Seite 166 Internationale Sammler-Zeitung Nr. 19 Verschiedenes. (Josef von Karabacek.) Der Tod des .bekannten Ägyptologen Hofrates Josef von Karabacek ruft dessen : große Verdienste um die Sicherung und Erschließung des inEl- Fajum gefundenen „Papyrus Erzherzog Rainej,“ ins Gedächtnis. Karabacek war es, der den Erzherzog Raif<jr auf den unermeßlichen Wert der Sammlung ägyptische!* Alter tümer aufmerksam machte, die der österreichische Kaufmann Graf in El-Fajum erworben hatte. Der Erzherzog brachte sie an sich, um sie der Hofbibliothek zu schenken und die Auf sehen erregenden Funde der Wissenschaft sowie der Allge meinheit überhaupt zugänglich zu machen. Der Inhalt dieser Papyri erstreckt sich auf alle nur möglichen Lebensgebiete: Heirats- und Scheid.ungsurkunden, Hausverkäufe, Miet- und Pachtverträge, Schuldscheine, Privatbriefe, Bankabrechnungen, Erlässe, Verwaltungsmaßnahmen, Novellen und Romane, Totenbücher, sonstige religiöse Urkunden, sowohl heidnische als auch christliche (wie zum Beispiel koptische Übersetzungen aus dem Alten und Neuen Testament), Ansätze zu musikalischen Noten und zur stenographischen Schrift, gelegentliche Notizen und Brouillons von Beamten usw. (Wichtiger Anzengruberfund.) Anton Bettelheim, der Wiener Literarhistoriker, hat jetzt unter alten Zensur- und Soufflierbüchern ein Volksstück von Ludwig Anzengruber entdeckt. Es trägt den Titel „Ein Geschworener“, Bild aus dem Wiener Leben mit Gesang in drei Akten. Man glaubte bisher, Anzengruber habe das Stück verbrannt. Ge schrieben hat es der Dichter in der Zeit vom 1. bis 28. Okto ber 1876. Es war seine beste Zeit: im Jahre vorher war der „Gewissenswurm“ und der „Doppelselbstmord“ entstanden, und 1876 schrieb er den Roman „Der Schandfleck“. Das neu entdeckte Stück enthält Rollen für Schweighofer, Holzgärtner und für den jungen Girardi. Um ein kleines hätte also noch der alte Girardi die für ihn bestimmte Rolle nach 40 Jahren bei der Vorstellung, die zugunsten des Schriftstellervereines „Concordia“ stattfinden soll, spielen können. (Ein Lutherrelief in Breslau.) Ein Lutherrelief wird am kommenden Reformationstag, 30. Oktober, über dem seitlichen Südportal der Breslauer Barbarakirche angebracht werden. Der Entwurf zu dem in Eisen gegossenen Bildwerk, das in einem halbkreisförmigen Rahmen den Kopf des Refor mators und darunter die Jahreszahlen 1517 und 1917 aufweist, stammt von dem Breslauer Bildhauer Robert Bednorz, der mit der Ausführung des Modells auf Grund eines engeren Wettbewerbs mit zwei anderen Breslauer Künstlern von der Gemeinde beauftragt worden ist. (Kunst und Künstler am ägyptischen Königshof zu Teii-el-Amarna.) Einer seltsamen Epoche altägyptischer Kunst und Religion kamen die von Prof. Borchard.t geleiteten Ausgrabungen der deutschen Orientgesellschaft in den letzten Jahren vor Kriegsausbruch auf die Spur. Hieroglyphentäfel chen, Reliefs, Plastiken aus der alten Königsstadt Tell-el- Amarna (zwischen Kairo und Lucksor gelegen) machen uns mit dem jugendlichen Herrscher Amenophis IV., mit seiner Familie und seiner überraschenden Reform in Kunst und Religion der Jahre 1375 bis 1350 vor Christus bekannt. Wie keine Epoche ägyptischer Kunst vorher und nachher steht diese kurze Spanne unserm heutigen Empfinden nahe. Ameno phis, ein intelligenter, aber kränklicher junger König, verläßt die väterliche Residenz, die alte Königsstadt Theben, mit seinem ganzen Gefolge. Er gründet viele Meilen weiter an den Ufern des Flusses eine neue Stadt, mit auserlesenem Geschmack, mit feinem orientalischen Komfort, aber ein völlig neuer Geist waltet darinnen. An Stelle der in dunklen triebhaften An schauungen von seinen Vorfahren verehrten unsichtbaren Mächte und Tiersymbole tritt ein einziger Gott: die Sonne, Nicht in engen