Nr. iÖ Internationale $ammier-zÜeitung Seite 7$ SRltwiener fPorzetlan. Von Else Ehrlich-Fränkel, Wien. „In der Roßau,, nicht weif vom Liechtensteinschen Palais, ist die Porcellain-Fabrique, allwo man ein gutes, hell- und durchsichtiges und mit allerhand Figuren ge- mahltes Porcellain sehr sauber arbeitet, dergestalt, daß es mit dem Indianischen ziemlich übereinkommt. Und verfertiget man hier auch allerhand kostbare Geschirre und Aufsätze zu Früchten und Confituren auf Tafeln, mit allerhand Statuen, welche stark vergoldet sind, und sehr teuer bezahlet werden. Man siehet daselbst einen ziemlichen Vorrath von dergleichen Arbeit, welcher denen Liebhabern gezeiget wird." So schrieb Kückelbecher in den „Allerneust Nachrichten vom Römisch Kaiserl. Hofe" im Jahre 1830. Im Jahre 1718, neun Jahre, nach dem Böttger das europäische Porzellan erfunden hatte — das chinesische Porzellan wurde Jahrhunderte früher schon erfunden — erstand in Wien auf Anregung Du Paquiers die erste Porzellanfabrik als Privatunter nehmen. Hatten doch die "günstigen politischen Verhält nisse Oesterreichs zur Folge, daß Karl VI. durch einen Erlaß im Jahre 1717 industriellen Neugründungen weit gehende Privilegien zusicherte „zur Einricht-, Beförder- und Vermehrung des Konimercii". Die ältesten Stücke aus der Wiener Manufaktur sind mit chinesischer Marke versehen, wie ja auch die Meissener Fabrik ihren Erzeugnissen anfangs keinen besseren Empfehlungsbrief als eine chinesische Marke mitgeben zu können glaubte. Die ältesten erhaltenen Stücke, wie die große runde Schüssel in der Liechten stein-Galerie mit chinesischem Blumenfries, die zwei Uhren im Museum zu Turin und auf Schloß Esterhazy aus der Zeit von 1725 haben noch chinesische Marken. Erst um die Mitte des Jahrhunderts kam der Binden schild — wie der Wiener sagt, der Bienenkorb — als Marke in Aufnahme. Die Marke wurde unter die Glasur versetzt. Eine Glanzleistung der Wiener Fabrik aus dieser Zeit war die Dekoration 'eines Zimmers im Palais des Grafen D u b s k y in Brünn. Die Wandver täfelung, der Kamin, die Türen, Fensterrahmen, Spiegel und Bilderrahmen, Uhr, Tische, Stühle und Fußschemel, ja, die Luster und die mit einem Kerzenhalter versehenen Blaker bestehen aus Porzellan. Das Zimmer wurde im April 1912 von dem Wiener Textilindustriellen Neu mann um 350.000 Kronen angekauft und dem Oester- reichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien zum Geschenk gemacht, wofür Herr Neumann den Adel erhielt. Um die Mitte der Dreißigerjahre machte sich die Formensprache des Wiener Barocks geltend. Kräftig gezeichnetes Laub- und Bandwerk mit Palmetten und Gittern zieren die Ränder der Geschirre. Fast alle öster reichischen Museen, aber auch alle deutschen Museen und jenes zu Turin, endlich aber alle großen Wiener Privatsammlungen haben solche Stücke aufzuweisen Der bedeutendste Porzellanmaler aus jener Zeit war Danhofer. Ihm folgte Jakobus Helchis, der Figuren und Landschaften in Schwarzlot malte, und eine ganze Reihe von Malern, die Dosen- und Emailmalerei als Erwerbszweig zu Hause betrieben und dadurch die Manufaktur auf das empfindlichste schädigten. So sah der Staat sich genötigt, im Jahre 1744 die Porzellan manufaktur zu übernehmen; er betrieb sie bis zum Jahre 1864. Sorg ent h a 1 wurde aus Linz nach Wien als Direktor berufen, und sein erstes war, das Marken wesen zu regeln, ganz