinen die Rivierabilder ab -
geblaßt im Ton und weniger kraftvoll. Die
Porträts, die Borchardt ausstellt, sind von
verschiedenem Wert. Wir sehen in ihnen bekannte
Berliner Persönlichkeiten, und einige sind recht
gut und mit Geist aufgefaßt, besonders das
des Dichters Ernst Lissauer (Haßgesang gegen
England!); vorzüglich ist auch ein Bild von Hans
Herr mann, das viel Können verrät. Bei manchen
ist aber auf die malerische Wirkung zu sehr, auf die
wirkliche Charakteristik zu wenig Wert gelegt. Das
zeigt sich zum Beispiel bei einem Bildnisse Feodor
v. Zobeltitz’, das diesen im roten Johanniter-
rnantcl darstellt. Auch Marinen stellt Borchardt bei
Schulte aus; sie bilden aber nicht seine starke Seite.
Die Kunstausstellung weist ferner noch in größerer
Zahl Landschaften von Karl Saltzmann auf, der
besonders Motive aus der Umgebung der Villa
Falconieri bei Rom bringt, ferner eine Sammlung
Landschaften von Hans V. Loesch. Auch das
Hindenburg-Bildnis von Ziegler (siehe Nr. 5) ist
bei Schulte zu sehen. Fs stellt den Feldherrn in etwas
breitspuriger Haltung stehend, ohne Mantel, in grauer
Felduniform, dar; daß das Bild etwas zur Charakte -
ristik dieses eigenartigen Kopfes beiträgt, kann man
aber nicht behaupten.
Der Krieg in der amerikanischen Karikatur.
Die Scherzbilder der amerikanischen Zeitschriften und
Zeitungen sind eine amüsante Chronik dieses Krieges geworden
und, seit besonders im Beginn des neuen Jahres ein Um -
schwung in der Stimmung Amerikas eintrat, auch für deutsche
Augen erträglich, während die sogenannten Scherze in den
Blättern der mit uns kriegführenden Staaten meist nur unseren
Eckel erregen können.
Eine Reihe der künstlerisch besten amerikanischen Scherz -
bilder druckt jetzt Ernst Schulz-Besser in der Zeitschrift
für Bücherfreunde ab. Im Kriegsbeginn mußte den Amerikanern
besonders der große Mörser zur Karikatur herhalten. Einmal
sieht man da sehr nett, wie ein überschäumendes Seidel Pilsner
mit Zigarre daneben sich allmählich in einen feuernden Mörser
mit Bombe daneben verwandelt. Oder der Onkel aus Friedrichs -
hafen und die Tante aus Essen werden gezeichnet, wie sie in
herzigem Verein sich als Verlobte empfehlen. Billiger ist man
zu dem Bilde des Sturmes deutscher Infanterie in geschlossener
Formation auf einen Hügel gekommen: man hat einfach
Anton v. Werners Sturm auf die Spicherer Höhen abgedruckt.
Ein kleiner amerikanischer Junge steht vor Kitclicner, der
Kriegsneuigkeiten aus seinem riesigen Kochtopf verteilt, und
wünscht sich etwas für seinen Teller: „Mehr und nicht so dünn."
Meist erscheint der Dachshund als Vertreter Deutschlands, er
wird gezeichnet, wie er sich an seinem Gegner überfrißt, die nun
als riesigen Knoten im doppelten Sinne ihm im. Leibe sitzen.
Oder die Gluckhenne wird gezeichnet, die ein gewaltiges Sicgesei
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Internationale Sammler - Zeitung
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ausgebrütet hat, aber zahlreiche Bajonette starren ringsum aus
der Erde und die Frage ist: Kann sie ihn ausbrüten, den Sieg ?
Eines der besten Blätter knüpft anCurchills Wort von den
Ratten an. Tirpitz, ein Bündel Tauchboote unter dem Arm und
von Zeppelinen umflattert; zaust den englischen Löwen am Ohr
hoch und fragt: „Wer sagte was von Ratten ?“ Das Ernste an
diesen Scherzbildcrn ist, daß sie in den großen englischen Tages -
zeitungen New-Yorks erscheinen, den Evening Sun, Evening
Telegram und dem Witzblatt Life, und daß sie vor ihren Hundert -
tausenden von Lesern gewiß ihre Wirkung machen. Obendrein
gibt es ja jetzt noch ein vom Deutschen Preß-Klub in New-York
herausgegebenes Blatt „Die gefüllte Kriegsente", an deren
Kopf steht: New-York great-Britain und dann das Datum.
Darin gibt es folgende Verhöhnung der Pariser Siegesberichte:
Auf unserem linken Flügel erlitten die Deutschen eine ver -
nichtende Niederlage. Die afrikanischen Schützen griffen zu -
sammen mit den Indiern und Hottentotten das Zentrum des
Feindes bei Wosollderdeubelweiten in Belgien an. Es entspann
sich ein wütendes Geschützfeuer, welches von unserer braven
Artillerie indes bald nur mit Schweigen beantwortet wurde.
Da nämlich unser genialer Artilleriekommandeur sah, daß die
deutschen Granaten eventuell die französischen Truppenbewe -
gungen hätten stören können und die Prussiens überdies keinen
Schuß Pulver wert sind, so zog er einfach seine Leute zurück.
Dann begannen wir mit Heldenmut den eigentlichen Angriff.
Da aber das Gelände ungünstig war, so wurde das Schlachtfeld
später einige Kilometer rückwärts verlegt. Unsere tapferen
Truppen ließen den Feind nicht zur Ruhe kommen und blieben
trotz der Hast unseres Rückzuges mit ihm in Fühlung. Seine
Verluste sind fürchterlich.
Permutationen einer psychologischen Grandkomplexion.
Von Dr. AloisKarpf, Kustos und Leiter der k. k. Fideikommiß-Bibliothek d. R. (Wien).
An der Nordwand* war ein kleiner Spiegel; links
von diesem hing; Die drehbare Sternkarte (Der Sternen -
himmel zu jeder Stunde des Jahres), herausgegeben
von A. Klippel in Dortmund, Verlag F. H. Klodt in
Frankfurt a. M._. rechts vom Spiegel war an Stelle
eines Astronomischen Kalenders ein Ausschnitt aus
der „Neuen Freien Presse“; Himmelserscheinungen
im Monat März von Johann Palisa angebracht,
darunter die Tabelle;
** l. W A.VB
2. WABV
3. WVAB
4. WVBA
5. W B A V
6. WB VA
7. AWVB
8. A W B V
9. A V W B
10. A V B W
11. A B W V
12. AB V W
13. VW AB
14. V W B A
15. V A W B
10. V A B W
17. VBWA
18. VBAW
19. B W A V
20. BW VA
21. B A W V
22. B A V W
23. B V W A
24. B V A W
Beobachter.
Obgleich die Besucher diese Zusammenstellung
schon gesehen hatten, erregte sie stets aufs Neue ihr
Interesse. Sie tauschten auch dieses Mal ihre seit dem
letzten Besuch hierüber gesammelten Ideen aus.
Nach der Meinung eines Kunstakademikers sollte
das Element „.bildnerische Vorstellung“ präzisiert
werden. Bildnerische Vorstellungen werden unter sonst
gleichen Umständen in der Regel leichter nach Abbildern
als nach der flüchtigen Wirklichkeit erzeugt. Er betonte
den Umstand, daß die Erinnerung an ein Bild nicht
mit der Befähigung identifiziert werden darf, sich dieses
auswendig zeichnerisch, malerisch, plastisch, dramatisch
vergegenwärtigen zu können. Überaus groß ist die Anzahl
der Beschauer von Bildern, welche nicht imstande sind,
diese auch nur in den rohesten Umrissen charakteristisch,
das heißt deutlich erkennbar, auswendig zu fixieren.
Er wies auf das Heft „Malen ohne Farben“, Nr. 420,
Verlag von Bilder- und Malbüchern Kirchheimbolanden
Bley & Holtschmidt hin; dieses Heft wäre für den
primitivsten Unterricht auf das wärmste zu empfehlen.
Durch Ausschneiden und Aufkleben entsteht sehr leicht
ein durch reine Farbenwirkung überraschendes Land -
schaftsbild. Er lenkte hierauf die Aufmerksamkeit
auf verschiedene Betrachtungsarten von Bildern. Er
* Wohl zur Einladung des jeweiligen Beobachters, wände-
durchdringend die Stellung des Polarsternes ins Auge zu fassen.
** Zu vergleichen „Internationale Sammler - Zeitung“
2. Jahrg., 1910, Seite 262, 2. Spalte: Wirklichkeit, Abbild.
Vorstellung, Benennung oder Beschreibung.
zeigte den Auktionskatalog „.Ausgewählte Ölgemälde
des österreichischen Kunstvereines“ vom Februar 1915
mit zumeist ausführlichen Beschreibungen der Werke
vor. Auf dem Titelblatt befand sich ein männliches
Bildnis ohne Künstlernamen, ohne Benennung und
ohne Beschreibung.
Es gibt nun Besucher, welche vor allem nur das
Bild auf sich wirken lassen. Hierauf beschreiben sie
das Bild und vergleichen dann diese ihre Beschreibung
mit der im Katalog enthaltenen.
