Seite 84 Internationale Sammler-Zeitung Nr. 9 Maschinenteile und Besatzung dieser rollenden Festung, deren ursprüngliche Wirklichkeit die neu gestaltigen Formen des heutigen Krieges plastisch vor Augen treten läßt. Auch die großen Anforderungen, die dieser Krieg an seine Jünger stellt, läßt der moderne Kriegswagen ahnen. Der Raum im Innern ist eng. Gewicht und Ausmaße — durch die schwere Panzerung ohnehin übergewöhnlich — mußten auf Kosten jeder Bequem lichkeit der Lenker und Mitfahrer beschränkt werden. Nur durch schmale, hochklappbare Beobachtungsschlitze wird der Besatzung die zum Atmen nötige Luft zugeführt. Ein stunden langer Aufenthalt in diesem Wagen bei rasender Fahrt, von Artilleriefeuer verfolgt, stellt an Körper und Nerven sicherlich nicht geringe Anforderungen. Neben diesem Riesen mit seinem 60 PS. 4-Zylindermotor wirken 2 Automobilveteranen besonders zwerghaft. Ein Peugotwagen mit 6 PS. Fanhardmotor, aus der Anfangszeit des Automobils, etwa vom Jahre 1890, und, als Seitenstück dazu, ein französischer Wagen mit einem 5 PS. 2-Zylinder- F. N.-Motor, um das Jahr 1896 erbaut. Dafür zeigen diese Wagen, ebenso wie einige andere, darunter 2 moderne Auto mobile, ein französischer Rennwagen (Bedelia-Cycle-Car) aus dem Jahre 1912 und ein französischer Peugot-Rennwagen mit einem großen Einzylindermotor die verheerenden Wir kungen des Krieges. Diese Wagen fielen unseren Truppen aui dem westlichen Kriegsschauplatz in die Hände. Daß die Fran zosen derart verschiedenartiges Material und besonders sc wenig leistungsfähige alte Typen im Kriege verwendet haben, ist für die französische Organisation recht bezeich nend. Haben sich doch die Franzosen auf ihre angebliche Überlegenheit auf automobilistischem Gebiete Deutsch land gegenüber vor dem Kriege nicht wenig zugute getan, und wir sehen nun, daß auch hier die französischen laten, wie so oft schon, hinter den Worten zurückgeblieben sind. Die Amerling-Auktion in Wien. Die Amerling-Auktion, die vom 3. bis 6. Mai im Wiener Dorotheum stattfindet, hat die besten Federn in Bewegung gesetzt. So widmet ihr Professor A. F. Seligmann in der „Neuen Freien Presse“ sieben Feuilletonspalten, denen wir folgendes ent nehmen : Als besonders bezeichnend möchten wir, hervor heben, daß sich unter den Gemälden —■ was eben das feine Verständnis des Künstlers beweist -— sich mehrere finden, die entweder keine großen Namen tragen oder überhaupt schwer zuzuweisen sind, die aber allererste Qualitäten zeigen. Cornelius Janson van Ce ulen (das Bild ist voll signiert) klingt nicht eben imponierend; das Porträt einer älteren Frau, das dieser Meister 1646 in London gemalt hat, ist ein wahres Prachtstück und müßte jeder großen Galerie zur Zierde gereichen. Das Kniestück eines Kardinals (der Katalog führt es mit dem Vermerk „in der Art des van Dyck“) erinnert wohl im Arran gement und in der Wirkung auf Distanz an den großen Rubens-Schüler, zeigt aber eine ganz andere Pinsel handschrift, erinnert z. B. in der Behandlung des Bartes mehr an Rubens selbst als an van Dyck; die vortrefflich durchmodellierten Hände wieder wollen weder zu dem einen noch zu dem andern passen. Obwohl das Bild also bei tadelloser Erhaltung die Merkmale eines bestimmten großen Meisters nicht trägt, ist doch derjenige, der es gemalt hat, ein großer Meister gewesen, heiße er nun, wie er wolle. Es ist auch bezeichnend, daß Amerling, seinen Aufzeich nungen zufolge, für dieses Stück seinerzeit einen un gewöhnlich hohen Preis gezahlt hat. — Ein bärtiger, aufwärts blickender Kopf, offenbar die Studie ^ zu irgendeinem Apostel oder Heiligen (als der neapoli tanischen Schule des siebzehnten Jahrhunderts an gehörig bezeichnet) ist trotz seiner Namenlosigkeit ein wunderschönes Stück Malerei, ebenso das pracht volle niederländische Stilleben Nr. 78 oder das in Ausdruck höchst charakteristische kleine französische Porträt eines Ratsherrn Nr. 73. Für das als Largilliere bezeichnete Damenbildnis möchte ich, was die Pro venienz betrifft, meine Hand nicht ins Feuer legen, ich habe aber authentische Largillieres gesehen, die weniger gut gemalt waren. Von Paudiß ist ein aus gezeichneter Mönchskopf da; dieser Rembrandt-Schüler hat ja gelegentlich Stücke geliefert, die denen seines Meisters ebenbürtig waren (Kenner der Wiener Samm lungen werden sich da an das unerhört schöne Stilleben in der Kollektion Miller von Aichholz erinnern). Ein figurenreiches, dem Tiepolo zugeschriebenes Bildchen ist gleichfalls außerordentlich. Wenn Amerling, wie das heute die meisten tun, auf Namen ausgegangen und nur die zu seiner Zeit berühmten Meister ge sammelt hätte, würde er gewiß keines von all den zuerst genannten hervorragenden Kunstwerken gekauft haben, auch den großen, damals kaum gekannten und gar nicht geschätzten Magnasco nicht, der eine Entdeckung der letzten Jahre ist, und um den sich bereits ein undurchdringlicher Händlerring gebildet hat. Von Stücken, die gerade heute besonders inter essieren, nennen wir noch eine byzantinische Miniaturmalerei (süditalienisch oder orientalisch?) im Elfenbeinrahmen aus der Zeit (vermutlich 13. oder 14. Jahrhundert); die zwei herrlichen Rötelstudien von Greuze und eine nette kleine Zeichnung von Pettenkofen; auch unter den Bildern von Amerling selbst ist vieles besonders Vorzügliche; darunter die leicht zu übersehende winzige Landschaftsstudie Nr. 4, ein ungemein, reizvolles Bildchen. Die große Figur, nach Amerlingscher Angabe selbst als unvollendetes Bildnis der Wolter als Hermione bezeichnet, ist wohl nur eine Modellstudie für ein solches geplantes Bild. Der Kopf ist deutlich der eines Ameriingschen Modells; er findet sich auch auf einigen anderen Studien und zeigt keine Spur von Ähnlichkeit mit der großen Tragödin; übrigens ist das Gemälde von prächtiger Wirkung. Zum Schönsten gehört dann noch das Porträt eines vorläufig leider nicht zu eruieren den Schriftstellers mit reichem dunkeln Lockenhaar und rötlichem Spitzbart, zwei Selbstbildnisse und so noch verschiedenes andere.