Internationale $ammler-2ßifun4 Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. Herausgeber: Norbert Ehrlich. 8. Jahrgang. Wien, 15. Mai 1916. Nr. 10. Die Sammlungen Beckeraths. In den Tagen vom 23. bis 26. d. M. findet in Rudolph Lcpkes Kunstauktionshaus in Berlin die Versteigerung der umfangreichen Nachlaß Sammlungen des im Dezember vorigen Jahres verstorbenen Adolf von Beckerath (Berlin) statt. Vor allem seine Werke der großen italienischen Kunst von den Anfängen der Renaissance bis zum Aus gange des Barock genossen seit langem in allen Sammler- und Museumskreisen einen wohlbegründeten Ruf. Der umfangreiche, fast 1200 Nummern umfassende Katalog faßt noch einmal das Lebenswerk dieses als Sammler wie alsKenner gleich ausgezeichneten Mannes zusammen. Ein Lieblingsgebiet des Verstorbenen freilich fehlt: das ist die große, schon bei seinen Lebzeiten dem Kupferstichkabinett zugewiesene und jetzt zusammen mit einer kleinen Auswahl von Bronzen in den Besitz der Berliner König!. Museen übergegangene Samm lung von Handzeichnungen alter Meister. Aber was jetzt noch in den Kunsthandel kommt, ist hin reichend, die erfolgreiche und verständnisvolle Sammel tätigkeit Beckeraths noch einmal in hellstes Licht zu rücken, umfaßt doch allein die erste Hauptabteilung der Arbeiten in Stein, Ton und Stuck über hundert fünfzig Werke, die alle Anspruch auf die Klassifizierung „erstklassig“ erheben können. Unter den Bildnisbüsten des Quatro- und Cinque cento, die Beckerath zusammengebracht hat, steht in erster Linie die große, bronzefarben getönte Bildnis büste Ercoles I., Herzogs von Ferrara, die schon in der Berliner Renaissance-Ausstellung von 1898 dem Francesco Raibolini genannt Francia zugeschrieben wurde. Ihr steht an Schönheit und Vornehmheit die Büste eines vornehmen Florentiners aus der Mitte des 16. Jahrhunderts wenig nach, die einen Charkter- kopf ganz im Stil von Bronzinos gleichzeitigen Gemälden wiedergibt. So wie diese zwei sind auch eine große Anzahl anderer Großplastiken Beckeraths der inter nationalen Kunstwelt nicht fremd. Der Verstorbene war nicht eifersüchtig auf seinen Besitz: ebenso wie er gern seine — von seiner Sammlung fast überfüllte — Wohnung jedem ernsthaften Besucher zeigte, so lieh er auch gern seinen Besitz für öffentliche Aus stellungen und kunsthistorische Publikationen her. Das wundervolle kleine Verkündigungsrelief, das heute dem Bernardo Rosselano zugeschrieben wird, die Uromas-Gruppe des Lucas und vieles andere ist auf diese Weise schon in die Wissenschaft eingeführt. Nur einige wenige wie das. „Racheschwur“ genannte Terrakotta-Relief des Sansovino, das wohl mit Sicherheit auf San gallo zurückgehende Steinrelief mit dem Hippokampenpaar und der prachtvolle Kamin aus dem Palazzo Memi aus der Umgebung von Venedig erscheinen hier zum ersten Male in der Öffentlichkeit. Es würde zu weit führen, noch näher auf die erste große Abteilung des Kataloges einzugehen. Erwähnt sei nur noch das fast lebensgroße Porträt relief Michelangelos des Ammanati und das dem Desiderio da Settignano nahestehende Kalkstein porträt eines Jünglings aus dem Hause Altoviti. Die Abteilung der Kleinbronzen eröffnet ein Stück von allererstem Rang: Ein nackter Knabe, eine Vase mit beiden Händen auf dem Kopf balan cierend, aus der Mitte des Cinquecento, dessen einziges bekanntes Gegenstück im Nationalmuseum zu Florenz steht. Interessant sind die beiden, schönste alte Ver goldung aufweisenden, sitzenden Korsarengestalten, vermutlich alte Modellabgüsse von Pietro Taccas sogenannten Sklaven am Reiterdenkmal Ferdinands I. in Livorno. Der Zahl nach geringer, der Qualität nach aber ebenbürtig der Gruppe der Figuren, ist die Gruppe der Tierstatuetten, unter der vor allem einige Stiere (wohl in Anlehnung an antike Apis-Stiere geformte Bronzen des 16. Jahrhunderts) auffallen. Den figür lichen reiht sich die Schar der kunstgewerblichen Bronzen an: Mörser, Leuchter, Sockel und Schalen, darunter auch einige wenige gotische Stücke nicht italienischer Herkunft, Tierklopfer und Plaketten. Zu der Gruppe der Möbel und dekorativen Arbeiten in Holz leiten einige figürliche über, Unter denen ebenfalls ein berühmtes Stück sich findet: Der dem Donatello zugeschriebene große vergoldete Engelknabe, einst wohl Bekrönung eines monumen talen Florentiner Möbels. Ihm stehen die einige Jahr zehnte älteren, Leuchter tragenden . Engel an Wert und Schönheit gleich, die in vielem noch ganz gotisches Empfinden ahnen lassen. Unter den Möbeln fällt die ungewöhnlich große Zahl der Stühle auf, die von frühen Florentiner und Venezianer Brettschemeln herauf bis zu den späten schweren Barocksesseln eine ganze .Entwicklungsreihe der Sitzmöbel geben. Um sie, die sämtlich in, besten Erhaltungszustand, zum