Sie differenzieren drei Beobachter im Kosmos,
jeden einzelnen mit obigen Permutationen in Korrespon -
denz. Erstens sich selbst mit einem Ansatz zur 12. Kom -
plexion: Abbild, eigene Beschreibung; dann den Ver -
fasser des Kataloges; drittens den Künstler mit Bezug -
nahme auf die Wirklichkeit, respektive Wirkliches
Schaffen und Abbild vielleicht auch auf die Benennung,
respektive mit dem Ansatz zur 2. Komplexion.
Andere Besucher gehen von der Benennung, respek -
tive Beschreibung aus, bilden sich darnach eine Vor -
stellung, erst dann besehen sie sich das Bild, um ihre
Vorstellung mit dem Bild zu vergleichen. Für diese
Beobachter korrespondiert dann der Ansatz für die
24. Komplexion.
Ein Kartograph bemerkte hiezu, daß es wünschens -
wert wäre, daß die oberwähnten Ausschnitte, welche
mit dem Zeichenschlüssel für die Spezialkarte der k.u. k.
österreichisch-ungarischen Monarchie 1:75.000 kor -
respondieren, zum Beispiel von den Kulturen; Acker -
land, Wiese, Gestrüppe u.sw. auch benannt würden.
Er teilte anknüpfend mit, daß er einmal Gelegenheit
hatte, in einer Privatbibliothek in eine für den karto -
graphischen Unterricht vorbereitete handschriftliche
Zusammenstellung von Definitionen nach den Gattungs -
begriffen: Erhöhungen, Vertiefungen und von der Erd -
oberfläche Einsicht zu nehmen.
Ein anderer Gast deutete auf das Verhältnis eines
Adressensuchers zu Lehmanns Wohnungsanzeiger. Nach
seiner Meinung gelte hier der Ansatz: Benennung;
Konstruktives Abbild auf dem Plan von Wien, also für
die 21. oder 22. Komplexion. Beim Ausfindigmachen
eines Werkes zum Beispiel über arktische Schmetter -
linge in dem Werk: „Bibliographie der Polarregionen“
gelten die gefundenen Büchertitel als Benennungen,
die Bücherwerke einer Bibliothek als Wirklichkeiten.
Die Ansätze finden sich daher in der 19. oder 20. Kom-
plexioti.
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Internationale Sammler - Zeitung
Nr. 6
Bezüglich der Auffassung des Nebeneinander- und
Auseinanderseins der Ideen erinnerte ein Historiker an die
geometrisch-bildnerischen Vorstellungsformeln in den
Aufsätzen: „Die Geschichtslinie als Unterrichtsmittel“,
Seite 67, Monatsblätter des wissenschaftlichen Klubs in
Wien, 2. Jahrgang, und „Über die Benützung der Inhalts -
verzeichnisse der Lehrbücher“, Seite 23, ebendaselbst.
Ohne Vorführung der Geschichtslinie* bleiben die
Versuche, das „Wann“ der Dinge durch Bilder bei -
spielsweise: In der Nacht; am Tage; im Winter; im
Sommer; im Herbst oder wie dies in dem Werk von
Heinrich Kolar „Das erste Schuljahr in Wochenbildern“
beabsichtigt ist, dem Verständnis näher zu bringen,
wohl immer fragmentarisch. Im Anschluß erwähnte
der Vortragende, daß er einmal Gelegenheit hatte,
in einem Schlosse an den Wänden der Korridore eine
große Anzahl von historischen Illustrationen unter
Glas und Rahmen aufgehängt zu sehen, die als Lehrmittel
für den Geschichtsunterricht bestimmt waren. Die Illu -
strationen waren nach dem Repetitorium der Universal -
geschichte von Dr. H. M. Richter angeordnet. Die auf
bedeutsame historische Ergebnisse einheitlich bezug -
nehmenden Bilder sollten überdies durch farbige
Passepartouts gekennzeichnet und von den folgenden
zu andersfarbig gekennzeichneten Ergebnissen gehörigen
Bildern äußerlich unterschieden werden. Er bemerkte
weiters, daß für den Zusammensteller der Bilder der
Ansatz für die Permutation in der 22. Komplexion
zu suchen sei.
Dasselbe gilt von den Illustrationen für den Lebens -
gang Schillers, welche anläßlich der Schiller-Ausstel -
lung in Wien als Staffage der allgemeinen geschichtlichen
Ereignisse zusammengestellt waren. Siehe „Neue Freie
Presse“ vom 16. April 1905. „Eine Wiener Schiller-
Ausstellung“ von Hugo Breitner.
Mit Bezugnahme auf die Illustrationen auf Seite 5
des ersten Rechenbuches für österreichische allgemeine
Volksschulen, Ausgabe B, von K. Kraus und M. Ha-
bernal, 2. Auflage, Wien 1910, gab ein Familienvater
der Gesellschaft folgende Geschichte zum Besten.
Auf dieser Seite finden sich auch unter anderen
Bildern auch vier Fischlein abgebildet. Eine Lehr -
kraft fragte nach Hindeutung auf die Abbildung der
Fischgruppe ein sechsjähriges Mädchen in Gegenwart
seiner Mutter, wie viele Fische übrigbleiben, wenn von
vier Fischen einer wegschwimmt. Das Mädchen gab
die Antwort: vier. Auf die wiederholte eindringliche
Frage seitens der Mutter kam dieselbe Antwort. Das
Mädchen wurde von der Mutter, welche sich auch an dem
Rechenunterricht beteiligt hatte und sich in ihrem
Ehrgeiz gekränkt fühlte, empfindlich gestraft.
Die Lehrkraft, die Mutter, das Mädchen und der
Zeichner des Bildes sind als vier Beobachter aufzu -
fassen, die der Grundkomplexion gegenüberstehen.
Stellt sich das Kind im Gedanken an den Teich, in
welchem nur vier Fische vorhanden sind, so hat es
ohne Zweifel recht. Von der abgebildeten Fischgruppe
bleiben aber auch vier Fischbilder. Bleibt nun der Fall
zu erwägen, daß die Lehrkraft und die Mutter sich in
Gedanken an einen Fischbehälter stellen, in welchem
vier Fische sind, aus welchem einer herausgefangen,
getötet, gebraten und aufgegessen wird. Die Lehrkraft
und die Mutter könnten nun für die Rechnung auch die
Probe verlangen. Die Substraktion spielt eben nur in
der Vorstellung eine Rolle. Der Ansatz kann also
nur in der 13. bis 18. Komplexion gesucht werden.
Der folgende Redner besprach die bildnerischen
Vorstellungsformeln für die Auffassung von über -
geordneten Begriffen. Zu vergleichen „changer“, dann
„Abdruck“, „Beeinträchtigung“ und „Waldjagdbezirk“.
„Internationale Sammler-Zeitung“, 1. Jahrgang, auf
Seite 37, I. Spalte, und 2. Jahrgang, auf Seite 162,
1. Spalte.
Hierauf erzählte er von einer Lehrerin, welche mit
Päcken von Aufgabenheften aus der Schule gekommen
war. Auf die Anfrage, wie viele Arten von orthographi -
schen Fehlern** in den Heften enthalten sein können,
erhielt er die Antwort: Wohl über hundert. Er erbat
sich nun die Hefte für einige Zeit und gab nunmehr
seine Zusammenstellung der Fehler mit Analogien für
den Erfahrungskreis der Kinder zum Besten.
Verstellung von Buchstaben: Der Schütten wurde
von zwei Pferden gezogen; Es war ein Riesekrob im
Wagen; Neben dem Kutscher saß ein Kanbe.
Weglassung eines Buchstabens, eines Umlaut-
zeichens, eines Wortes im Satze: Schummere süß!
Das Perd frißt Gras; Der Stoch klapperte mit dem
Schnabel; Der Schurhart war gewachst; Die Buchducker -
presse; Der Mann scheit um Hilfe; Die Mädchen spielten
auf der Wiese; Das Kind schlaft; Der Knabe wollte
mit dem das Reifchen schlagen. Analogie: Vom Eß -
besteck des Kindes fehlt der Löffel.
Überflüssige Hinzufügung eines Buchstabens,
eines Buchstabenbildungszeichens: Kirrschen; einn-
tropfen; Sthiefel; Die Suppe wurde auf dem Offen
gewärmt; Die Soldatten; Der Papaggei; Das Lamm
ist sauft. Analogien: Das Kind soll über die Kappe einen
Hut aufsetzen; Das Kind soll im warmen Zimmer den
Pelz anbehalten; Beim Eßbesteck des Kindes hegt eine
Schere.
Verwechslung eines Buchstabens, eines Artikels,
einer Endung, einer Bildungsart der Mitvergangenheit:
Es rägnet; Er hatte den Hud auf dem Kopfe; Der Docht
der Lambe; Briefmarge; Der Pferd ist angehängt; Der
Krüppel stutzt sich auf einer Krücke; Der Mann schicsste
auf das Raubtier. Analogien: Das Kind findet bei dem
Eßbesteck anstatt der Gabel eine Kleiderbürste; das
Kind soll mit der linken Hand schreiben.
Unrichtige Abteilung von Wörtern: Ein-
friedungsg-itter; Nähmasch-ine.
Chronik.
Ansichtskarten.
