Nr. 14
Internationale Sammler - Zeitung
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und Riniucus, fast lauter Abschriften aus Handschriften;
seine bio- und bibliographischen Notizen; endlich seine son
stigen Handschrifteixkollationen (zum Beispiel zu Vitruv),
seine wissenschaftliche Korrespondenz usw. Aus seiner reichen
Büchersammlung hat er der Bibliothek ferner die höchst
seltene vollständige _Ausgabe Poggii Epistolae ed. Thomas
de Tonells, 3 Bände, Florentiae 1832—1861, bestimmt und von
seinen übrigen Büchern „diejenigen, die die Bibliothek nicht
besitzt". Die Auswahl hat, dem „Zentralblatt für Bibliotheks
wesen" zufolge, eine schöne Ergänzung der Bibliothek ergeben;
nicht -weniger als 22 Inkunabeln/ 45 Bände des 16. Jahr
hunderts und über 500 aus späterer Zeit, darunter viele kleine
Schriften zur Literatur der Renaissance, auch zahlreiche der
Bibliothek noch fehlende Universitäts- und Schulschriften.
(Eine Bücherei für Bulgarien.) Mitglieder des ältesten
Balkanvereins Deutschlands „Dubvid" haben mehr als M 100.000
für den Ankauf einer Bücherei bestimmt, die man demnächst
dem König von Bulgarien für die Akademie der Wissenschaften
in Sofia zur Verfügung stellen wird. Diese Bibliothek enthält
wertvolle slawistische Werke aus den Nachlässen des Grazer
Professors Dr. Strekelj und des Bibliophilen Gregor von
Smolka sowie wissenschaftliche Schriften, die den Lesern in
Bulgarien ein übersichtliches Bild von dem Hochstand der
deutschen Kultur geben sollen.
(Belgische Bibliographie.) Die belgische Biicher-
kunde liegt sehr im argen. Beweglich klagt hierüber im Jahr
buch 1916 der „Societe des Bibliophiles e.t Iconophiles beiges",
Brüssel, das auch während des Krieges sein Erscheinen fort
gesetzt hat, Eugene Bacha, der Leiter der „Association
des Archives, des Bibliothöques et des Musees de Belgique".
Ein Nachrichtenblatt der belgischen Neuveröffentlichungen,
die „Bibliographie de. Belgique" wird zwar seit 1875 vom
Cercle de lan librairie beige monatlich herausgegeben, doch
fehlt es diesem sonst sorglich zusammengestellten Reper
torium an dem alljährlichen Gesamtinhaltsverzeichnis. Wenn
man nach den Schriften eines bestimmten Verfassers sucht,
muß man alle die vierzig Bände, einen nach dem anderen,
durchstöbern. Auch keine Nachschlagewerke nach sachlichen
Kennworten gibt es. Die „Bibliographie nationale: Diction-
naire des ecrivains beiges et Catalogue de leurs publications“
könnte den Mangel ersetzen, aber es fehlt das Wichtigste,
das Generalsachregister. Im übrigen reicht das genannte
Dictionnaire nur bis zum Jahre 1880, so daß es gerade über
das Schaffen der zeitgenössischen Autoren keine Auskunft
gibt. Die Bearbeiter des Dictionnaire haben außerdem ver
absäumt in ihre Berichte aufzunehmen, was in den von
1830 bis 1880 erschienenen, etwa 500 belgischen Zeitschriften
an Aufsätzen und Besprechungen vorliegt. Die Anzahl dieser
Zeitschriften ist inzwischen auf nahezu 1200 gestiegen. Eine
Sonderbibliographie derselben, worin Erscheinungs- und Ein
stellungsjahr, der Name des Herausgebers, der vornehmsten
Mitarbeiter, des Verlegers, Veränderungen des Titels usw.
verbucht wären, besteht nicht. Und da auch in den belgischen
Periodiks jene die Ausnahme bilden, denen eine Inhaltsüber
sicht angefügt ist, bleibt es für die Nachwelt unendlich schwierig,
bestimmte Arbeiten und Forschungen in den belgischen
Zeitschriften aufzufinden und zu verfolgen. „Kurz und gut,
auf dem Gebiete der Bibliographie ist in Belgien noch fast
alles zu tun übrig“, schreibt E. Bacha. Er läßt es indessen
nicht bei diesen betrüblichen Feststellungen bewenden, sondern
geht selber tätig an die Besserung. Mitten während des Krieges
haben er und eine Schar wissenschaftlicher Mitarbeiter vor
erst mit einer Bestandsaufnahme der belgischen Zeitschriften
begonnen. In dieser „Collection des Tableau de Revues beiges"
sind bisher etwa 20 Hefte erschienen, die bei G. van Oest,
Brüssel verlegt sind.
