Nr. 19 Internationale Sammler- Zeitung Seite 157 ■erscheint Petrus, dem Luther seine — spöttisch geschilderten — Verdienste rühmt. Allein er kommt damit schlecht an, Petrus schilt ihn gehörig aus, und auch der von ihm herbei gerufene Moses beschwert sich bitter über Luther. Kaum, ■daß dieser ein wenig verschnauft hat, so tritt eine Reihe heiliger Schriftsteller auf, um ihm die Verfälschung ihrer Werke vorzuwerfen, der Bücher Daniel, Esther, Tobias, Judith, Weisheit, Prediger, Makkabäus, Baruch. Selbst Paulus, ■der zufällig dazu kommt und an den sich Luthers Hoffnung klammert, weil er dessen Lehre immer verfochten, weist den ihm zu Füßen Fallenden wegen Verkehrung seiner Aussprüche schroff ab; und so stößt Luther überall nur auf Ablehnung. Er hofft nun auf die Fürbitte seiner Anhänger, aber von denen findet sich keiner im Himmel, und Petrus erklärt, selbst wenn er ihn hineinlassen wollte, so würde doch keine Ordnung der Ausgewählten Luther unter sich dulden. Da demütigt sich dieser so weit, daß er fleht, ob er nicht — wohl im Hinblick auf das Tierparadies — bei den Tieren Unterschlupf finden dürfe. Petrus lacht darauf, schließt ihm aber doch den Himmel zu und verweist ihn in seinen mohammedanischen Himmel. Darauf erblickt Luther einen feurigen Wagen mit dem ihm wohlbekannten Teufel als Kutscher, der soll ihn in den Tier himmel führen, setzt ihn aber in der Hölle ab, wo ein besonderes Gemach für ihn gebaut wird. Dort hat er dann jeden Ankömm ling nach Namen und Glauben zu fragen, aber statt des Trink geldes bekommt er Maulschellen, weil er den LTntergang seiner Gläubiger verschuldet. Wie man sieht, handelt es sich um ein Erzeugnis, dem es bei aller Plumpheit nicht an Geschick und an Laune fehlt; und wenn der Verfasser stellenweise in bedenkliche Tiefen hinabsteigt, so erhebt er sich doch im ganzen über das Niveau des meist sehr rohen konfessionellen Federkrieges jener Zeit. Der Höllenbrief war wohl zur Veröffentlichung bestimmt, ein Druck aber ist nicht aufzufinden gewesen; und welch besondere Anlässe den Verfasser zu seiner Niederschrift bewogen haben, bleibt unklar. Jedenfalls bereichert dieser sonderbare Höllenbrief die eigentümliche Schriftgattung der Himmels- und Höllenbriefe. Die ersteren sind uralt; sie be ginnen mit dem Himmelsbricfc im altägyptischen Totenbuche etwa 3500 vor Christus und reichen bis zur jüngsten Gegen wart. Die Höllenbriefe sind weniger zahlreich, doch haben sich auch die Protestanten in ihrer Polemik dieser Form bedient, und Luther selbst hat außer seinem Himmelsbrief höchst wahrscheinlich auch den Brief „Beelzebub an die Heilige päpstliche Kirche" (1537) verfaßt. Nun mußte er selbst aus Himmel und Hölle reden. Chronik. Bibliophilie. (Der Bibliophile Heber.) Mit bezug auf die Anfrage in Nr. 16/17 der „Internationalen Sammler-Zeitung“ schreibt uns Herr Dr. Ignatz Schwarz (Wien): „Richard Heber (lies Hiber) ist ein englischer Bibliophile und Bibliomane, ■der eine kolossale Büchersammlung aus allen Gebieten sein eigen nannte. Seine Bibliothek barg die größten Seltenheiten. Ein großer Teil der Sammlung wurde in den Jahren 1834 bisl837 in 13 Abteilungen bei Sothebyin London versteigert. Ein anderer Teil, der sich in Holland befand, wurde iin Jahre 1835 in Gent, ein dritter, in Paris befindlicher Teil dort im Jahre 1836 zur Versteigerung gebracht.