(Neue offizielle Postkarten des Bayerischen
Roten Kreuzes.) Aus München wird uns berichtet: Die
Reihe schöner amtlicher Postkarten mit guten Bildnissen
hervorragender Zeitgenossen, welche das Bayerische Rote
Kreuz bisher herausgegeben bat, wurde wieder um vier ver-
* Zu vergleichen der Weg, welcher von der Spitze des
Uhrzeigers am Zifferblatt beschrieben wird.
mehrt. Zu den Bildnissen des Kaisers Wilhelm, König Lud -
wigs, des Kronprinzen Rupprecht, des Prinzen Franz von
Bayern mit Familie, Bismarcks und Moltkes kommen nun
je ein prächtiges Bildnis unseres Kaisers mit seinen 6 Söhnen,
des Prinzen Heinrich von Preußen, des Reichskanzlers
und des Grafen Zeppelin. Die letzteren drei Karten tragen je
.. ** Als bildnerische Analogien für die orthographischen Fehler
"eiten 1 W ° hl dle logischen Fe hler in den Kinderzeichnungen
Nr. 6
Internationale Sammler -Zeitung
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die Wiedergabe einer dem Bayerischen Roten Kreuz gewidme -
ten eigenhändigen Niederschrift. Diese vier neuen Rote Kreuz-
karten dürften sowohl um ihrer selbst willen, als auch des
vaterländischen guten Zweckes wegen, dem sie dienen sollen
von der Bevölkerung ebenso gern gekauft werden, wie die früher
erschienenen, von denen einige schon vergriffen sind.
(Beschlagnahme von Friedenspostkarten.} Der
Pariser „Temps“ schreibt: Der Präfekt des Departements
Dcux-Sevres fordert in einem Rundschreiben die Bürgermeister
des Departements auf, Ansichtskarten, auf denen Wünsche
nach Frieden um jeden Preis aufgedruckt sind, von den Post -
kartenhändlern vernichten zu lassen. Diese Ansichtskarten
könnten einen entmutigenden Einfluß ausüben. Es sei nicht
ausgeschlossen, daß sie auf deutsche Propaganda zurückzuführen
seien, um die Gemüter zu entmutigen.
Autographen.
(,,Selbstschri f ten“.) In dem bekannten Berliner
Antiquariat von J. A. Stargardt erscheint soeben ein
interessantes Urkundenverzeichnis mit Briefen berühmter
Fürsten und Staatsmänner, das zum ersten Male das Fach -
wort ,, Autograph'' durch „Selbstschrift“ ersetzt und
zugleich auch gewisse internationale Abkürzungen wie L. a. s.
(Lettre autographe signee) durch die entsprechenden deut -
schen Bezeichnungen ersetzt. Das neue Wort „Selbstschrift“
scheint uns nun, gerade weil es eine wörtliche Übersetzung
des Autogramms ist, nicht sehr glücklich gewählt. Es würde
besser heißen „Eigenschrift", sofern überhaupt die Not -
wendigkeit vorliegt, den leicht übertriebenen Kampf gegen
das Fremdwort auch auf das Griechische und Lateinische
äuszudehnen. Was den Inhalt selbst betrifft, so zeigt gleich
der Titelumschlag eine interessante Kriegsproklamation
Wilhelms I. vom 10. August 1870, in dem Augenblick
erlassen, da der König die französische Grenze überschritt.
„Wir, Wilhelm, König von Preußen“, heißt es in französischer
Sprache, „tun den Einwohnern der französischen Gebiete,
die von der deutschen Armee besetzt sind, Folgendes kund
und zu wissen: Kaiser Napoleon hat zu Land und zu
Wasser das deutsche Volk angegriffen, das den Wunsch
hegte und noch hegt, mit den Franzosen in Frieden zu
leben. Ich habe den Oberbefehl über die deutschen Armeen
übernommen, um den Angriff zurückzuweisen, und sah mich
durch die militärischen Ereignisse genötigt, Frankreichs
Grenze zu überschreiten. Ich führe Krieg mit den' Soldaten
Frankreichs, nicht mit seinen Bürgern“ usw. Neben diesem
Prachtstück der Sammlung, das mit 18.500 Mark angesetzt
ist, dürfen eine Reihe von Briefen Friedrichs des
Großen, im Jahre 1785 an seinen Neffen, den Herzog
Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig ge -
richtet, großes Interesse beanspruchen.
Bibliophilie.
Die Kriegssammlung der vatikanischen Biblio -
thek.) Wie jedes politische Ereignis, von dem die Kurie
berührt wird, so bringt auch der gegenwärtige Krieg der
Zcitungssammlung der vatikanischen Bibliothek einen neuen
und wichtigen Zuwachs. Schon in ruhigen Zeiten ist die
tägliche Ergänzung der vatikanischen Bücherbestände durch
das, was die bedeutendsten Blätter der Welt über Papst und
Kirche bringen, eine außerordentliche Arbeit, und diese
Arbeit wird durch die hervorragende Stellung, die Papst
Benedikt XV. in der gegenwärtigen Krise einnimmt, und
die sich in den Zeitungen aller Länder widerspiegclt, noch
weiter gesteigert. Die Bischöfe der Kirche haben den Auftrag,
aus der Presse ihrer Diözese sämtliche Artikel einzusenden,
die für die vatikanische Bibliothek von Wert sein könnten,
und so flutet alltäglich ein Strom nicht nur von kirchlichen,
sondern auch kirchenf jinßlichen Blättern im Vatikan zu -
sammen, die späteren Zeiten ein wichtiges Material zur
Geschichte des Weltkrieges und der durch ihn entfesselten
Leidenschaften bieten werden. Die Zeitungssammlung der
vatikanischen Bibliothek, die an Inhaltsfülle und Umfang
von keiner anderen derartigen Sammlung erreicht oder gar
übertroffen wird, geht in ihren Anfängen auf Pius IX.
zurück, der vorerst von allen Päpsten die hohe Bedeutung
der Presse für wissenschaftliche Studien jeder Art erkannte.
Die Einrichtung, die zu Beginn der fünfziger Jahre des
vergangenen Jahrhunderts von ihm ins T.eben gerufen wurde,
ist von seinen Nachfolgern nach den von ihm aufgestellten
Grundsätzen weitergeführt und ausgebaut worden. In un -
übersehbarer Reihe stehen die schweren Folianten, in denen
die Zeitungsausschnitte nicht nur im Original aufgeklebt,
sondern auch übersetzt sind, an den Wänden der Bibliothek,
und ein sorgsam ausgearbeitetes Register ermöglicht die
schnelle Benutzung jedes einzelnen Bandes.
Bilder.
(5,710.000 Mark für Morgans Fragonards.) Über
den Verkauf der berühmten Wandbilder, die Fragonar d für den
Pavillon der Dubarry gemalt hatte und die einen der kost -
barsten Kunstschätze Morgans bildeten, haben wir in der letzten
Nummer bereits berichtet. Nun wird auch der Preis und der
Käufer mitgeteilt. Der glückliche Besitzer dieser Meisterwerke
des Rokokos ist der amerikanische Millionär Henry Clay Fr ick
geworden und die Summe, die er für die dereinst von einem
entfernten Verwandten des Malers für 400 Mark aufgekauften
Bilder zahlte, beläuft sich auf 5,710.000 Mark.
(Der verwandelte Cr an ach.) Ein Cranacli-Bild der
Schleißheimer Galerie ist jetzt nach einer eigenartigen Operation
im Dürer-Saal der Münchner Pinakothek aufgeliängt. Die
bisherige heiligö Juliana, züchtig bekleidet mit einem Heiligen -
schein und löblich verhüllten Engeln, ist nämlich durch die
Geschicklichkeit des Schleißheimer Restaurators A. Mayer
von ihren späteren Übermalungen befreit worden, und da kam
Cranachs Originalbild zum Vorschein, eine nackte Venus riiit
dem Amorknaben. Jetzt wird die bisher im Dürer-Saale hängende
Lukretia des Meisters gleichfalls von den Übermalungen des
17. Jahrhunderts befreit. Das Ergebnis ist auch liier über -
raschend. Von dem roten Röckchen der Römerin dürfte nicht
viel übrig bleiben.
(Ein neuer W aldmülle r.) Wie jetzt bekannt
wird, ist bei der Aufnahme des Nachlasses des Erzherzogs
Rainer auf Schloß Herrnstein ein bisher unbekanntes
Bildnis aus der Kindheit des Kaisers Franz Josef I.
von Waldmüller entdeckt worden. Das Bild, das in
den Besitz des Erzherzogs Leopold Salvator über-
gegangen ist, zeigt den damals zweijährigen Erzherzog
Franz mit seinem Soldatenspielzeug. Auf dem Blondkopf
sitzt eine Grenadier - Bärenmütze, um das einfache weiße.
Kleidchen sind Säbel und Pari onentasche geschnallt, die
Rechte hält ein Gewehr, die E nke die Spielereitigur eines
Grenadiers. Eine Trommel, auf die Waldmüller seinen Namen
und die Jahreszahl geschrieben hat, eine Fahne und Soldatcn-
puppen umgeben den Knaben mit den lichten blonden
Locken und dem lebhaften Blau der Augen in einem Zimmer
mit Biedermeiereinriclitung. Auf dem Schreibtisch im
Hintergrund stehen zwei Aquarellbilder, das eine den Vater
des Kaisers Erzherzog Franz Karl, das andere seine
Großtante Erzherzogin Henriette, die Gemahlin des
Siegeis von Aspern, mit.ihrer Tochter Marie, späteren Gattin
des Erzherzogs Rainer, darstellend. Pas Bildnis ist genre -
haft in stillebenartiger Umgebung gemalt und die allerliebste
Kindlichkeit ist auf das glücklichste erfaßt. Mit Erlaubnis
des Erzherzogs Leopold Salvator ist das Bild von der Hot
und Staatsdruckerei in Wien in Farbenlichtdruck faksimiliert
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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 6
worden. Die vorzüglich gelungenen Kunstblätter gelangen
zugunsten des Witwen- und Waiscnhilfsfonds zum Verkauf.
