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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 18
1784) fl. 21-—, Musikmanuskript von seiner Hand,
]/ 2 Seite, Fclio, fl. 340, Schiller (eigenhändiger Brief,
1803) fl. 25- — , Fr. Schubert (Musikhandschrift,
mit unterlegtem Text, 5 Seiten, Folio) fl. 201 usw.
Es ist ft st sicher, daß eine Sammlung, deren Katalog
von dem bekannten Moriz Bermann verfaßt und von
dei Kunsthanulung Sigmund Bermann Witwe & Sohn
im April 1833 versteigert, aus der Nachlassenschaft
des im Jahre 1852 verstorbenen Gräffer stammt,
trotzdem der in einem grauenhaften Französisch ab
gefaßte Katalog den Vermerk „codigee par un amateur
allemand“ trägt. Auch dieser Katalog, von dem mir
kein mit Preisen versehenes Exemplar vorliegt, ent
hält ganz hervorragende Seltenheiten. Leider ist auch
dieser Katalog von einseitiger Flüchtigkeit, in den sel
tensten Fällen eine Inhaltsangabe oder Jahreszahl,
dafür die bei den großen Raritäten stereotyp wieder-
kehrende Phrase: „Autogmphe tres-rare, qui n’a ja-
mais paru da ns les ventes“. Da finden sich Autograpen
von Joh. Hus, Regiomontanus, Erasmus von
Rotterdam, Luther, Melanchthon, Georg Rüx-
ner, Wolfgang Schmelzl, Torquato Tasso,
Rembrandt, Joh. Seb. Bach, Mozart, Prehauser,
Voltaire, Beethoven, Goethe, Haydn, Schi
kaneder, Schiller und anderen. Hieran schließt
„ich eine Sammlung von „Piöces de musique de toutes
epoques entiereinent autographes“ mit Namen, wie
Bach, Beethoven, Donizetti, Fux, Haydn,
Leopold und W. A Mozart, N. Porpora, Schubert
und andere Während die erste Abteilung des Kata-
loges nur aus eigenhändigen Briefen oder Schriftstücken
besteht, enthält die zweite Abteilung nur eigenhändig
Unterzeichnete Stücke, darunter allerdings die größten
Seltenheiten, wie den berühmten Prediger Kapistran,
Bürgermeister Wolfgang Holzer, Hieronymus Bal
bus, den Wiener Maler und Radierer Augustin Hirsch
vogel, die berühmtesten Persönlichkeiten des Dreißig
jährigen Krieges, des 18 Jahrhunderts und der Neuziit.
Es ist nicht zu \ erkennen, daß diese ersten Versuche
auf dem Gebiete der Autographenauktionen gewiß auch
in Wien dazu beigetragen haben, das Interesse für
Autographen zu erwecken, zu fördern und wachzuhal
ten. In den vierziger bis sechziger Jahren des volleren
Jahrhunderts hat' Wien die größten Autoeraphen-
schätze beherbergt. Es sei hier nur an die großartigen
Musikautographeisammlungen Alcis Fuchs und Josef
Fischhof erinnert (beide wurden von der k. Bibliothek
in Berlin erworben), ferner an die 1881 in Paris ver
steigerte hervorragende Musiksammlung des Wiener
Komponisten Joh. Kaffka, die in ihrer Art einzige
Artariasche Musikmanuskripte usw. enthielt. Da
neben die große historische Sammlung des Landes
beamten G. A. Petter, sozusagen die Nährmutter
aller einschlägigen Kollektionen,, die Sammlung. Ra-
desey und viele andere. Auch die g.oße universelle
Sammlung Alexander Posonyis geht auf Erwerbungen
in drn sechziger Jahrei zurück.
Die , Sammlung „Alexander Posonyis, der für
Seine edle Leidenschaft alles, ein blühendes Kunst- und
Auktionsgeschäft, Haus und Vermögen geopfert hat,
gehörte-wohl zu den hervorragendsten Privatsamm
lungen dieser Art. Es dürfte wohl kaum einen Namen
der Weltgeschichte, geben, der, vorausgesetzt, daß
sein Träger des Schreibens kundig war, in seiner
Sammlung nicht vertreten gewesen wäre. Ist er doch
kurz vor seinem Tode eines schönen Tages plötzlich
verschwunden, um in Barcelona einem angeblichen
Brief von Columbus nachzujagen. Er kam zu spät,
ein Amerikaner ist ihm zuvorgekommen. Die schöne
Sammlung wurde nach dem Tode Posonyis von einem
Bonner Buchhändler en bloc erworben; eine Anzahl
von Katalogen gibt ein Bild von der Universalität
der Sammlung; die letzten Reste gelangten dann nach
Berlin, um in Versteigerungs- und Lagerkatalogen
verwertet zu werden.
