Tnfcrnoffonalc Sammler^eifunj Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. Herausgeber: Norbert Ehrlich. 13. Jahrgang. Wien, 15. Jänner 1921. Nr. 2. Beethoven und die Sammler. Die Beethoven-Ausstellung, mit der die Stadt Wien den 150. Geburtstag des Tonheros feiert, der hier seine herrlichsten Werke geschaffen hat, offenbart, wie viel an Beethoven-Reliquien sich noch im Besitze von Sammlern befindet. Geht man an der Hand des treff lichen Katalogs, an dem alle Beamte der städtischen Sammlungen verdienstlich mitgewirkt, durch die vier Säle, die der ungemein sehenswerten Ausstellung ein geräumt sind, so staunt man ob der Fülle von Objekten, die aus Privatbesitz beigesteuert wurden. Das Ausland konnte sich aus den schon geschilderten Gründen * nur wenig an der Ausstellung beteiligen: immerhin sind einige hervorragende Sammler Deutschlands, allen voran der bekannte Musikgelehrte Professor Max Friedländer in Berlin, der Musikverlag Breitkopf & Härtel in Leipzig, bei dem von 1809 bis 1812 23Werke Beethovens erschienen, und der Berliner Musikverleger Robert Lienau mit wertvollen Dokumenten der Beethoven-Zeit vertreten. Der Löwenanteil fällt natür lich Wien zu, wo heute noch Nachkommen der Familie Beethovens selbst, nämlich Enkd des oft genannten „Neffen Karl“, namens Raoul Heimler, Franz Wei- dinger und Rechtsanwalt Dr. Hermann Weidinger, sowie solche von Persönlichkeiten leben, die zu dem Meister in Beziehungen gestanden. Dazu gehört nament lich Dr. Stefan Breuning, ein Enkel des gleichnamigen Jugendfreundes Beethovens, der von Bonn zu dauern dem Aufenthalte nach Wien kam und hier in den Staatsdienst trat. Die in Breunings Elternhaus in Bonn begonnenen Beziehungen zu Beethoven führten in Wien zu einer warmen, trotz vorübergehender Störungen festen Freundschaft, die Breuning in reger Anteilnahme an allem, was den Meister betraf, äußerte, wie er ihn auch bei einer Erkrankung pflegte und in der Todeskrankheit sich seiner annahm. Die Freunde wohnten eine Zeitlang zusammen, der Verkehr er streckte sich, als Breuning heiratete, auch auf die Familie und wurde besonders häufig, als Beethoven seine letzte Wohnung im Schwarzspanierhause bezog, in dessen nächster Nähe, im sogenannten Roten Hause, Breunings wohnten. Breuning hat auch das Textbuch des „Fidelio“ nach der ersten Aufführung im Jahre 1815 umgearbeitet und ließ bei dieser wie bei der erneuten Aufführung 1806 von ihm verfaßte Gedichte an Beet hoven im Theater verteilen. Beethoven widmete ihm das Violinkonzert op. 61. Stefan v. Breuning hat * Siehe den Artikel „Beethoven-Ausstellung in Wien“ in Nr. 24 vom 15. Dezember 1920. pietätvoll von Beethoven herrührende Erinnerungs gegenstände bewahrt und aus dem Nachlasse erstanden, die durch seinen Sohn Gerhard gehütet und vermehrt wurden, wie auch dessen Nachkommen sie als kost baren Besitz gehalten haben. Dr. Stefan Breuning hat vom Hausrat des Unsterblichen eine hölzerne, braun gebeizte Bücherstelle, ein zusammenklappbares Schreib pult, eine Schwarzwälderuhr sowie Briefe beigestellt, von den vielen Erinnerungen zu' schweigen, die sich auf seinen Vorfahr, den genannten Stefan v. Breuning, beziehen. Von Dr. Hermann Weidinger stammt eine kostbare Reliquie, Haare Beethovens, sowie ein Ge mälde des kurfürstlichen Hofmusikus Ludwig van Beethoven, des Großvaters des Tondichters; von Raoul Heimler ein Porträt des Meisters von Willibrord Joseph Mähler, der, von Beruf Beamter, die Malerei nur als Sport betrieb. Sehr viel ist aus dem Archiv des Kunstverlegers Dominik Artaria in die Ausstellung gewandert: so eine Ansicht des Geburtshauses Beet hovens in Bonn (Radierung von Hugo Ulbrich), Stiche von Riedel und Blasius Höfel, eine Lithographie nach Stiller von Kriehuber usw. Wehmut erfüllt einen beim Anblick des Stiches von Steinmüller, während dessen Ausführung Beethoven starb. Als Anspielung auf das Hinscheiden des Meisters wurde nun eine Lyra mit zerrissenen Saiten, von Lorbeer umwunden, auf das Blatt gesetzt. Der ausgezeichnete Beethoven-Forscher Doktor Theodor Frimmel hat von seinen Beethovenschätzen eine Photographie nach dem Ölgemälde von Ferdinand Schimon beigestellt, dessen Original sich im Beethoven- Hause zu Bonn befindet. Der Typus des Schimon- schen Porträts ist für eine Reihe von späteren Blättern und für einige Medaillen maßgebend geworden. Doktor August Hey mann, einer der hervorragendsten Vien- nensiasammler, hat eine Beethoven-Lithographie von Stephan Decker, bezeichnet Decker 1824, zwei Zeich nungendes sterbenden Beethoven von Josef Teltscher, Dr. Albert Figdor eine Pikanterie, das eigenhändige Dienstzeugnis Beethovens vom 17. März 1822 für Therese Kaufmann zur Verfügung gestellt, die „einen ganzen Monat“ als Stubenmädchen bei ihm bedienstet war. Der Professor der Musikgeschichte an der Wiener Universität, Hofrat Dr. Guido Adler, erscheint mit einem Notizblatt Beethovens, das die Abschrift einiger Gedichte aus „Herders Orientalischer Blumenlese“, darunter das 1819 vertonte „Die laute Klage“, enthält, weiters einen Brief Albrechtbergers an seinen Schüler Beethoven. Direktor Wilhelm Kux lieferte unter andern