Ein Blatt mit Biedenneierrahmen kostet 20 Kronen.
(Der Einbruch bei Dr. Kranz.) Wir haben in
unserer vorigen Nummer von dem Einbruchsdiebstahl be -
richtet, der im Palais des Advokaten Dr. JoSef Kranz in
W i e n verübt wurde. Die gestohlenen sieben Gemälde sind
rasch zustande gebracht worden. Ein ehemaliger Diener des
Dr. Kranz hatte sie entwendet und in einem Keller ver -
borgen, wo sie, allerdings durch einen Zufall aufgefunden
wurden.
(Ein Porträt des Petrarca). Tn der Märzsitzung
der Berliner Bibliophilen Gesellschaft berichtete Dr. von der
Schulenburg über „Ein neues Bild des Petrarca“. Er führte
aus, daß das weit bekannte, den Dichter im Alter von etwa
45 bis 50 Jahren im Profil mit gebogener Nase und starkem
Kinn darstellende Bildnis (Original in der Handschrift F. lat.
6069 f der Bibliothek national in Paris) erst vier Jahre nach
dem im 70. Lebensjahre erfolgten Tode Petrarcas entstanden
sei. Man habe darin ein idealisierendes Porträt zu sehen, wobei
dem Antlitze des Dargcstcllten diejenigen Merkmale gegeben
worden seien, die es einem Römerkopfe anähnelten, weil
Petrarca selbst sich als nachgeborenen Römer gefühlt und
geschildert habe. Die wahren Züge des Dichters werden in.
anderen, zu seinen Lebzeiten entstandenen Bildnissen offen -
bar, am zuverlässigsten in einem Porträt, das sich in einer
aus Petrarcas Besitz stammenden Handschrift der Markus -
bibliothek in Venedig findet; hier zeigt sich, daß das Antlitz
des Dichters in Wirklichkeit eine gerade Nase, kein starkes
Kinn und statt römischer Merkmale eher faunische Züge auf -
gewiesen hat, auf die der Vortragende den Beinamen Petrarcas
„Silvanus“ zurückführte. Ein neues Bild Petrarcas hat nun
Dr. von der Schulenburg in einer Vergilhandsclirift der Ambro-
siana in Mailand entdeckt, ln dieser findet sich eine Miniatur,
die schon vielfach Gegenstand von Untersuchungen der Kunst-
gelehrten und Philologen gewesen ist, eine befriedigende Er -
klärung jedoch bislang nicht gefunden hat. Es handelt sich um
eine Szene, in der Vcrgil mit zwei männlichen Figuren darge -
stellt ist, von denen die eine als römischer Hauptmann, die
andere als. .Scipio Africanus bezeichnet worden ist. Der Vor -
tragende wies nach, daß die Gestalt des Hauptmannes als ein
Selbstporträt des Sieneser Malers Simone Martini anzusehen
ist; eine ganz ähnliche Figur enthält ein im Berliner Kaiser
Friedrich-Museum befindlicher Altarflügel des Meisters aus
seiner Avianonescr Zeit, der nicht nur signiert ist, sondern
auch die Gestalt des Hauptmanns als Selbstbildnis Martinis
kenntlich macht. Der Scipio Africanus der Martinischen Minia -
tur ist nach Dr. von der Schulenburg eine Porträtdarstellung
des Petrarca. In äußerst scharfsinniger Weise begründete der
Vortragende seine Annahme mit der Übereinstimmung des
Gesichts- und Schädelbaues dieses Kopfes mit dem des authen -
tischen Petrarcabildes der Markusbibliothek, mit dem Zu -
sammentreffen des Dichters mit Martini zur in Betracht
kommenden Zeit in Avignon, mit dem Umstande, daß sich
Petrarca Selbst öfter als Scipio Africanus personifiziert, und
schließlich mit den Eriäuterungsversen, die Petrarca eigen -
händig in die Vergilhandsclirift eingetragen hat, und die,
ebenso wie die ganze in der Miniatur dargestellte Szene, durch
die Idcntizität. des Dichters mit Scipio Africanus erst einleuch -
tend erklärbar werden.
(Großer Bilderdiebstahl in Belgien.) Aus
Brüssel wird uns gemeldet: Das Schloß der Prinzessin
Pauline von Arenberg in Marches-les-Dames bei Namur
wurde von unbekannten Ilieben völlig ausgeplündert. Die
Räuber entwendeten unter anderm 37 wertvolle Gemälde
alter Meister, meistens Heiligenbilder. Von den Missetätern
fehlt bisher jede Spur. Die Prinzessin hatte ihr Schloß
anfangs August, als der Krieg ausbrach, in aller Eile ver -
lassen und keine Zeit gefunden, die Kunstschätze in Sicher -
heit zu bringen.
Handschriften.
(Bedeutende Papyrusfunde.) ln einer Sitzung der
„Accademia dei Eincei“ machte kürzlich G. Lumbroso Mit -
teilung von bedeutenden Papyrusfunden. Bei der Ausgrabung
der Trümmer einer Ortschaft in Mittelägypten kamen acht
Papyrusrollen zum Vorschein, die aus der Kaiserzeit stammen
und alle sehr gut erhalten und lesbar sind. Jede der Rollen ist
von Bedeutung, doch ist eine von besonderem Interesse. Sie
enthält in mehr als hundert Paragraphen gesetzliche Grund -
sätze und Verfügungen aus der Zeit von Caesar Augustus
bis Antonius Pius und bedeutet so einen unschätzbaren
Beitrag für die Geschichte des römischen Rechts vor Justinian
und für die Regierungskunst der Römer.
Numismatik.
(Münzen des Mahdi -R eiches.) Tn der letzten Sitzung
der Berliner Numismatischen Gesellschaft sprach Herr Friedrich
Marschner über die im Mahdi-Aufstand im Sudan von den
Mahdisten ausgegangenen Münzen. Vom Mahdi Mohammed
Ahmed selbst sind nur wenige Prägungen bekannt geworden.
Es gibt solche aus gutem Golde, Nachprägungen der ägyp -
tischen 100-Piaster-Stücke mit Angabe der Münzstätte Kairo
und des zweiten Regierungsjahres des türkischen Sultans Ab -
dul Medjid (1840/41), fast genau wie das Vorbild. Sodann
silberne 20-Piaster-Stücke nach Art des türkischen Medjidie-
Talers, mit der Tughra des Mahdi, in der Inschrift der Rück -
seite (in türkischen Ziffern) 5 und 1302, das ist 1885 n. dir.,
das fünfte Regierungsjahr des Mahdi, sein Sterbejahr. Diese
seltenen Prägungen konnten nicht vorgezeigt werden. Dagegen
lag eine große Reihe von Münzen des vom Mahdi als sein Nach -
folger proklamierten Kalifen Abd allah el Taischi vor, Stücke zu
20, 10 und 5 Piastern, aus der Münze in Omdurman, außer
denen noch andere Werte ausgemünzt sein dürften. Die Münz -
bilder der ersten Regierungsjahre ähneln etwas denen gleich -
zeitiger türkischer Regierungsmünzen und sind in guthaltigem
Münzsilber ausgebracht; in den späteren Jahren jedoch ver -
schlechterte sich die Legierung. Das Herabgehen des Münz -
metalls war eine Folge der schlechten Finanzlage durch Hungers -
not und die beständigen, schließlich nicht mehr siegreichen
Kriegszüge, auch trieben die Münzarbeiter nebenbei Falschmün -
zerei. Mit dem Jahre 1315 d. TT. (1898), Flucht des Kalifen aus
seiner Residenz Omdurman, scheint die Ausprägung eigener
Münzen des Mahdi - Reiches im Sudan zu Ende gekommen
zu sein.
(Eine Josef Scholz-Medaille'.) Die Numis -
matische Gesellschaft in Wien beabsichtigt die Erinnerung
an den 80. Geburtstag ihres verdienstvollen Bibliothekars
Dr. Josef Scholz durch eine Medaille festzuhaltcn, für
die Professor Rudolf Marse hall einen besonders glück -
lichen Entwurf geliefert hat. Die Medaille soll aus Bronze
im Durchmesser von 80 mm ausgeführt werden.
(Die Preismünze der Stadt Leipzig für die
Bugra 1914). Das Preisgericht zur Beurteilung der 23 recht -
zeitig eingegangenen Entwürfe zu einer Preis münze
der Stadt Leipzig für die Internationale Ausstellung für
Buchgewerbe und Graphik, Leipzig 1914, hat je einen Preis
in gleicher Höhe zuerkannt: dem Entwürfe mit dem Kenn -
wort: „Kultur und Volk‘ c (Verfasser: Paul Fleischhack
in Leipzig-Reudnitz), dem Entwürfe mit dem Kennwort:
„T.ipsia (\ ei fasscr: Professor Felix Pfeifer in Leipzig)
und dem Entwürfe mit dem Kennwort: „Mit wenig Mitteln“
(Verfasser: Bildhauer Felix Kunze in Leipzig-SchleuBig).