“ (Berliner Königliche Bibliothek.) Der Verein dc r Freunde der Königlichen Bibliothek zu Berlin hat der König” ■liehen Bibliothek außer zwei Pergamentblättern, die Frag mente aus dem Wigalois enthalten, noch zwei wertvolle Stücke überweisen können. Ein rheinisches Graduale aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts konnte ebenfalls der Königlichen Bibliothek zugewendet werden, indem die Hälfte der Kosten aus Vereinsmitteln bestritten wurde, während die andere Hälfte einige Vereinsmitglieder aus eigenen Mitteln auf brachten. Endlich wurde der Königlichen Bibliothek zur Er werbung der „Maps illustrating early discovery and explo- ration in America 1502 1530“ ein Betrag von M 1500 zur Verfügung gestellt. Es wurde noch bekanntgegeben, daß vor kurzem von dem Verein der Königlichen Bibliothek zwei arabische Handschriften gestiftet worden sind, von denen die eine aus dem 18. Jahrhundert, die andere aus dem 16. Jahr hundert stammt. Namentlich die letztere ist von der Hand ■eines berühmten Kalligraphen sehr schön geschrieben, mit reichem Buchschmuck geziert und mit einem feinen, reich ornamentierten Einbande versehen. (Hessis che Landesbibliothek.) Der hessischen Land es- bibliothek in Kassel ist eine reiche Schenkung zuteil ge worden. Ein kunstsinniger Mitbürger, Fiorino mit Namen, hat ihr einen sehr wertvollen Teil seiner bedeutenden Samm lungen überwiesen. Darunter befinden sich viele Urkunden hessischer Herkunft von Landgraf Philipp dem Großmütigen an bis in die neuere und neueste Zeit, auch zahlreiche Zunft briefe, dazu eine stattliche Siegelsammlung. Keinen kleinen Wert beanspruchen die Briefe und Autographen, von denen nur neun Briefe von Hoffmann von Fallersleben, acht Briefe von Geibel, 18 von Spohr, vor allem aber 65 Briefe und Auf zeichnungen der Brüder Grimm und 34 Briefe von Moses Mendelssohn genannt werden sollen. Bilder. (Ein neuer Filippo Lippi.) Wie die letzte Nummer des römischen „Bollatino d’Arto" meldet, ist in Corneto ein bisher unbekanntes Werk Filippo Lippis, des berühmten Meisters der italienischen Malschule des 15. Jahrhunderts, aufgefunden worden. Das vorzüglich erhaltene Bild stellt die Jungfrau Maria dar, die das Jesuskind in den Armen hält. An Kraft der Zeichnung, freier Schönheit der Komposition und Harmonie der Bewegung stellt sich das Gemälde den besten Werken des Meisters ebenbürtig zur Seite. Es ist dem städtischen Museum von Corneto überwiesen worden, das sich, in den Kreisen der Kunstfreunde wegen seiner reichen Sammlung etruskischer Kunst großen Ansehens erfreut. (Gemäldefund in Lübeck.) Im Museum der St. Annen- straße in Lübeck wurde ein interessanter Fund gemacht. Als Hauptschatz prangte im Remter der berühmte Lukas altar des größten Meisters der Lübecker Malerei, Hermann Rode. Ein Nachteil war nur, daß im Gegensatz zu den schönen Altarflügeln das Sattelgemälde, die Predella, schlecht gemalt war. Sie stammt aus dem Jahre 1662 und enthält Darstellungen nach den Radierungen Rembrandts. Der Aufseher des Museums entdeckte nun, daß hinter dieser Tafel aus dem Jahre 1662 sich eine andere befand, die von Meister Rodes Hand stammt. Die neue Predella war auf die alte mit Nägeln befestigt worden. Als man die alte Predella vorsichtig gereinigt hatte, kam ein schönes Bild des Meisters zum Vorschein, das in den email artigen Farben, im Vorwurf und Ausdruck organisch mit den Lukasbildern des Altars zusammenstimmt. Es sind fünf Figuren: in der Mitte der leidende Christus, rechts und links von ihm je zwei Kirchenväter.