Tnfemafionale ^ammler^erfimu Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde, Herausgeber: Norbert Ehrlich. 16. Jahrgang. Wien, 15. April 1924. Nr. 8. 2)/e neuerworßenen c £>ifder der STcitionafgaferie. Von Dr. Theodor Frimmel, Wien. Dankenswerter Weise hat man jetzt die Erwer bungen an Gemälden, die von 1920 bis 1923 gemacht worden sind, der Oetfentlichkeit in langer Reihe zur Verfügung gestellt und zwar im K ü n s 11 e r h a u s. ln dieser Gemäldereihe kommt die Regsamkeit der neuen Leitung und die Lebhaftigkeit der neuen Strömung zum Ausdruck. Die Vorräte der alten kaiserlichen Galerie werden durchsucht und von mehreren Kunstgelehrten geprüft. Wertvolles wird hervorgezogen und bietet zum Teile wirkliche Bereicherungen der Säle im National museum. Für Neuanschaffungen sind keine Mittel vor handen. Da muß nun vom alten Bestand der kaiser liche:? Galerie selbst und aus deren Depot manches verkauft werden. „Muß" ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck und nur in dem Sinne giltig, daß man an nimmt, es „müßten“ auch um jeden Preis neue Erwer bungen herankommen. Darüber sind verschiedene Mei nungen denkbar. Eine Ansicht, die nicht ganz zu ver werfen ist, geht dahin, daß es auch recht schön ge wesen wäre, zuerst die ganzen Vorräte im Depot, aus Schlössern und der Hofburg restlos zusammenzustellen, wissenschaftlich zu bearbeiten, danach die Galerie zu ergänzen und mit den Verkäufen und Tauschgeschäften vorläufig noch zu warten. Nun, da jedoch dieses Durch einander des Tauschens und Feilschens nicht mehr rück gängig zu machen ist, so würden die Kunstfreunde we nigstens ein Verzeichnis der Gemälde wünschen, die wir hingegeben haben, um neue Sachen zu erwer ben. Die Tatsache, daß sehr bedeutende Bilder abgegeben wurden, auch solche, die den Galerie besuchern lieb und wert gewesen, ist nicht zu leugnen. Nur hat man davon keine Mitteilungen veröffentlicht. Nicht alle Erwerbungen durch Tausch sind glücklich gewesen. Ich will alte Wunden nicht aufreissen. Irrt doch der Mensch, so lang er lebt, und nicht zuletzt der kunstgelehrte Mensch. Allerdings sind, wie es heißt, durch Tausch auch einzelne Prachtstücke herangekommen und die verständnisvolle Rührigkeit der leitenden Per sönlichkeiten sei in dieser Beziehung freudig anerkannt. Das vielleicht meist gelungene Geschäft sei vor angestellt. Es ist die Erwerbung eines echten Bild nisses von D ü re r. Das Bild ist rasch durch Abbil dungen bekannt geworden und bedeutet eine wesent liche Ergänzung unseres kunstgeschichtlichen Wissens von Dürers zweiter Italienreise. In alten, gleichzeitigen Zügen steht die Jahreszahl 1505 über dem Monogramm, Eine venezianische Dame ist dargestellt. Der Erhaltungs zustand kann befriedigen. Auch bei mehreren anderen Altdeutschen, wenngleich sie weit unter der Kunsthöhe Dürers stehen, ist ihre Erwerbung freundlichst aufzu nehmen, sind doch wertvolle Gaben mehrerer Kunst freunde darunter. Eines der altdeutschen Gemälde, das aus dem alten Vorrat hervorgesucht wurde, wird sicher bald wieder dahin zurückkehren. Denn es ist zwar ein unzweifelhaft echter Hans Bai düng, führt aber eine höchst unanständige Handlung vor, die, zwar in der Bibel vorkommend, dennoch gegen die weitherzigsten Sittenbegriffe verstößt: Lot und eine seiner Töchter sind dargestellt u. s. w. — Unter den Geschenken des regierenden Fürsten Liechtenstein fällt angenehm eine Tafel mit Joachim und dem Engel auf, ein Bild, ungefähr um 1450 gemalt, dessen Urheber man als den „Meister von Schloß Lichtenstein“ bezeichnet. Doktor B a 1 d a ß hat ihm besondere Studien gewidmet. Prächtig sind M. Lindemanns Schenkungen altdeutscher Bilder. Die kräftige Arbeit des „Meisters vom Stift Wilten“ (sie war früher in Otto Fröhlichs Besitz) bedeutet wieder eine Bereicherung der Galerie; ebenso, wie die Spenden des Herrn Barons Grundherr aus München. — Auch die Bilder von Altdorfer, Wolf Huber sind in diesem Sinne anzuführen. Die Kranachs anzuschaffen, war gewiß nicht nötig, zu mal das Schulbild mit der Madonna, da die Galerie ohnedies güte Werke von Kranach besitzt. Nur das weibliche Bildnis konnte erwünscht erscheinen. Freudiger als die übrigen Kranachs begrüßt, der Kunstfreund eine Reihe von niederländischen Bildern: den „Meister vom Tode der Maria“, der ja sonst schon allerlei Namen erhalten hat, — dieses Bild ist ein Legat des Monsig nore Dr. Hackelberg-Landau, —den Jan Scorel, der aus dem Kunsthandel erworben ist, den miniaturartigen, feinen P o u r b u s, ein Geschenk Richard Lieben’s, den kleinen vorzüglichen Thomas de Keys er, gespendet von M. Lindemann, Sehr erwünscht in der Galerie ist ein recht gut erhaltenes weibliches Bildnis von B. v. der Heist aus dem Jahre 1651, desgleichen ein J. 0 c h t e r v e 11, der weniger gut konserviert ist. Immer hin ist er in noch besserem Zustand als ein ebenfalls signierter 0 c h t e r v e 11, der sich vor einiger Zeit im Depot vorfand. (Dazu: „Studien und Skizzen zur Ge mäldekunde“ Band V, Lieferung 10.) Noch weiter seien genannt der Sa!, v. Rirysdae! von 1655, der Van