Philatelie.
(Neue österreichische Kriegsmarken.) Wie wir er -
fahren, sollen nach Aufbrauch der jetzt im Kurs befindlichen
österreichischen Kriegsmarken zu 5 und 10 Hellern auf
Nr. 6
Internationale Sammler- Zeitung
Seite .87
weißem Papier, neue Kriegsmarken derselben Wertstufen r
und in derselben Zeichnung, jedoch auf farbigem Papier
verausgabt werden. Auch Bosnien plant neue Kriegsmarken
und zwar solche von 1 Heller bis zu 5 Kronen. Es werden
hiezu gleichfalls wie bisher (5—10 Heller) die Restbestände j
der Bilderserie 1906, aber nun von 1 Heller bis 5 Kronen,
mit einem Aufdruck versehen, verwendet werden.
(Überzahlte holländische Marken.) Einem Amster -
damer Blatte entnehmen wir, daß die holländische Regierung
von den Marken zu 5 und 10 Gulden der Emmission 1913
gebrauchte Stücke verauktioniert und ganz unge -
wöhnlich hohe Preise erzielt hat. Man zahlte für 5-Gulden-
marken 2'75 Gulden, für 10 - Guldcnmarken 7'80 Gulden
pro Stück.
(EineNeuentdeckung bei den österreichischen
Zeitungsmarken 1908.) Wir lesen in „Friedls Illustr,
Offertenblatt“: Ungefähr einen Monat vor Kriegsausbruch
erwarb ich ein Tete beche der 2 Heller-Zeitungsmarke 1908
auf gewöhnlichem Papier um einen verhältnismäßig geringen
Preis, in der Annahme, daß aller Wahrscheinlichkeit nach
eine größere Anzahl dieser Kuriosa nach und nach auf dem
Markte erscheinen würden. Bis heute wurden nun, soviel I
mir bekannt, im ganzen sechs solcher Tete beche-Stücke
gefunden, die alle in Mäh risch-Ostrau ungefähr Mitte
April 1914 verwendet wurden. Über die Entstehungsgeschichte
dieser Seltenheit sind war natürlich nur auf Vermutungen
angewiesen, da der schuld tragende Maschinenmeister aus
leicht begreiflichen Gründen sich nicht melden wird; noch
wunderlicher aber ist es, daß dieser Fehler bei der in' der
österreichischen Staatsdruckerei so strenge geübten Kontrolle
nicht beachtet wurde. Da bis jetzt so wenige Exemplare
gefunden wurden, so kann der Fehler nur derart entstanden
sein: Die Druckform von 100 Stücken dieser Marke besteht
aus 10 Klischees, von welchen jedes einzelne wieder aus
fünf in Längsstreifen angeordneten Paaren zusammengesetzt
wurde. Wird nun beim Drucken ein Klischee beschädigt,
so muß ein ganzer Block von zehn Klischees durch einen
neuen ersetzt werden. In diesem Falle hat nun der Drucker
das Blockstück verkehrt eingesetzt, einige Bogen gedruckt,
bis er den Fehler bemerkte und ausbesserte. Immerhin kann
als sicher angenommen werden, daß nicht viele Bogen ge -
druckt wurden, da der Fehler sonst unbedingt bei der
strengen Kontrolle entdeckt hätte werden müssen.
(Belgische Briefmarken.) Über die neuen belgischen
Briefmarken schreibt man der „Frankfurter Zeitung“ : Die bel -
gischen Briefmarken stehen jetzt im Mittelpunkt des Interesses
der Sammler. Bekanntlich sind belgische Briefmarken kaum
noch auf eigentlich nationalem Boden im Verkehr. Ihre Ver -
wendung beschränkt sich auf den Ort, wo die belgische Regierung
provisorisch untergebracht ist: auf das Gebiet von Saint-
Adresse (Le Havre). Die dort gebrauchten Briefmarken glei -
chen den in der alten Heimat im Umgang befindlichen, mit dem
Unterschied jedoch, daß der Stempel neben dem Datum noch
die Aufschrift „Le Havre (special) Seine Infre“ trägt. Diese
gestempelten Briefmarken haben einen wirklichen pliilateli-
stischen Wert, da sic schon deshalb sehr selten sind, weil die
mit ihnen frankierten Briefe in sehr beschränkter Anzahl ab -
gesandt werden, da das Militär von der Porto-Entrichtung be -
freit ist. Daneben gibt es noch drei Serien Marken vom bel -
gischen Roten Kreuz. Die erste Serie ist ein kleines Format
(5, 10 und 20 Centimes) und trägt das Bildnis des Königs
Albert; die zweite Serie ist ein großes Format und stellt das
Monument von Merode dar; die dritte Serie wurde am 1. Jänner
1915 in großem Format ausgegeben (5, 10 und 20 Centimes) und
zeigt den König Albert. Die drei Serien können mit Havre-
Special gestempelt sein, die dritte nur in Baar-le-duc = Baarle-
Hertog, das auf holländischem Gebiet liegt. Die beiden ersten
Serien, die in Belgien gestempelt wurden, können den Stempel
nur in Antwerpen, Gent oder Ostende erhalten haben. Die zu
Antwerpen gestempelten sind die seltensten, weil sie erst un -
mittelbar vor dem Fall der Stadt herausgegeben wurden.
(Neuer Normal - Katalog 1915.): Der Verlag
des Neuen Normal-Kataloges gibt bekannt, daß das Werk
wenn auch später als in normalen Zeiten so doch noch vor
Ostern erscheinen wird. Die im vergangenen Jahre seitens
des Bundes deutscher und österreichischer Philatelisten-
Vereine aufgestellten Grundsätze für die Katalogbearbeitung
werden im Neuen Normal-Katalog 1915 Berücksichtigung
finden. Als Neuheit wird sich der bisherigen Bepreisung
der altdeutschen und österreichisch-ungarischen Marken auf
B ief, die erstmalig im Neuen Normal-Katalog 1914 erschien
und allgemein Anklang fand, nunmehr die Bewertung der
Marken auf Brief der altitalienischcn Kleinstaaten angliedern.
Waffen.
(Neue Kriegsbeutestücke im Münchener Armee-
Museum.) Man berichtet aus München: Die an sich schon
reichen Bestände an alten und neueren Erinnerungs- und
Beutestücken im Armee-Museum sind in letzter Zeit wieder
durch verschiedene interessante Beutestücke vom westlichen
Kriegsschauplatz vermehrt worden. Im Untergeschoß, das
einen lehrreichen Überblick über den Werdegang der Hand -
feuerwaffen und der Artillerie bietet, sehen wir jetzt neben
dem ehemaligen „Wurstwagen" der Artillerie, auf dem die
fünf Mann der Geschützbedienung im Reitsitz Platz fanden,
ein 60 Zentner schweres eisernes Kanonenrohr aus Namur,
das vom dortigen Gouverneur dem Bayerischen Armee-Museum
überwiesen wurde. Dieses Rohr, das das Hoheitszeichen Guliel-
mus Rex III. von Britannien (G. R. 3) trägt und allem Anschein
nach aus dem Ende des 17. Jahrhunderts stammt, hat inso -
fern eine historische Bedeutung, als es wahrscheinlich schon
bei der Belagerung von Namur im Jahre 1695 durch den da -
maligen Statthalter der Niederlande Kurfürsten Max Emanuel
von Bayern und den Prinzen Wilhelm von Oranien Ver -
wendung fand. Unweit davon steht ein 20-Zentimeter-Mörser
mit der Mündungs-Umschrift „Namur 1830“. Viel beachtet
wird auch das schwere englische 18-Pfünder -Feldgeschütz
mit Munitionswagen, der ebenso wie das Geschütz selbst mit
Schutzschilden für die Bedienungsmannschaft ausgestattet
ist. Unter den in der Kuppelhalle des Museums untergebrachten
neuen Beutestücken ist zu erwähnen ein französischer Papier -
ballon zur Beförderung von Nachrichten an die französische
oder belgische Bevölkerung hinter der deutschen Front. Da-
iiber sehen wir das scheibenartige nationale Kennzeichen
eines französischen Flugzeuges, das schon am dritten Mobil -
machungstage gelegentlich einer Erkundungsfahrt nach der
Festung Metz auf dem ehemaligen Schlachtfeld von Mars-la-
Tour heruntergeschossen wurde. Der Fallschirm einer französi -
schen Leucht-Rakete zeigt die Fortschritte der Kriegstechnik.
Ein aus fünf Schiebeteilen nach Art der mittelalterlichen
Beinschienen bestehender Brust- und Bauchschutzschild dürfte
wohl mehr zur Stärkung des Mutes der französischen Soldaten
als zu deren Schutz gegen deutsche Geschosse geeignet sein.
Zu der schon vorhandenen ersten hat sich jetzt eine zweite
Turkofahne aus Seide gesellt, die ebenfalls mit der Abbildung
der Hand der Tochter Mohameds und mit dem Halbmond
geziert ist. Besonderes Interesse verdient und findet ein auto -
matisches amerikanisches Maschinengewehr, das von den
Franzosen beziehungsweise- Engländern bei Ypern verwendet
und vom 1. bayerischen jägerbataillon erbeutet wurde.
Verschiedenes.
