Seite 50 Internationale Sammler-Zeitung Nr. 7 liegen, darf dieser Teil der Sammlung als der Kern, um den alles andere sich gruppiert, bezeichnet werden. Von den Ölgemälden, die mehr oder weniger dekorativen Zwecken der Raumausstattung dienten, sei ein kleines Bildchen von dem älteren Lukas Cr an ach erwähnt, das das Schlangenzeichen des Meisters in der rechten Ecke trägt, sowie das bekannte Werk von Arthur Kampf, „Der Schützenkönig“, das entwicklungs geschichtlich interessant ist, insofern es den Ruf des Künstlers dadurch zu begründen verhalt, daß Kampf dafür die goldene Medaille erhielt. Nicht allein die Fülle und Güte der Sammelgegen stände spricht von dem künstlerischen Sinn Di. Wange manns; vielleicht, bemerkt Dr. Lüthgen, gibt die Tat sache ein noch, beredteres Zeugnis von der reinen Ge sinnung des Sammlers, daß er in einer Zeit, in der na mentlich in rheinischen Sammelkreisen noch vielfach das „Verschönern“ der Werke durch „Restaurieren" üblich war, es durchaus ablehnte, irgend eine nach trägliche Formveränderung vorzunehmen. Als Kunst kenner besaß Dr. Wangemann das Gefühl der Achtung vor dem tatsächlich Erhaltenen. Daß er alles in der ursprünglichen Gestalt erhielt, mehrt zweifellos die Be deutung dieser umfassenden Sammlung rheinischen Kunstgewerbes. Zuletzt sei ein bedeutendes Werk der gotischen Altarbildnerei genannt, ein geschnitzter, polychromier- ter Brüsseler Altar mit gemalten Flügeln. Er stammt zwar nicht aus dem Besitz Dr. Wangemanns, sondern aus dem Nachlaß des Fräulein Müller in Montjoie. Fiüher gehörte er dem Kanonikus Hoff in Köln. Dar gestellt sind in der der belgischen Altarbildnerei eigenen Art in nischenartigen Einzelfeldern drei Szenen aus dem Leben Marias: die Verkündigung, die Geburt Christi und die Darstellung im Tempel. Und in dem stark überhöhten Mittelfelde über dem Dache des Stalles mit der Darstellung der Geburt naht sich in phantastisch reicher Landschaft der Zug der Drei Könige; darüber schwebt Gottvater mit zwei Engeln. @©8©©Ss§)©8© '©8@©t^>)©8€D©8© ©8©©8@(s&&2) © Johann Schwerdtner. Der Altmeister der Wiener Graveure und Medailleure, Mit Johann Schwerdtner, der am 15. März 1920 86jährig verschied, ist der Altmeister der Graveure und Medailleure Wiens dahingegangen. Überschaut man dieses reiche Leben, das nun abgeschlossen vor uns liegt, so denkt man unwillkürlich an jene gute, alte Zeit, da nicht selten Künstler und Handwerksmann in einer lebensfrohen Person vereinigt waren, die auch ihre Mußestunden mit köstlichem Inhalt füllte. Schwerdtner war nichts fremd, was dem Leben einen höheren Wert zu geben vermag: er dichtete und sang, war ein treff licher Rezitator und oblag mit einem Eifer dem Sam meln, als wenn er keinen anderen Beruf gehabt hätte, an dem er mit großer Liebe hing und in dem er es den Besten aller Zeiten gleichtun wollte. Aus seinem partriarchalisc.hen Atelier, das er seit 1864 durch mehr als ein halbes Jahrhundert in demselben alten Hause in der Mariahilfer Straße innehatte, sind zahllose Arbeiten hervorgegangen, vom gravierten „Petschierstöckl“ an gefangen bis zum kunstreich gravierten und ziselierten Prunkstück für die Kirche oder für die Tafel. Durch Wiedererweckung alter, längst vergessener Techniken, durch Neueinführung manches wichtigen