(Eine chinesische Enzyklopädie.) Der London
Library wurde kürzlich ein Buch von größtem Seltenheits
wert zum Geschenk gemacht: Ein Band der großen chinesischen
Enzyklopädie, Jung Lo Ta Tien genannt, des umfangreichst
angelegten Werkes der Welt, das dem Kaiser Jung Lo,
dem hervorragendsten Vertreter der Mingdynastie, seine
Entstehung verdankt. Von diesem chinesichesn Herrscher
wurde eine Kommission mit der Aufgabe betraut, alles zu
sammenzufassen, was jemals über Geschichte, Philosophie
und Literatur geschrieben wurde. Diese Kommission hatte
aus einem Hauptstab von 28 Personen und 2140 Hilfspersonen
bestanden und war durch fünf Jahre, von 1403 bis 1408, tätig.
Das Resultat bestand in einer Sammlung von 22.877 Kapiteln;-
da jedes dieser Kapitel durchschnittlich 40 Seiten stark war,
muß das ganze Werk, den Index mit inbegriffen, beinahe eine
Million Seiten umfaßt haben. Die Arbeit war für den Druck
bestimmt, aber der Kosten wegen kam es niemals zur Druck
legung. Nach dem Jahre 1408 sind zwei Abschriften des Werkes
entstanden. Eine davon wurde in Peking aufbewahrt; das
Original und die zweite Abschrift kamen nach Nanking und
gerieten beim Sturz der Mingdynastie im 17. Jahrhundert
in Verlust. Die in Peking verwahrte Abschrift blieb unver
sehrt bis zum Boxeraufstand des Jahres 1900 in der kaiser
lichen Akademie liegen. Bei einem Angriff Hang-li-Tschungs
auf die dem Gebäude der kaiserlichen Akademie benachbarte
englische Gesandtschaft geriet das Gebäude der Akademie
in Brand. Der Brand wurde damals vom Gesandschafts-
personal unterdrückt. Bei dieser Gelegenheit wurden 200 von
den 11.0000 Bänden der großen Enzyklopädie vor der Ver
nichtung bewahrt. Jeder Band ist 20 cm lang, 12 cm breit und
T / 2 cm stark. Wo sich alle 200 vom Flammentode geretteten
Bände befinden, ist gegenwärtig nicht bekannt. Zwei von
ihnen hat im Jahre 191.4 ein Londoner Buchhändler, ohne die.
Bedeutung des Werkes zu kennen; für billiges Geld erstanden.
An den beiden Büchern im Originaleinband aus dünnem Seiden
stoff ist noch die Beschädigung durch Feuer und Wasser
kenntlich. Eines der beiden Bücher wurde nun, wie die
„Times" meldet, der London Library, die noch fünf andere
Bände der großen chinesischen Enzyklopädie besitzt, zum
Geschenk gemacht.
Bilder.
(Ein Tizian in der Pfarrkirche in Holleschau?)
In der Beilage des Olmützers „Nasinec" vom 29. Juni ver
öffentlicht P. Kvasnicka einen Aufsatz, in dem er näch-
zuweisen sucht, daß in der „schwarzen Kapelle" der Pfarr
kirche in Holleschau in Mähren sich ein echter Tizian be
finde. Es ist dies ein kleineres Ölbild, darstellend den Ge
kreuzigten. Die Holleschauer Pfarrkirche wurde 1708 vom
Grafen Siegmund Rotal, dessen Geschlecht heute ausge-
storberi ist, erbaut und die „schwarze Kapelle“, ein Kleinod
der barocken Kunst, als Familiengruft der gräflichen Familie
bestimmt. Der Graf, ein großer Kunstfreund, beschäftigte eine
Reihe berühmter Künstler und stand auch mit Italien in innigen
Beziehungen. Kvasnicka nimmt nun an, daß der Graf kein
minderwertiges Bild für seine Gruftkapelle erworben hatte
und führt das Zeugnis eines Zeitgenossen des Grafen, Ignaz
Chambrez, an, der behauptet, daß das Bild von Tiziarplst.
Allerdings ist Wolny vorsichtiger, indem er in seiner kirch
lichen Topographie, III. S. 253, nur von einem „angeblichen"
Tizian spricht. Kvasnicka lenkt die Aufmerksamkeit der maß
gebenden kirchlichen Kreise auf jenes Gemälde und hofft,
der Wissenschaft werde es gelingen, in dem Bild einen echten
Tizian festzustellen.
(Ein unbekanntes Werk von Anton Graff.) Die
Städtische Kunstsammlung in Chemnitz erwarb aus Chem
nitzer Privatbesitz ein bisher unbekanntes Werk von Allton
Graff, das Bildnis des Hofrates Gottlieb Ludwig. Es ist
unbezeich.net, stammt aus dem Besitz von Nachkommen
Ludwigs, von denen es traditionell Graff zugeschrieben wird,
stellt sich aber auch nach Auffassung und Malerei als echter
Graff dar. Der Porträtierte, Hofrat Ludwig, war ein in wissen-