(50.000 Zinnsoldaten im Österreichischen
Muse u m.) Vom Österreichischen Museum in Wien wird
uns mitgeteilt: Vom 23. d. bis Mitte April werden im
Vorlesesaale des Österreichischen Museums für Kunst und
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Nr. 6
Internationale Sammler- Zeitung
Industrie in Wien, 50.000 Zinnsoldaten aus der
Privatsammlung des Finanzrates Dr. Heinrich Werner
zu sehen sein; die Zinnsoldaten werden unter Verwendung
von entsprechenden, in der Kunstgewerbeschule hergestellten
Terraindarstellungen zu Schlachtszenen aus dem Altertum,
dem Mittelalter, der neuen und neuesten Zeit gruppiert
sein. Auf diese Weise werden unter anderem dargestellt
sein: Trojanischer Krieg, Hunnenschlacht auf den kata -
lanischen Feldern, Kreuzzugkämpfe, Entsatz Wien 1683,
Schlachten aus dem Siebenjährigen Krieg und den napo-
leonisclien Feldzügen, aus dem Deutsch-Französischen Krieg
1870/71, aus der bosnischen Okkupation und von den gegen -
wärtigen Kriegsschauplätzen. Um dem heimischen Zinn -
gießergewerbe künstlerische. Anregung zu geben, wurden
ferner in der Bildhauerschule des Professors Josef Brei tn er
(Kunstgewerbeschule) auf Grund photographischer Aufnahmen
aus dem Weltkriege 1914/15 eine Reihe von Soldatentypen
und Kriegsszenen geschaffen, die mit den Herstellungsmitteln
zur Ausstellung kommen. Der Eintrittspreis wurde mit
40 Hellern für Erwachsene und 20 Hellern für Kinder fest -
gesetzt. Am Eröffnungstage und am 24. d. wird ein Ein -
trittsgeld von 1 Krone eingehoben. Es ist zu erwarten, daß
nicht nur die Wiener Schuljugend, sondern alle Kreise der
Bevölkerung diese interessante Ausstellung besichtigen werden,
die in Wien ohne früheres Beispiel ist. Sie wird täglich von
9 bis 12 Uhr und von 3 bis 6 Uhr geöffnet sein.
(Ausstellung graphischer Werke von Karl Brocky.)
Der ,,Pester Lloyd“ schreibt: Die graphische Abteilung des
Museums der Schönen Künste hat das von Baron Franz Hat-
vany als Geschenk erhaltene, aus Aquarellen, Feder-, Kreide-
und Bleistiftzeichnungen bestehende, etwa hundertundfünfzig
Stück umfassende graphische Werk Karl Brockys nunmehr
der öffentlichen Besichtigung preisgegeben. Der Künstler, der
von 1807 bis 1855 gelebt, in Wien und England gewirkt und es in
Londoner aristokratischen Kreisen zu hohem Ansehen gebracht
hat, kommt jetzt mit einem Teil seines nicht allzu umfang -
reichen Werkes in die früh verlassene Heimat zurück. Wir
haben Grund, uns des späten Wiederfindcns zu freuen, obwohl
es ein Fremder, nicht ungarisch Fühlender und Sehender ist,
den wir wiedergeflinden haben. Die Aquarelle Brockys (sie sind
das Wichtige an der Sammlung) sind so sehr englisch, daß
manche geradezu wie Farbenstiche nach englischen Meistern
des achtzehnten Jahrhunderts wirken. Landschaft, Figuren
und Tracht, Komposition und Koloristik einzelner Blätter
(29 a, 31 a) zeigen die charakteristischen Züge des fürs Pastorale
eingenommenen englischen Dixhuitieme. Wenn uns gerade
diese Blätter als die reizvollsten erscheinen, so haben wir damit
innerlich dem Künstler bereits Stelle und Rang innerhalb
seiner malenden Generation angewiesen. Starke Eigenart,
eine ausgeprägte Künstlerphysiognomie vermochten wir auch
in den Federskizzen, die in dieser Hinsicht sicheren Aufschluß
zu erteilen pflegen, nicht wahrzunehmen; dafür lernten wir
einen technisch sehr weit gekommenen, mit der Farbe und dem
kleinen Pinsel sinnvoll hantierenden Liebhaber intimer kolo -
ristischer Effekte kennen. Der aus kleiner Distanz edelstein -
artig glühende Farbenakkord Weiß-Rot-Schwarz (Mädchen
und Blumen, Nr. 20) mit dem Kontrapunkt Grün zeigt nicht
nur den virtuosen Techniker; er gibt eine Probe auch von dem
romantischen Lyriker. Andere Blätter, das sympathische
Selbstporträt Nr. 18, die Bildnisse 32 a, 32 b, besonders aber
die Kopien nach Rembrandt, die den nach gedunkelten Goldton
Rembrandtscher Porträts und Gruppenbilder erfolgreich in die
V asserfarbe übersetzen, sind wieder mehr minder Spiel mit
den Möglichkeiten der Technik. Den Zeichner Brocky lernen
wir am besten an den Kreidezeichnungen (88 bis 97) kennen.
Leichte Hand, Schwung und Grazie ist auch hier eher zu finden
als Selbständigkeit. Ein Kinderbildnis in Öl (Nr. 1) zeigt, ohne
irgendwie zu interessieren, gute Qualitäten.
(Die bestohlenen Kirchen in Ostpreußen.) Das
Königliche Konsistorium in Königsberg hat jetzt ein Ver -
zeichnis der kirchlichen Wertgegenstände zusammengestellt,
die bisher im Kriegsgebiet geraubt worden sind. Unter den
Gegenständen sind mehrere wertvolle Goldschmiedearbeiten
alter Zeit. So wurde in der Kirchengemeinde Molthainen
aus der Diözese Gerdauen außer zwei kleinen Leuchtern eine
kleine Patene aus dem 15. Jahrhundert geraubt, in der Kirchen-
gemeinde Lamgarben, Diözese Rastenburg, ein silber-ver-
goldeter Abendmahlskelch aus dem 16. Jahrhundert und ein
Kranken-Kommunionsbesteck. In Gr. Engelau, Diözese
Wehlau, verschwanden gleich sämtliche Abendmahls- und
Taufgeräte. Besonders schlecht weggekommen ist auch Schwen-
tainen in der Diözese Orteisburg. Hier wurden gestohlen:
zwei Paar silberne Armleuchter, ein silberner Kelch, eine
Hostiendose, eine Patene, eine Weinkanne, Kranken-Kom-
munionsgeräte, zwei Altarkruzifixe. Tn Orteisburg selbst
sind die Abendmahlsgeräte und ein Krankem Kommunions-
besteck fortgekommen. Insgesamt handelt es sich um 21 Kir-
chengcmcinden, die beraubt worden sind. Man hat genommen,
was man kriegen konnte: Taufkannen, gestickte Velen,
Abendmalilskannen, Hostiendosen, Kruzifixe, Oblatenteller
und -büchsen, versilberte Ziborien, kurz das ganze wertvolle
Ausstattungsgerät der Kirchen. Meist handelt es sich um
kleinere Gemeinden. In den größeren war es natürlich eher
möglich, die Gegenstände zu schützen oder in. Sicherheit zu
bringen.
(Schweizerkunst und Kunstgewerbe.) In der letzten
Sitzung des Vereines für Deutsches Kunstgewerbe in Berlin
sprach, wie uns von dort berichtet wird, Dr. Rudolf Bernoulli
vom Berliner Kunstgewerbemuseum über den gegenwärtigen
Stand der bildenden Kunst in der Schweiz. Der Vortragende
führte aus: Das politische Staatengebilde der Schweiz umfaßt
drei sprachliche Bestandte le, das Deutsche, darnach das
Französische und endlich das Italienische, ohne daß diese
drei sich gegenseitig befehden. Sie ergänzen sich zum National -
schweizerischen. das über jedes dieser drei Bestandteile hinaus
eine grundsätzliche Einheit bildet. So ist die Schweiz als Einheit
nationa'istisch und als Mehrheit international. Dieses Verhältnis
spiegelt sich auch in der gegenwärtigen Kunst der Schweiz.
Der Sinn für das Schlichte, Nüchterne zum Beispiel zeichnet
die gesamte Schweizer Architektur von jeher aus; daher fand
die neudeutsche Baukunst, deren Streben auf Klarheit und
Zweckdienlichkeit ausgeht, in der Schweiz so ungehemmten
Widerhall. Ein Gleiches gilt für das Kunstgewerbe. In der
Plastik fehlt es der Schweiz an einer besonderen Tradition,
und es zeigt sich auf diesem Gebiet am deutlichsten die Mehrheit
der schweizerischen Nation. Rodin und Maillol wirken aus
Paris herüber; die Münchener beherrschen die dekorative
Skulptur; und merklich macht sich auch der Klassizismus
der italienisch-römischen Schulung geltend. Die Malerei
hinwieder neigt in der Schweiz weder ausgesprochen nach
Deutschland hin, noch nach Paris oder Italien, ln der Malerei
war die Schweiz immer originell; ihre großen Meister der Neuzeit
waren Einzelne, die wohl Schüler hatten, die aber zusammen
hie recht eine einzige Schule bildeten. Neben dem ,,Schweizer
Manett Frank Buchser stand Böcklin, der phantasievolle
Erzähler; und neben Segantini, dem Darsteller der durchsich -
tigen Alpenluft, steht Hodler. Kodier verdankt seine Stellung
seiner Schweizer Eigenart sowohl wie seiner Internationalität.
