Seite 148 Internationale Sammler-Zeitung Nr. 19 Sine Gastigfioni-SRußtion in c GDien. Seitdem der Entschluß Camillo Castiglionis bekannt geworden ist, seine Sammlungen aufzulösen, wurde geflissentlich verbreitet, daß die Versteigerungen ausschließlich im Auslande vor sich gehen werden. Zuerst wurde Mailand als der Ort genannt, wo das kunstgeschichtlich bedeutsame Ereignis sich vollziehen sollte, dann wieder Amsterdam. Die Mitteilungen sind aber nur zum Teil richtig. Tatsächlich bemühte sich die Mailänder Bank, die als Hauptgläubiger Castiglionis figuriert, daß die Versteigerungen in Mailand stattfinden, das damit mit einem Schlage in die Reihe der großen, europäischen Auktionszentren emporgerückt wäre, doch ließ man die Absicht bald fallen und einigte sich auf Amsterdam, das wegen verschiedener Umstände geeig neter für den Zweck erschien. Aber auch Wien soll, wie wir hören, nicht leer ausgehen. Fast zur selben Zeit, in der bei Fred; Müller der erste Teil der Ca- stiglionischen Sammlungen unter den Hammer kommt, wird auch Wien seine Castiglioni-Sensation haben, wird im Kunstauktionshaus C. J. Wawra eine Castiglioni- Auktion abgehalten werden. Gelangen bei Müller in Amsterdam hauptsächlich Objekte zur Versteigerung, die der während der Infla tionszeit enorm reich gewordene Bankier bei den ver schiedenen Auktionen erstand, so werden bei Wawra die Schätze verauktioniert werden, die die Einrichtung des Palais Miller von A i c h h o 1 z bildeten, die mit dem Palais in den Besitz Castiglionis übergingen. Vieles davon, so namentlich die große Pettenkofen-Sammlung, ist schon früher auf den Markt geworfen worden, da Castiglioni alles abstieß, wofür er kein Interesse hatte, der Rest 'oder zumindestens große Teile desselben kommen jetzt bei Wawra zur Feilbietung. In erster Linie die herrlichen Miniaturen, die den Stolz der vorjährigen „Internationalen Miniaturen- Ausstellung" in der Albertina gebildet haben: Die Daf finger (Selbstporträt des Künstlers in dunklem Rock mit Samtkragen und schwarzer Weste, zwei Porträts seiner Frau Marie, geborene von Smolenitz in weißem, beziehungsweise rotbraunem Kleid), die Autissiers, Grassis (Bildnis einer Gräfin Kinsky), die Miniaturen von Horace Home, (Bildnis der Countess of Salisbury >, Isabey, Peter, Plimer, Smart, Waldmüller etc. Dann die prachtvollen Aquarelle, die man im Palais Miller- Aichholz bewundern konnte: die wunderschöne Land schaftsserie von Rudolf von A11 mit Ansichten von Conio, Dürenstein, Spalato; Trau, Venedig und Vicenza, die Pettenkofen, Corots, Troyons u. a. Neben den Miniaturen und Aquarellen kommen bei C. J. Wawra noch venetianische Gläser und Majoliken der berühmtesten italienischen Manufakturen (Deruta, Faenza, Gubbio, Urbino) zur Versteigerung. Es wird, sobald der Katalog der Auktion vorliegt, noch Gelegen heit sein, auf die Bestände ausführlicher zurückzukommen. Das Erscheinen desKataloges der ersten Amsterdamer Castiglioni-Auktion ist bereits avisiert. Der Katalog umfaßt zwei stattliche Quartbände und wird mit seinem Ueber- maß von ausgezeichneten Lichtdrucktafeln gewiß eines der interessantesten Erinnerungswerke an eine der merk würdigsten Epochen in der Geschichte des deutsch österreichischen Kunstsammelns sein. Der eine Band ist nur den Bronzen gewidmet. Er basiert auf dem musterhaften Riesenkatalog, den vor nicht langer Zeit D . P 1 a ti i s c i g, Castiglionis Berater in allen Kunst dingen, herausgegeben hat. Der andere Band erstreckt sich auf alle übrigen Gebiete, alte Gemälde, Skulp turen, Möbel, Dekoration und Kleinkunst, unter anderem auch auf die Edelschmiedearbeiten. Es finden sich da die sogenannten großen Kanonen, die Werke, die Ca stiglioni bei den großen deutschen Auktionen während und nach dem Kriege erworben hat, so aus der Auktion R. v. Kaufmann, den Froment und das Selbstbildnis des Joos van Cleve, aus der Auktion Knaus den Frans Hals, den Thomas de K e y s e r und den Rubens. SKupfersticßversteigerungen 6ei Rioerner. Obgleich der im Privatbesitz vorhandene Bestand erstklassiger alter Graphik in Deutschland immer ge ringer wird, ist es der Firma C. G. Boerner in Leipzig wiederum gelungen, für ihre Herbstauktion ein äußerst reichhaltiges Material zusammen zu bringen, das in mehreren Katalogen beschrieben wird. Die Firma teilt uns mit, daß ihre Auktion in der Woche vom 23.—27. November stattfindet und die Kataloge Mitte Oktober erscheinen. Es handelt sich zunächst um einen mit vielen Lichtdrucktafeln aus gestatteten Katalog von Kupferstichen alter Meister, der drei bekannte Privatsammlungen um faßt und umfangreiche Serien der großen Hauptmeister Dürer, Rembrandt, Schongauer, der Klein- meiste r usw. enthält. Dabei finden sich zahlreiche Hauptblätter in erster Qualität, und manches äußerst seltene Blatt, das sonst nicht vorzukommen pflegt. Dieser Katalog umfaßt ungefähr 1000 Nummern. Aus einem königlichen Schlosse stammt der Inhalt eines zweiten Katalogs, Kupferstiche und Far bendrucke e'nglischerundfranzösischer Meister des 18. Jahrhunderts, etwa 500 Nummern. Diese Sammlung wurde aus einem großen Bestand ausgewählt und enthält infolgedessen aus schließlich gesuchte Blätter der hervorragendsten Künstler jener Zeit, und von diesen meist stattliche Serien. Die schwarzen Drucke überwiegen naturgemäß die Farben drucke, zeichnen sich aber meist durch ungewöhnlich schöne Qualität aus. Endlich wird noch eine Samm lung alter sächsischer farbiger Städte- Ansichten versteigert, die mehrere tausend Blätter in 500 Katalognummern vereinigt. Es handelt sich wohl um eine der schönsten Privatsammlungen dieser Art, die es überhaupt gibt. Man könnte beinahe von Voll ständigkeit reden, was umsomehr sagen will, als diese Blätter besonders in tadelloser Erhaltung in den letzten 20 Jahren fast gänzlich aus dem Handel verschwunden sind. Leipzig ist aus der Sammlung ausgeschlossen, da gegen bildet Dresden ungefähr ein Viertel des ganzen Bestandes und einen Hauptreiz der Sammlung.