Verfahrens hat er das künstlerische Niveau des Wiener Graveur gewerbes gehoben, wofür ihn denn auch die Genossen schaft der Graveure zu ihrem ersten Vorsteher und später zum Ehrenvorsteher erwählte. Der Medaille hat Schwerdtner frühzeitig seine Aufmerksamkeit zuge wandt. An den besten Vorbildern geschult, schuf er wohl in die hunderte kleiner plastischer Kunstwerke. Als. seine gelungensten Arbeiten auf diesem Gebiete be- zeichnete er die Gedenkmedaille auf den Tod der Tra gödin Charlotte Wolter und die Medaille für König Ferdinand von Bulgarien; die Reihe läßt sich aber bedeutend erweitern. Wir nennen nur die Medaillen auf die Burgschauspieler Sonnenthal, Krastel, Emerich Robert und die Hohenfels, König Alexander von Serbien, Viktor Silbcrer, die „Österreichische Volkszeitung“ und last, not least, die auf sich selbst, die er seinen Gönnern und Freunden aus Anlaß seines 70. Geburtstages be scherte. Der Avers zeigt Schwerdtner an seinem Arbeits tisch, der Revers enthält auf einer Tafel, die vom Genius des Lichtes gehalten wird, die wichtigsten Lebensdaten des Künstlers. Den Anlaß hatte übrigens der hochbegabte, seinem Vater im Tode vorangegangene Sohn, der Bildhauer Karl Maria Schwerdtner, nicht vorübergehen lassen, ohne seinen Vater durch eine für ihn geprägte Medaille zu erfreuen. Auf der Vorderseite Schwerdtners gut getroffenes Bild en face, auf der Rückseite die Dedikation: „Zum 70. Geburtstage ge widmet von seinen Söhnen, 14. Juli 1904." Gedenkt man der Medaillenarbeiten Schwerdtners, so darf man auch der vielen Gelegenheitsmünzen nicht vergessen, die er anläßlich der Sängerfahrten des Wiener Männer gesangvereines schuf. Bis in das hohe Alter hinauf hat er an allen Reisen des Vereines teilgenommen und kleine, reizende Medaillen füi die Gesangskollegen her gestellt, die ihnen sehr liebe Andenken wurden. Schon ein hoher Siebziger, hat er mit Hilfe von beitragsfreudi gen Berufsgenossen für das neugegründete Technolo gische Gewerbemuseum eine einzigartige Samm lung zusammengestellt, die ein lückenloses Bild von der Entwicklung der Graveur- und Medailleurkunst Wiens im 19. Jahrhundert gibt. Seine Privatsammlung an Medaillen — zirka 3000 Stück, darunter an 200 alt französische — hütete er wie einen Schatz; erst wenige Wochen vor seinem Tode vermochte sich der fast ganz Erblindete von ihr zu trennen. Sie ging in den Besitz des Wiener Bankiers Artur Kola über, der sich damit einen beneidenswerten Grundstock für eine Medaillen- sammlung schuf. Die Beschäftigung mit der Medaille hat Schwerdtner zum Studium und Sammeln von Siegeln und Siegel- abdrücken geführt. Er hat eine reiche, wie er oft beklagte, aber nicht vollständige Sammlung zustande gebracht, in der die schönsten Arbeiten der Renaissance, von Riehl in Augsburg, von Abraham Schwarz und seinen Söhnen, von Anton Hofmann, einem Schüler von Schwarz, nicht fehlen. Über die Sammlung hatSchwerdt- ner in unserem Blatte eingehend berichtet*, wie er denn auch wiederholt in der „Internationalen Sammler zeitung" ein sehr willkommener Gast war. Hier erschien auch sein viel beachteter Aufsatz „Gedanken über die Graveurkunst“ (Jahrg. 1913, Nr. 3), eine Mit teilung über einen interessanten Donaufund und anderes. * Über Siegel und Siegelabdrücke. Jahrgang 1 Nr. 6,