Deutsch mutet seine Vorliebe für plastischen Gesichtsausdruck
an. Pariseriscli ist seine farbige Schulung, germanisch dagegen
wieder sein Symbolismus, romanisch die logische Schärfe,
mit dei er seine Lehren zum Ausdruck bringt, wie zum Beispiel
den Gedanken des Parallelismus, der den Vortragende mit
Wagners Lehre vom Leitmotiv verglich, der den Referenten
abei mehr noch an den Präraffaelitismus des Engländers
Burne-Jones erinnert.
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Internationale Sammler -Zeitung
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Museen.
(Neuerwerbungen des Kaiser-Fricdri cli-Mu-
seums.) Die Sammlungen des Kaiser-Friedrich-Museums in
Berlin haben jetzt zwei interessante Bronzewerke des hohen
Mittelalters aus Spanien als Geschenke erhalten. Es sind eine
bronzene Reiterstatuette und ein Adler. Drei weitere Geschenke
kommen der reichen Museumssammlung von deutschen Holz-
bildwcrkcn zugute. Dies sind ein oberbayerischer hl. König
aus der Zeit um 1520 und zwei Bildwerke des. 15. Jahrhunderts,
eine hl. Katharina aus Süddeutschland und eine lesende weib -
liche Heilige aus Schwaben.
(Das neue Münchener Museum für Drogenkunde.)
Tn dem überaus zweckentsprechenden Institutsgebäude des
neuen prächtigen „Botanischen Gartens" der Universität
München wurde nunmehr auch eine weitere.bedeutsame Neu -
schöpfung von wissenschaftlicher und praktischer Bedeutung,
ein Pliarmakognostisches Museum modernsten Stiles, er -
öffnet. Es enthält hauptsächlich eine höchst vielseitige Lehr -
sammlung von Arzneidrogen, veranschaulicht so die heutige
gewaltige Bedeutung der Pharmakochemie und unterrichtet
jeden Fachmann durch gründlichsten Augenschein über alle
Seiten der modernen Drogenwissenschaft im weitesten Sinne.
Hier kann der Studierende, voran natürlich der Apotheker,
den Entwicklungslauf der Stammpflanze, die Schwankungen
im Gehalt ihrer Bestandteile usw. genau verfolgen. Legt doch
das neue Museum auf die Giftpflanzen mit ihren Organen ge -
mäß ihrer hohen Wichtigkeit für den Heilschatz besonderen
Wert. Das frühere und jetzige Verpackungsmaterial ermöglicht
wertvolle Schlüsse über das Ursprungsgebiet nebst dessen Tier-
und Pflanzenwelt. So kamen früher beispielsweise der so -
genannte Mate-Tee, die Brechwurzel vielfach in der Haut des
großen Ameisenbären, die Chinarinden in Rindsfell zur Ver -
sendung. Doch hört dies allmählich auf, je teurer Tierhäute
bezw. das Leder an Marktwert sich stellen. Schon hier schlagen
wir leicht die Brücke zur Völkerkunde, während bedeutsamere
Gesichtspunkte der letzteren erst in der ausgedehnten botanisch-
pharrrjakognostischen Schausammlung befriedigt werden sollen,
welche, im Untergeschoß des Instituts untergebracht, in einigen
Wochen ihre Pforte öffnen soll, um alle Heil- und Nutzpflanzen
ihre Rolle im Leben der Menschen spielen zu lassen. Da stehen
das Opium und die anderen botanischen Genußmittel neben
den verschiedensten Nahrungsmitteln: überhaupt alle Kinder
Floras, die auf unser Dasein irgendwelche nennenswerte Ein -
flüsse ausüben. Auch die Methode der Drogengewinnung und
die nötigen Hilfsmittel erscheinen wohlgeordnet in diesem
Museum: die ostasiatischen Werkzeuge, die dazu dienen, das
Opium einzubringen, die Messer zum Anritzen der Gummi -
bäume, die Beile und Kratzer zur Gewinnung des Guttapercha,
die Harzbohrer u. v. a. m. Was bis jetzt in dem neuen, wunder -
voll außerhalb des Getriebes der Weltstadt gelegenen „Botani -
schen Institut" soeben an Sammlungsgruppen zugänglich ge -
macht worden, ist nicht für die Öffentlichkeit im weiteren
Sinne, sondern nur wirklichen Interessenten und ihren Studien
absichten zugänglich. Jene demnächst dazutretende Schau -
sammlung hingegen ist auf weitere Besucher- und Beschauer -
schichten berechnet. Schon plant man übrigens den Anschluß
einer ins Praktische übersetzten Arzneipflanzenkultur im weit -
gesteckten Garten.
(Neue Sachverständigen-Kommission für die
Berliner Museen.) Für die Zeit vom 1. April 1915 bis
31. März 1918 sind jetzt die Sachverständigenkommissionen
bei den Berliner Museen gebildet w-orden. Tm allgemeinen
hat sich gegen die bisherige Zusammensetzung wenig geändert.
Die Kommission für die Gemäldegalerie hat ihr Mitglied, den
Grafen Har rach, durch den Tod verloren; in die Kommission
für die Sammlung von Bildwerken und Abgüssen christlichen
Zeitalters ist Wirklicher Geheimer Rat Dr. von Bode neu als
Vorsitzender hinzugekommen. Ausder Kommission für dasMiinz-
kabinett sind die Professoren v. S c h m o 11 e r und Weil ausge -
schieden und anihreStelle Direktor v. G wi n n e r und Obermünz -
wardein Mittmann getreten. In die Kommission für die
Sammlung der ägyptischen Altertümer ist Professor
Dr- Schäfer, in die für die indisch-asiatischen Sammlungen
an Stelle des ausgeschiedenen Professors Dr. Ehrenreich
Professor Dr. Mann und in die für die ostasiatisebe Abteilung
Professor Dr- Tafel gekommen. Die Kommission für die
amerikanischen Sammlungen hat in Geh- Kommerzienrat
Hardt, Dr. Träger und Professor Dr. Vierkandt drei
neue Mitglieder erhalten, nachdem die Professoren
Dr. Ehren reich und Dr. Hellmann aus ihr ausgetreten
sind-
Vom Kunstmarkt.
(Bilderankäufe.) Kaiser Franz Josef hat in der Aqua-
fellausstellung im Wiener Künstlerhaus nachstehende Kunst -
werke angekauft: G. A. Heßl, Pastell, „Studienkopf"; Stephan
Simony, Guasch, „Motiv aus Torbole"; Eduard Zetsche,
Aquarell, „Motiv bei Imbach“; Theodor Stundl, Bronze -
statuette, „Österreichischer Feldsoldat“; Karl Pippich, Aqua -
rell, „Naschmarkt in Wien"; Emil Czech, Aquarell, „Der
Feldpostbrief"; Franz Zelezny, Elfenbein und Holz,
„Madonna“.
(Go e th e- Rari t ä t eil.) Bei einer Versteigerung bei Karl
Ernst H e n r i c i zu Berlin gelangten einige Goethe-
Raritäten unter den Hammer. Ein Goethebild des
Weimarer Miniaturenmalers R e m d e aus dem Jahre 1826
brachte 2600 M., eine Büste des Dichters nach einem Modell
von Leonhard PoSch, 10 cm hoch, aus Eisen, erzielte
310 M.; ein Porzellanlampenschirm aus Berlin mit dem
Brustbild Goethes nach S t i e 1 e r 180 M. Ein Abzug der
Radierung Goethes, die er während seiner Leipziger Zeit
anfertigte und seinem Vater widmete,— es ist eine Landschaft
mit Felsen und Wasserfall und zwei Personen als Staffage —
brachte 305 M., ein Brief der I.otte Buff an ihre Schwester
Amalie vom Jahre 1812 mit Erwähnung von Goethe erreichte
235 M., ein anderer Brief der Lotte von 1810 110 M. Eine
alte Gothaer Porzellantasse mit der Darstellung von Goethes
Gartenhaus wurde mit 135 M. bezahlt.
(Antiquitäten-Auktion in der Galerie Helbing.)
Am 23. d. M. gelangt in der Galerie Helbing in München
eine kleine, geschlossene Sammlung von Antiquitäten aus dem
Besitze der Frau A. U. in B., der sich verschiedene andere Bei -
träge anschließen, zur Versteigerung. Der Schwerpunkt der im
Katalog verzeichneten Gegenstände liegt auf dem Gebiete der
Volks- und Heimatkunst, von der die einzelnen Abteilun -
gen hübsche Proben auf weisen. Es sind weniger große Pärade-
stücke als vielmehr Objekte, die einfacheren Ansprüchen
genügten, aber dafür mit jener teilweise naiven Erfindung
dekoriert sind, deren Reiz gerade in neuester Zeit so eingehendes
Verständnis gefunden. Neben hübschem, meist Westerwälder
Steinzeug finden wir italienische und süddeutsche Fayencen
und Porzellane, unter diesen eine Nymphenburger Miniature
mit dem Brustbild eines Feldherrn, sowie verschiedene alte
Gläser. Die Textilien bringen schöne Damaste, Meßge -
wänder, Hauben und eine Reihe Gebrauchsgegenstände,
mit Stickerei oder Perlenarbeit verziert, wie Tabakbeutel,
Täschchen usw. Bemerkenswert ist eine Breslauer Kostüm -
puppe aljs der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts von an -
sehnlicher Größe. Schöne orientalische Teppiche vervoll -
ständigen diese Abteilung. Über einige Objekte in Stein und
Elfenbein kommen wir zu den Metallarbeiten, unter denen
die Kreuzigungsgruppe interessieren wird, deren Figuren aus
Kupferblech geschnitten und originell bemalt sind. Reich -
lich ist das Zinn vertreten, mit interessanten Meistermarken,
hauptsächlich aus der Schweiz. Bei den Gegenständen in edlem
Metall bemerken wir hübsche Dosen und Ringe. Die Rubriken
„Arbeiten in Holz" und „Möbel“ weisen verschiedene inter -
essante Stücke auf, hübsche Krippenfiguren, schöne Bäuein-
stühle, ein prächtiges Schweizerbüfett, alte Truhen und Tische.