Die letzten Lebens- und Sammeljahre Posonyis
führen mich auch in die Zeit, meiner praktischen Tätig
keit auf dem Gebiete des Autographenhandels zurück.
Es tauchten vrohl in Wiener Auktions- und Lager
katalogen der achtziger Jahre auch manchmal Auto
graphen auf, doch haben sich die damaligen Händler
wenig Mühe gegeben, dieselben nach wirklich wissen
schaftlichen Grundsätzen — denn nur die Wertung
nach diesen Gesichtspunkten bedeutet einen Gewinn
für die literarhistorische Forschung — zu bearbeiten.
Ich habe mich —• nach dem Muster der deutschen
und französischen Kataloge — bemüht, auf Grund
eingehender Forschungen Details aus den einzelnen
Stücken auszuschöpfen, und glaube ich, mir, ohne
unbescheiden zu sein, das Verdienst vindizieren zu
dürfen, durch Angabe von ausführlichen Auszügen
und anderen Einzelheiten auch der literargeschicht-
lichen Forschung so manchen Dienst geleistet zu haben.
Dafür sprechen die von mir für die Firma S. Kende
Ende der achtziger Jahre verfaßten Autographen
kataloge. Auch das Verdienst, die erste Autographen
versteigerung in Wien nach einer Pause von etwa
fünfzig Jahren angeregt zu haben, darf ich für mich
in Anspruch nehmen. Auf Grund des von mir verfaßten
Kataloges brachte die Firma Gilhofer Sc Ränschburg
— die meisten Auktions- und Lagerkataloge der Firma
in der Zeit von 1898 bis 1917 entstammen meiner Feder
— im Februar 1898 eine an hervorragenden Stücken
reiche Sammlung zur Versteigerung. In dieser Samm
lung war speziell Beethoven mit einer Serie
von äußerst interessanten, aus der Kollektion
Artaria stammenden Briefen an seinen Neffen Karl
(Preise K 352, 174), einem schönen Brief des Kompo
nisten Ries an Beethoven aus dem Jahre lHlü
(K 4L—), einer Anzahl von auf Beethoven bezüg
lichen Schriftstücken (K 77- —) vertreten. Von sonstigen
bedeutenden Persönlichkeiten waren in der Sammlung
vorhanden: Graf Benyovszky, der erste König von
Madagaskar, der berühmte Abenteurer aus dem Jahre
1774, Briefe von Brahms, ein ganz eigenhändiger
Brief von Karl V. (K 452), Lorenzo da Ponte, der
Librettist von Mozarts Don Juan (K 73’—), Geliert,
Gentz, eigenhändige Liebesbriefe an Fanny Elßler
(K 84'—), sechs Briefe von Goethe, Grillparzer,
Andreas Hofer, Melanchton, Leopold und W. A.
Mozart, Napoleon, Schiller, Schopenhauer,
Wagner, Ferdinand Raimund (K 120) und andere.
Im folgenden Jahre gelangte eine Sammlung mit Be
ständen aus den Kollektionen des schon genannten
Timoni und des Hofrates Karl Latour von Thurm
burg zur Versteigerung. Auch diese Sammlung zählte,
hauptsächlich in ihrer historischen Abteilung, eine
große Anzahl von bedeutenden Stücken, daneben eine
Reihe von hochinteressanten Briefen von Goethe,
Grillparzer, Hebbel, Schiller, Voltaire und
anderen, ein Musikmanuskript von Franz Schubert
(Kyrie, 1810) usw. Ebenso bedeutend war die im Jahre
1900 auf Grund meiner Expertise erworbene Auto
graphensammlung aus dem Besitze des Erzbischofs
Giuseppe Angelini und Gian Carlo Rossi (Rom),
deren wechselvolle Geschichte der bekannte Sammler
und Kenner Fischer von Röslerstamm in einem Auf
satz in der „Zeitschrift für Bücherfreunde" („Die
Odyssee einer Autographensammlung") beschrieben
hat, Eine Reihe von Versteigerungs- und Laererkatalogen
gibt Rechenschaft von der besonderen Wichtigkeit
dieser universellen Sammlung. An den zweiten Teil
dieser im Jahre 1901 zur Versteigerung gekommenen
Sammlung schloß sich eine nicht nach Berlin gelangte