Internationale ^ammler^eifuitg Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. Herausgeber: Norbert Ehrlich. 9. Jahrgang. Wien, 1. Juni 1917. Nr. 11. Zwei Künstlernachlässe, Der Zufall will es, daß die Nachlässe zweier Künstler, deren Wiege im Schwabenlande stand, am 14. Juni in der Galerie Helbing in München vereint zum Verkaufe auf dem Wege der Ver steigerung gelangen. War ihr Schaffensgebiet auch getrennt, so hatten sie doch eines miteinander gemein, sie nahmen es ernst mit der Kunst. Ehrlich und eingehend behandelten sic die Studien zu ihren Kompositionen und diese wieder bildeten die Bausteine zu jenen Werken, die ihnen Ansehen, Ehre und ein Gedenken für alle Zeiten sichern. Professor Louis Brauns Stärke lag auf dem Gebiete der militärischen Darstellungen, er griff zurück auf Gustav Adolf, den großen Welteroberer Napo leon und vermittelte uns den Übergang bis zur großen Zeit von 1870 und der Gründung des Deutschen Reiches. Wie sehr er dieses Gebiet beherrschte, beweisen die großen Schöpfungen „König Gustav Adolfs Gebet vor der Schlacht bei Lützen", „Napoleons Rückzug durch die brennende Stadt Leipzig“ und die ver schiedensten Episoden des Krieges 1870/71, die wie derum in den monumentalen Schöpfungen seiner Panoramen den Höhepunkt erreichen. Die Einzcln- studien zu seinen Bildern, die uns Soldat und Pferd der verschiedensten Waffengattungen in wohl stu dierten Bewegungen zeigen, bergen soviel Natürliches, daß man sie als Bilder ansprechen kann. Ein Erholungs bedürfnis scheint es dem Künstler gewesen zu sein, aus dem Schlachtengetümmel herauszutreten und Land und Leute des Bayern- und Schwabenlandes zu schildern. Es möge hier auf den „Leonhardi- ritt in Fischausen“, den „Schützenkönig", „Dorf linde“, „Hopfenernte“ und vieles andere hinge wiesen werden, das seine Meisterhand geschaffen hat. Professor Albert Käppis hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Natur zu belauschen und in ihren ver schiedenen Stimmungen wiederzugeben, eine Aufgabe, die um so schwieriger zu lösen war, je mehr sie durch die Einfachheit der Technik der Natur nahekam. Einen Teil der Unterlagen zu diesem Können holte sich der Künstler aus dem Paradiese der Landschaft und Stimmungsmalerei, aus Barbizon, wo er gleich vielen seiner deutschen Kollegen die Lehren der Barbi- zoner in sich aufnahm und mit zähem Fleiß die wechsel reiche Stimmung der Natur Barbizons meistern lernte. Seine „Schafschur“ mit den tonigen Detail- studien, seine „Dreschmaschine“, die „Piazza d’Erbe“, der „Hühnerhof“ und vieles andere beweisen dies. Das schwäbische und bayerische Meer in vollem Sonnen glanz oder von leicht mit Wassernebeln durchschwän- gerter Luft und die ihrem Berufe auf dem Wasser nachgehende Bevölkerung, sie lieferten ihm reiches Material zu jenen Bildern und Studien, die ebenfalls zeigen, daß Käppis Können sich auf die verschiedensten Gebiete erstreckte und, daß er nie auf halbem Wege stehen blieb. Es würde hier zu weit führen, aller Ar beiten der beiden Künstler Erwähnung zu tun; die Ausstellung der Nachlässe, die in den Tagen vom 11. bis 13. Juni in der Galerie Helbing stattfindet, wird den Kunstfreunden die Möglichkeit geben, deren Schaffen zu überschauen. Der mit 20 Tafeln in Kupfertiefdruck ausgestattete Ka talog ist durch die Firma Hugo Helbing in München, Wagmüllerstraße 15, zum Preise von M 3'— zu beziehen. Eine antike japanische Stehuhr. Auf dem Wiener Markt ist eine antike j apanische Stehuhr aufgetaucht, die von zwei Gesichtspunkten aus sehr interessant ist, und zwar von dem. der Zeitein teilung und dem des architektonischen Aufbaues. Die Uhr hat nämlich noch die altasiatische oder Tem- poral-Zeiteinteilung, bei welcher die Tageszeitrechnung mit dem Sonnenaufgang beginnt und mit Sonnen untergang endet, die Nachtzeitrechnung mit Sonnen untergang einsetzt und bis Sonnenaufgang währt. Infolge dieser Zeiteinteilung ändert sich selbstver ständlich die Stundenlänge mit der geänderten Jahres zeit, bei Tag und bei Nacht in entgegengesetztem Sinne. Aus diesem Grunde besitzt die Uhr zwei selbständige Zeitregulatoren, deren eire für den Tag, die andere für die Nacht bestimmt ist und die sich gegenseitig ablösen. Die Zeitspanne vom Morgen bis zum Abend