Internationale gammler-Zeifunß Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. Herausgeber: Norbert Ehrlich. 10. Jahrgang. Wien, 1. Oktober 1918. Nr. 18. Kleiderversclilfisse aller Arten und Zeiten. Von Dr. Paula Jahrzehnte kostümgeschichtlicher Forschung sind an dem verschlußtechnischen Teil des Gewandes, dem Knopf und seinen vielgestaltigen Vertretern, acht los vorübergegangen, haben seiner kaum erwähnt, bis ihm, mitten im Waffenlärm des zweiten Kriegsjahres, der Großindustrielle Heinrich Waldes in seinem Knopfmuseum in Prag-Wrschowitz eine Freistatt bot und damit ein Kulturinstitut begründete, dem namhafte Forscher Anerkennung nicht versagen. Zwar hat es auch an Skepsis nicht gefehlt, doch sic wurde zum Sporn, und so hat das Knopfmuseum, das dieser Tage der Prager Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, eine reiche Fülle von Schätzen zu zeigen. Und jedes einzelne Stück, so klein und scheinbar unbedeutend es sein mag, weiß uns die Geschichte seiner Kultur zu berichten, ist mit ein Ausdruck der selben und läßt uns fühlen, mit welchen feinen, unsicht baren Fäden wir Gegenwartsmenschen, die wir auf unsere Kultur so stolz sind, mit derjenigen unserer Altvorderen Zusammenhängen. Ob wir nun den Knochenpfriem der Pfahlbauzeit betrachten oder die Bein- und Bronzenadel prähistorischer und historischer Zeit, die Kahnfibel und die griechische Schlangenfibel oder die reichgestaltige römische Fibel der ausklin genden Kaiserzeit, als Rom die Welt beherrschte und mit ihr den Weltmarkt: allüberall finden wir Anklänge an unsere Epoche, von denen Jahrhunderte der Ent wicklung die Brücke bilden zu uns. Mahnt uns die Bronzcnadel an unseren primitivsten Kleiderverschluß, die Stecknadel, so ist die Vielgestaltigkeit der Fibel der direkte Vorläufer unserer Sicherheitsnadel, des mo dernen und stetig neuvariierten Kleiderverschluß mittels der Gegenwart. Und weiter durch die Jahr hunderte zurück oder aufwärts finden wir solche Anknüpfungspunkte. Und wo wüßte Frau Mode die nicht zu finden ? Parallel mit diesen eben genannten Verschlußmitteln läuft bereits die Entwicklung des Knopfes in Form des nietenförmigen Doppelknopfes und des als Würde abzeichen verwendeten Tutulus. Aber auch Aegypten kennt, neben den mannigfachen Schnurbindungen, den Knopf, wie ein von Forrer in Achmim-Panopolis ausgegrabenes Ärmelstück einer römisch-byzantinischen Tunika beweist. Wertvolle und interessante Formen von Silber und Metallarbeiten bilden die Wehrgehänge des 17. und 18. Jahrhunderts und ihre Verschlußmittel ebenso wie die reichen, mannigfaltigen Formen der Pluvial- Wahle (Prag). oder Priestermantelschließen und eine eigenartige Sammlung von Schuhschnallen. Neben diesen schimmert der matte Glanz des Perlmutterknopfes, der, geschnitten mit • Straß, Glas oder Metallauflage variiert, manch ein Galakleid des 18. Jahrhunderts ebenso schmückte wie die wundervollen, hohe Technik und Kunstfertigkeit verratenden gestickten und kunstvoll umsponnenen Knöpfe derselben Epoche. Nicht minder reizvoll und eigenartig sind die verschiedenen Kleiderverschlüsse und zugleich Schmuckmittel der reichen ungarischen Magnatentracht, die derselben Epoche angehören. Die selben eben namhaft gemachten Momente weiden auch an der Volkstracht geltend, die, aus der Mode des 18. Jahrhunderts hervorgegangen, den Knopf als Verschluß- und Schmuckmittel besonders betont und in der Nebeneinanderordnung dieser den verschie densten Volkstrachten angehörigen Verschlußformen eine vergleichende Völkerkunde in gegenständlicher Darstellung bietet. Das heraufziehende 19. Jahrhundert, kühler und nüchterner als die vorangehende Zeit, gefällt sich zum Beispiel in einer auffälligen Bevorzugung des Stahles, bis die Zeit der Freiheitskriege das bisher wenig be achtete Eisen an führende Stelle rückt, wie die reiz vollen Formen jener Epoche verraten, die zum erstenmal an die Opferfreudigkeit des Volkes unter der Losung „Gold gab ich für Eisen“ appellierte, eine Losung, die später in den siebziger Jahren und in den ersten Jahren des gegenwärtigen Krieges erneut wieder auijebte. Ebenso hinterließ auch die pompöse und farbenfreu dige Zeit des Empire in den Kleiderverschlußmitteln ihre Spuren, wie eine Reihe von wunderschönen Spangen auf blauem Emailgrund mit Bronzeauflage beweisen. Eigenartiges in Technik und Durchführung zeigen auch die Zunft- und Jagdschließcn, während die für die Damenmode der dreißiger bis fünfziger Jahre so charak teristischen Gürtelschließen schon das Fabriksmäßige ihrer Entstehung verraten, obzwar uns auch hier noch genug des Schönen und Eigenartigen begegnet. Je weiter das neunzehnte Jahrhundert vorwärts schreitet, um so schablonenmäßigcr erscheinen uns heute, rückschauend betrachtet, seine Erzeugnisse. Waren früher Form und Materiäl durcheinander geadelt, gehoben worden, so wird jetzt gerade nach dieser Richtung hin viel gesündigt. Ersatzmatcrialien-Schema- formen, bis zu Ende der neunziger Jahre jene Bewegung einsetzt, die wir heute schlechtweg als Reform des Kunstgewerbes bezeichnen und die auch die in das