Nr. 9 luter nationale Sammler-Zeitung Seite 97 Die zweite Sankt Lukas-VerSteigerung. Ermutigt durch den freundlichen Erfolg, der ihrer «ersten Auktion beschieden war, veranstaltet die «-Galerie Sankt Lukas in Wien noch knapp, vor Schluß der Saison eine zweite Kunstversteigerung. .Auch diesmal werden Sammler vieler Kategorien auf ihre Rechnung kommen, denn .die Auktion erstreckt sich auf Ölgemälde, Aquarelle, Miniaturen, Hand zeichnungen, Farbstiche, Holzschnitte, Antiquitäten aller Art, Porzellan, Kunstmobiliar und anderes. Für die Versteigerung sind zwei Tage in Aussicht ■genommen, und zwar der 11. und 12. Mai. Der Schau platz ist wieder der herrliche Altdeutsche Saal des Künstlerhauses, den sich die Galerie Sankt Lukas auch für ihre weitere Versteigerungen ge sichert hat. Der Katalog, der sich geschmackvoll präsentiert, ist mit großer Sorgfalt abgefaßt. Wohl war der Direktor der staatlichen Gemäldegalerie, Herr Dr. Gustav Glück, infolge Abwesenheit von Wien, daran verhindert, den Bilderteil zu redigieren, allein die wichtigeren Objekte sind von ihm begutachtet worden, so daß also der Käufer in bezug auf die Be stimmung beruhigt sein darf. Selbstverständlich fehlt auch im Katalog bei den von Dr. Glück expertisierten .Bildern nicht ein diesbezüglicher Vermerk. Den übrigen Inhalt des Kataloges deckt mit seinem , guten Namen der Direktor der Wilczekschen Sammlungen, Herr Alfred Walcher von Moltheim. Im ganzen kommen an vierhundert Nummern unter dem Hammer, wovon etwa ein Drittel auf die Bilder entfällt. Alte und moderne Meister wechseln ■ da in bester Auswahl. Unter den alten Meistern möchten wir in, erster Linie die prachtvolle „Jagdgesellschaft“ des Antwerpener Josse de Momper .hervorheben, der in den Dresdener Galerien besondere Pflegestättcn gefunden hat. Die Anmut des Niederländers Glaubers kann man an zwei reich staffierten Landschaften bewundern, die mit der Signatur des Künstlers ver sehen sind. Aus der Werkstatt Paolo Veroneses ■stammt ein Teilentwurf zu des Meisters großem Ge mälde „Das Gastmahl des Dogen“. Luca Giordano erscheint mit zwei flott durchgeführten Gemälden mythologischen Charakters: „Die Schmiede des Vulkan“ rmd. „Zwei-ringende Titanen“. Von Mürand gelangt eine feine Landschaft zur Versteigerung, die mit den Initialen des Künstlers. signiert und 1676 datiert ist. Die Boclenseeschule des 16. Jahrhunderts ist sehr gut durch ein „Heiliges Abendmahl“ vertreten, ein Bild, von dem eine Replik sich in der berühmten Sammlung Figdor in Wien befinden soll. Einen interessanten Künstler lernt man in Giacomo Francesco Cipper kennen, einem Deutschen, der im 18. Jahrhundert in Italien gewirkt hat. Für die deutsche Abkunft spricht nicht allein der Name, sondern auch das Motiv, das eines dieser Bilder behandelt. Es stellt nämlich Kinder in Zigeunertracht dar, die eine Martinsgans überbringen. Nach einer Aufzeichnung auf der Rück seite des Bildes sollen dies die Kinder des Künstlers sein, wie eine Inschrift auf dem anderen Bilde verrät, daß die Dargestellten der Künstler und seine Frau sind. Es ist übrigens bekannt, daß noch im Jahre 1859 in der Galerie Th. Welebsky in London vier Bilder dieses Meisters vorhanden gewesen sind, die „Giacomo Francesco Cipper, Tedesco“ (ein Deutscher) signiert waren. Wohin sie dann gekommen, weiß man nicht; vielleicht ist eines oder das andere davon im Jahre 1911, bei der Versteigerung des Österreichischen Kunst vereines dabei gewesen. Der geschätzte Augsburger Meister Georg Philipp Rugendas brilliert mit zwei seiner effektvollen Schlachtenbilder, Norbert Grund mit hübschen kleinen Landschaften. Zahlreiche Bilder der Altwiener Schule haben neben künstlerischen auch kulturhistorischen Wert. Die Schule von Barbizon ist durch Narcisse D.iaz repräsentiert, der im „Wald von Fontainbleau“ wieder einmal beweist, daß er das rieselnde Licht der Sonne im schattigen Walde wie kein zweiter zu malen, verstand. Von Francesco Casanova finden wir eine der letzten Landschaften, die sein Pinsel hervorgebracht hat. Unter den modernen Wienern fällt uns Amerling auf, der mit mehreren Bildern vertreten ist. Es ist darunter auch die „Sizilianerin“, die seinerzeit in der Ausstellung im Künstlerhause die verdiente An erkennung gefunden hat. Hans Makart stellt eine Dame in der pittoresken Tracht der Renaissance bei. Es ist das Porträt einer Dame der Wiener Gesell schaft, die in diesem Kostüm an dem vom Künstler arrangierten historischen Festzug der Stadt Wien anläßlich der silbernen Hochzeit des Kaisers Franz Josef im Jahre 1879 teilgenommen hat. Von den Handzeichnungen der Sammlung heben wir nur eine Jugendarbeit Hans Canons heraus, wie von den Farbstichen nur ein Schabkunstblatt nach Th. Gainsborough erwähnt sei. Der Holz schnitt ist durch J. W. Jackson repräsentiert, dem Wiedererwecker der alten Holzschnittechnik, die seit Albrecht Dürer und seiner Schule allmählich in Vergessenheit geraten war. Zwei der Jacksonschen Holzschnitte führen uns ländliche Szenen nach Bildern von Bassano, das dritte die „Madonna mit Heiligen" nach dem bekannten Gemälde Tizians vor. Unter den Antiquitäten wären besonders die schönen Porzellane Meißener und anderer Fakturen nennens wert. Helle Freude werden Möbelliebhaber an der reichen Auswahl an reizenden Stücken haben. Es sind da die Renaissance-, wie die Maria Theresia- und die Biedermeierzeit gut vertreten. Ein Prunkstück ist der Biedermeiersalon der ehemaligen Wiener Hof opernsängerin Toni Schläger. Die Einrichtung bilden drei Kanapees, zwei Tische, vier Fauteuils, sechs Sessel, zwei Spiegel, eine Vitrine und eine Anzahl von Bilderrahmen in politiertem Pflaumenholz. Erwähnen wir schließlich noch einige hübsche Dosen, so ist der Hauptinhalt des Kataloges erschöpft, auf den im übrigen verwiesen sei. Die Ausstellung der Objekte erfolgt vom 7. bis 10. Mai vor- und nachmittags; Der Nachlaß J. v. Klinkosch. Die vom 20. bis 24. April bei C. J. Wawra in Wien durchgeführte Versteigerung der Nachlässe Isidor R. v. Klinkosch und J. J. Daffinger nahm einen glänzenden Verlauf. Es wurden ohne das fünfzehn- prozentige Aufgeld zirka 22 Millionen Kronen ver einnahmt, wovon der Löwenanteil auf die Sammlung Klinkosch entfiel. Die Käufer setzten sich vorzugsweise aus bekannten .Wiener Sammlern zusammen, doch sah man auch Kunsthändler aus Amsterdam, Brüssel und Paris, die sich namentlich für die Bronzen der Sammlung Klinkosch interessierten. Die schönen Stücke wandern denn auch zum größten Teile ins Ausland.