Tempeln, nicht an phantastischen Bildnissen und Altären dient der junge Herrscher seinem Gott, sondern in der freien Natur. Die Sonnenscheibe mit langen, in segnende Hände ausmündenden Strahlen, das ist das Symbol der neuen Staatsreligion. Das Suchen nach Wahrhaftigkeit, das aus der für jene Zeit ketzerischen monotheistischen Religion spricht, führt auch zu einer völlig neuen Darstellung in der Kunst, zu neuen Formen und einer neuen Technik. Die stilisierte Linie wird von der natürlichen verdrängt. Die starre Aus- druckslosigkeit der Körper und Gesichter muß einer belebten, seelisch durchgearbeiteten Plastik weichen. Wie nie vorher bietet das Leben im Königshaus mit allen intimen Reizen des Familienlebens, der Geselligkeit und des Religionskultes dem Künstler reizvollen Stoff zur Nachbildung. Im Atelier eines Bildhauers mit Namen Tutmosis wurden Reliefs und Statuen der Königsfamilie und privater Personen gefunden, die jene Wesen einer längst verwehten Epoche unserm Denken und Empfinden merkwürdig nahe bringen, die ihr Leben, ihre Kunst und ihre seelischen Probleme unserer Zeit verwandt erscheinen lassen. Nur 25 Jahre währte diese seltsame Blüte. Mit dem jungen Herrscher starb ihr Lebensnerv. Die Reaktion setzte ein, Tell-el-Amarna wurde verlassen, die Königsstadt zerfiel und der Wüstensand deckte die kurze Schöpferzeit samt all ihren Kräften und Problemen wieder zu. (Eine dauernde Ausstellung von Spitzen) ist im Knochenhaueramthaus in Hildesheim eröffnet worden. Die Hildesheimer Spitzenindustrie ist ganz jung und auf dem Wege, eigene Hildesheimer Muster herauszuarbeiten. Museen. (Der neue Direktor des Goethe-Museums.) Aus Weimar wird uns berichtet: Dr. Hans Wahl wurde zum Direktor des Goethe-Nationalmuseums berufen. Doktor Wahl, der bisher als Mitarbeiter am Goethe-Schiller-Archiv in Weimar tätig war, steht im 34. Lebensjahr. Er hat unter an derem den Briefwechsel Carl Augusts mit Goethe, ferner ver schiedene Arbeiten über den Prinzen Louis Ferdinand, eine Geschichte des „Deutschen Merkur“ herausgegeben. (Das Aland-Museum abgebrannt.) Die Gruppe der Alandinseln ist von einem schweren Verluste betroffen worden: das Museum von Mariehamn ist durch eine Feuersbrunst vernichtet worden. Die Sammlung war zwar nicht besonders umfangreich, aber kulturgeschichtlich doch recht wichtig, und zwar für Finnland und Schweden in gleicher Weise. Namentlich für das Band, das vormals die Alandinseln mit dem „Lande im Westen“ verknüpfte, enthielt es wertvolle Belege. Wie das Feuer entstanden ist, weiß man nicht; als es entdeckt wurde, war es zum Löschen zu spät, denn das Mu seum liegt außerhalb des kleinen Hauptörtchens der Insel gruppe. Wie es heißt, ist von dem Bestände der Sammlung nicht ein einziges Stück gerettet worden. Vom Kunstmarkt. (Max Kurzweils künstlerischer Nachlaß.) Am 16, Oktober findet bei C. J. Wawra in Wien die Versteigerung des künstlerischen Nachlasses des Malers Max Kurzweil statt. Dem Katalog spendete Karl Moll ein Vorwort, in dem er die künstlerische Eigenart Kurzweils treffend charakteri siert. Moll schreibt :„ So wie wir von Kurzweil nie ein banales oder brutales Wort hörten, nie eine brutale Handlung sahen, so sehen wir in seinem Werke nur Vornehmheit. Das rasche Zu greifen war ihm nicht gegeben, er hat sich langsam, zögernd entwickelt; dazu litt er, woran wir alle leiden, an der Wiener Malschule, dieser Schule ohne Handwerk, ohne Impulse. Im 18. Jahrhunderte — als Frankreichs Kunst die herrlichsten Blüten trieb, waren wir noch ganz von Italien beherrscht, und das 19. Jahrhundert begann ohne jede Tradition. Ver blüffend setzt da, aus dem Nichts hervorspringend, eine boden ständige bürgerliche Kunst ein und beschert uns gleich einen fertigen großen Meister, Ferdinand Georg Waldmüller. Man