Nach ein paar guten Miniaturen und amüsanten Silhouet -
ten kommt unter „Varia“ eine Abteilung, die Erzeugnisse
richtiger Volkskunst in mannigfachen Formen auf weist.
Kulturhistorisch am interessantesten ist jedenfalls eine alte
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Internationale Sammler- Zeitung
Nr. f,
Augsburger Tändlerei von stattlicher Größe in Form eines
Pavillons, mit dem ganzen wohlerhaltenen Inventar an Ein -
richtung, Bildern, Antiquitäten usw. Daneben verschiedenes
Kinderspielzeug, Döschen, Teller, bemalte Gläser und vieles
andere, teilweise Gegenstände, die im Buche über, den guten
Geschmack von Paiaurek eingehende Würdigung verdienten.
Verschiedene gute Gegenstände, Bronze- und Holzarbeiten,
sowie schöne Möbel bilden neben interessanten Druckwerken
den Schluß des Kataloges, der durch die Firma Hugo Helbing
in München kostenlos zu beziehen ist.
(Versteigerung bei Lepke.) Aus Berlin wird uns
geschrieben : Bei Rudolph Lepke kamen in viertägiger Auktion
die reichhaltige Wohnungseinrichtung aus dem Nachlaß eines
Berliner Amtsgerichtsrats, ferner Juwelen, Gold- und Silber-
gerät aus einer dortigen Konkursmasse und Mobiliar und
Kunstgewerbe aus anderem Besitz unter den Hammer. Die
Beteiligung aus den Kreisen der Kunsthändler und des kauten-
den Privatpublikums war wieder eine außergewöhnliche zahl -
reiche, und die erzielten Preise sahen wahrlich nicht nach
Kriegsnot oder Aushungerung aus. Eine große Bronze-Reiter-
statue des venezianischen Heerführers Gattamelata nach
Donatello, ein Werk des italienischen Hofbildhauers Nisini
in Rom, auf orangefarbigem Marmorsockel, in einer Gesamt -
höhe von 173 Zentimetern, ging für 1400 Mark, und ein großer
silberner Besteckkasten, 136 einzelne Gegenstände enthaltend,
mit dem Monogramm E. H. L. und einem Gesamt-Silberge -
wicht von 6232 Gramm für 505 Mark fort. Unter den Kunst -
möbeln erzielte ein Empiresalon in Mahagoni mit reichem
Bronzebeschlag, aus zwanzig Einzelheiten bestehend, den
höchsten Preis von 1850 Mark. Eine andere, aus 15 Stücken
bestehende Salon-Einrichtung aus Mahagoni, mit reichem
Messing- und Bronzebeschlag im Stil Louis XVI. kam auf
590 Mark, eine Schlafzimmer-Einrichtung in Rüsterholz mit
Intarsien und Bronzebeschlag, acht Teile enthaltend, auf
550 Mark, eine Polstergarnitur in Klubform, mit großgeb'üm-
tem, buntem Gobelinstoff in grauem Grundton, aus acht
Stücken bestehend, auf 380 Mark, eine französische Kommode
aus Rosenholz, mit sehr reichen Buntholzintarsien, auf 350 Mark,
ein runder Danziger Tisch mit intarsierter, polierter Nußholz -
platte auf 300 Mark, eine große Bibliothek aus Mahagoni auf
215 Mark und eine französische Rokokovitrine aus Palisander -
holz mit reichen Buntholz-Intarsien und Bronzebeschlag
auf 200 Mark zu stehen. Auch für Teppiche wurden gute Preise
gezahlt, so für einen großen Yoraglian mit türkisblauem
Mittelfeld 860 Mark, für einen Persischen Muskabad-Teppich
mit Ranken- und Blumenmuster 310 Mark und für einen
Perser-Teppich in lachsfarbigem Fonds 200 Mark. Unter den
Schmuckgegenständen endlich erzielte ein goldenes Glieder -
arniband mit Saphir, umgeben von zwölf Brillanten, 360 Mark
und ein Paar Perlolirringe mit je einem Brillanten 200 Mark.
Ausstellungen.
Basel. Buchhandlung Wepf, Schrabe & Co. Sonder -
ausstellung jüngerer Basler Künstler, darunter S. Barth,
E. Bol e ns, K. Duck, N. Donze, J. T. Lüscher,
H. Müller, E. Niethauser, O. Roos und E. Schi es.
Berlin. Galerie Eduard Schulte. Gedächtnisausstellung
Otto von Faber du Faur, Sonderausstellung Felix
Borchardt und Landschaften von Karl Saltzmann
und Hans von LoeSch.
München. Galerie Baum, Maximilianstraße 32. „Mit
dem 17. Infanterieregiment in Flandern''. 135 Kriegszeich -
nungen von Paul Burck.
San Francisko. Panama - Weltausstellung.
Wien. Künstlerhaus. Ausstellung des Aquarellisten-
klubs.
— Österreichisches Museum. Ausstellung von
Kriegserinnerungsartikeln.
Auktionen.
16. und 17. Mätz. Frankfurt a. M. Rudolf Bangel.
Gemälde, Kunstgegenstände, antike Möbel, Teppiche,
Antiquitäten, Mineralien und Muschelsammlung, Herbarien,
antike Gläser, zum großen Teile rheinischen Ursprungs.
19. und 20. März. Wien. Dorotheum. Nachlaß
Wilhelmine Stern (Wien). Arbeiten in Silberund Gold
des 18. und 19. Jahrhunderts (Tafelaufsätze, Girandols,
Leuchter, Kelche, Ampeln, Tempcllampen, Pokale, Kannen,
Uhren, Dosen, sowie kleinere Schmuckgegenstände), ferner
Antiquitäten, Porzellan, Glas, Kupferstiche, Bücher, Bilder,
Teppiche, Kunstmobiliar.
22. März. Wien. Dorotheum. Spezialauktion.
Mobiliar, Bilder, Silber, Bronzen, Porzellan und Teppiche.
23. März. Berlin. Rudolph Lepke. Gemälde neuerer
und einiger älterer Meister, Aquarelle, Zeichnungen etc.
23. März. München. Galerie H e 1 b i n g. Antiquitäten,
alte Möbel, Kunst- und Einrichtungsgegenstände.
26. bis 27. März. Berlin. Max Perl. Schloßbibliothek,
Deutsche Literatur. Illustrierte Werke, Almanache, Photo -
graphien. usw.
Wien. Doroth e u m. In Vorbereitung: Nachlaß des
Direktors Eduard Palmer.
Literatur.
* Ein Bismarck-Buch von besonderer Art soll zu
Bismarcks 100. Geburtstag im Verlag von Strecker Schrö -
der in Stuttgart demnächst erscheinen. Es behandelt Bismarck
in Geschichte, Karikatur und Anekdote und hat den als po -
litischen Schriftsteller wie als Kenner Bismarcks bekannten
Dr. Paul Liman zum Verfasser. Die in dem Werke enthaltenen
über 260 Abbildungen und Kunstbeilagen, darunter natürlich
auch zahlreiche Bilder aus deutschfeindlichen Ländern, spre -
chen von Anerkennung, Enthusiasmus und Liebe auf der einen
Seite, von widerwilliger Bewunderung, Schadenfreude, Neid
und Haß auf der andern Seite.
Neue Kataloge.
* Rudolf Bangel, Frankfurt a, M. Aukt.-Kat 896
Gemälde, Aquarelle, Kunstblätter moderner und alter Meister,
Kunstgegenstände, antike Möbel etc., (575 Nummern).
* Rudolf Lepke, Berlin W. Aukt.-Kat. 1726. Gemälde
neuerer und einiger älterer Meister, Aquarelle, Zeichnungen
etc., (193 Nummern).
* Galerie Helbing, München. Aukt.-Kat. Antiquitäten,
alte Möbel, Kunst- und Einrichtungsgegenstände etc., (445
Nummern).
Briefkasten.
Friedrich D., Prag. Die Nachgeborenen führen den Titel
Prinz und Prinzessin von Bulgarien, Herzog und Herzogin
von Sachsen mit dem Prädikat Königliche Hoheit.
L. v. L. Es ist noch nicht bestimmt ob der Nachlaß
versteigert wird. Sollte es der Fall sein, so werden wir
es rechtzeitig anzeigen.
Sammler, Wien. Die Bilder sind zur Besichtigung im
Dorotheum bereits ausgestellt.
Baron G., Triest. Das Buch ist bereits in zehnter
Auflage erschienen. Sie können es vom Verlag Alfred
Krön er m Leipzig direkt oder durch rgend eine Buch -
handlung beziehen.
Dr. Alfred K., Leipzig. Wenn sehr gut erhalten, 100 Mark.