Nr. 16 Internationale Sammler-Zeitung Seite 125 Werken des Meisters gehören. Desgleichen werden in Wien alle Viennensia und jene Kunstwerke be lassen, welche mit der österreichischen Geschichte in irgend einer Form verbunden sind. Es werden dem nach die ganz großen Werke von internationaler Be deutung, die in den letzten zwanzig Jahren von Herrn Castiglioni nicht in Oesterreich, sondern auf internatio nalen Märkten erstanden wurden, wieder in auslän dische Hände übergehen. Eine Handhabe für ein Ausfuhrverbot der Kunst werke konnte im Gesetz nicht gefunden werden. Wohl standen die Sammlungen Castiglionis auf Grund des Denkmalschutzgesetzes unter Denkmalschutz, aber, und hier kommt eine der sonderbarsten Bestimmungen zur Geltung, das Gesetz verbietet nur die Veräußerung, be ziehungsweise Ausfuhr einzelner Gegenstände, der Verkauf der ganzen Sammlung kann von Staatswegen nicht verboten werden. Ein Widersinn, der den Gesetz gebern leider entgangen ist und der nicht rasch genug wieder beseitigt werden sollte. 2)/e SfCärntneriscfie ‘Bucfifiunsfaussteffung. Aus Anlaß des 150jährigen Bestandes seiner Studien bibliothek hat Klagenfurt eine Buchkunst ausstellung veranstaltet, die einen Ueberblick über die reichen Handschriftenschätze Kärntens ermöglicht. Die Ausstellung, die im herrlichen Wappensaal des Landhauses untergebracht ist, gliedert sich in drei Ab teilungen: Handschriften, Druckwerke und Urkunden. Da sieht man unter vielem anderen Interessanten ein wurmstichiges Pergament aus dem neunten Jahrhundert, wo ein kleiner Strich die Unterschrift des Kaisers, der nicht schreiben konnte, ersetzt, das Stadtrecht von Klagenfurt aus dem Jahre 1338, einen Vertrag der Städte St. Veit, Völkermarkt und Klagenfurt (28 Januar 1368) zum gegenseitigen Beistand, die berühmte All gemeine Defensivordnung Kaiser Maximilians vom 24.Mai 1518 mit mehr als 30 Siegeln, einen der ersten Versuche, die habsburgischen Länder, die bis dahin nur durch die Person des Herrschers verbunden waren, inniger zu vereinen und für den Kriegsfall eine gemeinsame und gegenseitige Verteidigung sicherzustellen. ln der Abteilung für Druckwerke bilden die alten Publikationen der Druckerei von Kleinmayr den Haupt anziehungspunkt; es sind zum Teil Leihgaben ihres jetzigen Besitzers Walter v.Kleinmayr, des siebenten in der Reihe von Vater und Sohn seit mehr als einem Vierteljahrtausend. Die Offizin wurde vom ersten Drucker Klagenfurts, dem aus Linz zugewanderten Johann P a 11 a u f 1640 gegründet, und die Firma ist ein Unikum im deutschen Buchhandel. Es gibt keine zweite, die eine so lange direkte Filiation aufweist. Da liegen ein alter Schreibkalender aus dem achtzehnten Jahrhundert, ein Vorläufer des gegenwärtigen Amts- und Adreß kalenders von Klagenfurt, die ältesten uns erhaltenen Nummern der um 1760 gegründeten „Klagenfurter Zeitung", ein „Windisches Sprachbuch" von 1752, da neben aber auch typographische Schätze der Studien bibliothek und des Geschichtsvereines, darunter schön illustrierte Inkunabeln und graziös ausgestattete französische Werke aus der einstigen Privatbibliothek des Grafen Peter G o e ß. An Handschriften zählt die Ausstellung nur vierzig Stück, davon viele aus St. P a u 1. Sie sind durchwegs sehr schön und interessant, eine wertvolle Auslese aus den über tausend Manuskriptkodizes, die das Land besitzt. Das Zustandekommen der Ausstellung ist dem rührigen neuen Leiter der Studienbibliothek, dem auch als Schriftsteller bekannten Dr. Max P i r k e r zu danken, der bei den Landes- und geistlichen Behörden wert volle Unterstützung gefunden hat. Ein 2000jäFiriges EKomer-3Tianuskript. Forscher der französischen Akademie haben bei C h o r a a t, das in der durch seine erträgnisreichen Ausgrabungsarbeiten bekannten ägyptischen Provinz Fayum gelegen ist, eine Mumie ausgegraben, in deren Sarg sich ein überaus interessanter Papyrus vorfand. Eine nähere Untersuchung ergab nämlich, daß man eine vorzüglich erhaltene, fast vollständige Aufzeichnung der Homerschen Odyssee vor sich hatte. Nach dem Urteil der Gelehrten stammen die aufgefundenen Pa pyrusfragmente aus dem letzten Drittel des dritten Jahr hunderts vor Christus, sind also fast 2200 Jahre alt, und da man das Zeitalter Homers und seiner Schüler bekanntlich in das achte und neunte Jahrhundert vor Christus verlegt, dürfte das eben aufgefundene Manu skript eine der ältesten schriftlichen Aufzeichnungen der Odyssee sein, die wir kennen. Nach der Ansicht, die Fr. Wolf in seinen bekannten „Prolegomena ad Homerum" vertritt, sind die mündlich entworfenen Lieder des Homer und seiner Schule anfangs jahrhundertelang durch um- herziehende Sänger, die sogenannten Rhapsoden, nur wieder mündlich überliefert worden. Erst im 5. und 6. Jahrhundert v. Ch. sollen sie dann nachträglich zum erstenmal in zusammenhängender Form auch schriftlich fixiert worden sein. Um über die Bedeutung des Fundes Abschließendes sagen zu können, wird man wohl erst Nachrichten ab- warten müssen. Jedenfalls stellt aber der Fund ein hochinteressantes kulturhistorisches Dokument dar. Es handelt sich sicherlich nicht um ein Dokument in Bilder schrift (Hieroglyphen), sondern um Aufzeichnungen in altgriechischer Sprache. Aus leicht verständlichen und begreiflichen Gründen. Die altägyptische Provinz Fayum war nämlich bereits im dritten vorchristlichen Jahrhun dert, also unter der Regierung der Ptoloinäer, sehr dicht von Griechen und Griechenabkömmlingen bevölkert. Die hochstehende Bevölkerung pflegte eifrig die schönen Künste und selbstverständlich wurde auch Homer gern gelesen. Und so sind auch wohl die oben aufgefundenen Fragmente der Odyssee von einem kunstbegeisterten Bewohner Fayums griechischer Abstammung aufgezeich net worden, in den Sarg der Mumie gelangt und er blicken nun nach 2200 Jahren wieder das Licht der Weli. Die in Fayum angesiedelten Griechen verstanden es, aus alten Papyrusrollen, sozusagen aus Makulatur papier, durch Zusammenkleben eine Art Pappe oder Papiermache herzustellen, und dieser Pappkarton wurde häufig als Innenauskleidung der Sargwände in der da maligen Zeit verwendet. Es ist daher wahrscheinlich, daß auch die jetzt aufgefundenen Odyssee-Fragmente zufällig in diesem Sarg als Innenwandverkleidung Ver wendung fanden. Auch hierüber werden natürlich erst die Untersuchungen der aufgefundenen Dokumente