im Gegensatz zu Meißen, wo die Markierung ganz willkürlich und ungeregelt war. Von 1784 an erblühte eine neue Glanzzeit der Wiener Manufaktur, in der Maier wie Lampi, Schindlet und Füger, der Bildhauer Grassi und sein Schüler Johann Schaller und Elias Hütter die geistige Führung über nahmen. Eine endlose Reihe von Figuren, die die ganze wienerische Grazie, die leichte, tänzelnde Schrittstellung, den liebenswürdigen Ausdruck der Gesichter und auch die charakteristische Gewandung der Zeit zeigen, be sitzen wir aus dieser Epoche. Die Großen der Zeit, Kaiser Franz und Kaiserin Maria Theresia, Fanny Eßler, Haydn, daneben mythologische Gruppen und solche aus der biblischen Geschichte — wie die „Anbetung der Hirten“ — Ausrufer, Verkäufer und Straßensänger, Bauern, Jäger und Schäfer stammen aus der Zeit. Sie haben den Ruhm der Wiener Kunst in weitere Kreise getragen als alle anderen Ausdrucksmittel dieser Materie. Und doch mußte die Wiener Porzellanmanufaktur im Jahre 1864 wegen schlechten Geschäftsganges sperren. Der Wiener aber sammelt mit Vorliebe Wiener Porzellan, und die großen Porzellansammlungen von Dr. Max Strauß, einem achtzigjährigen Herrn, der einen Teil seiner Sammlungen vor zwei Jahren bei Glückselig und Wärndorfer versteigerte, die von Metaxa, die vor fünf Jahren verkauft wurde, die Porzellansammlungen von Karl Mayer und Rehberger, Angelo Eisner- E i s e n h o f und E i ß 1 e r, Dr. B1 o c h und G r o e d e 1 legen beredtes Zeugnis ab von dem Verständnis und der Liebe, die den Wiener für Wiener Kunst beseelt. Und so kam es, daß mehrere Jahre vor Kriegsbeginn eine Gruppe kunstsinniger Porzellanfreunde, als deren Sprecher Angelo Eisner-Eisenhof fungierte, dem Ministerpräsidenten Gautsch den Antrag stellte, unter der Protektion der Regierung, aber ohne deren pekuniäre Hilfe, die Wiener Porzellanmanufaktur wieder aufleben zu lassen. Gautsch meinte, er müsse sich die Sache überlegen. Nach langen Monaten kam der Bescheid, „wenn die Herren die Fabrik auf eigene Faust führen wollen, stände es ihnen frei, aber ohne irgend welche Mitwirkung der Regierung, da der diesbezügliche Refe rent der Ansicht sei, daß wenig Aussicht für. ein Ge lingen bestehe; auch moralisch könne daher das Mini sterium sie weder fördern, noch stützen". Damit war die Sache begraben. Mit umso größerer Freude ist daher die Neuerrich tung der Fabrik im Augarten zu begrüßen, die am 2. Mai, dem Tage ihrer feierlichen Eröffnung durch den Bundes präsidenten, den geladenen Gästen schon eine Reihe vorzüglicher Probearbeiten vorführen konnte. Die Marke bleibt der alte Bindenschild, doch ist Verwechslungen mit alten Erzeugnissen durch das Wort „Wien" vor gebeugt, das unterhalb der Marke .eingeprägt ist Auf den alten Stücken lautete die Bezeichnung bekanntlich Vienne. fDie zweite GrapfiiBauktion Bei Graupe. (Schluß) *) Max Liebermann. Nr. 1014 Delila 270, Nr. 1015 Ste- 110. Nr. 4022 Das Mittagessen 195. Nr. 1023 Dass. 160. Nr. 1024 hende Frau 280. Nr. 1016 Pferd im Stall 200. Nr. 1018 Kleine Ferkelchen 240. Nr. 1026 Auf dem Kartoffelfeld 205. Nr. 1027 Schafhirtin 100. Nr. 1020 Grasende Ziegen 200. Nr. 1021 Dass, ln den Dänen bei Katwijk 170. Nr. 1028 Ziegenhirtin 205. Nr. —— —- 1066 Bildnis Prof. Dr. Coben 110. Nr. 1070 Badende Jungen 105. *) Siehe Nr. 8 u. 9 der „Internationalen Sammlerzeitung“. Nr. 1098 Generaldirektor Viktor Zuckerkand! 175.