Internationale S amm ler-Zei tung Seite 107 Nr. 13 (Gefährdung von Grünewalds Madonnen- b i 1 d in S t u p p a c h.) Matthias Grünwalds Mandonnen- bild in der Dorfkirche von Stuppach bei Bad Mergentheim befindet sich, wie das „Stuttgarter Tagblatt“ feststellt, in folge der zerstörenden Einflüsse der feuchten Witterung der letzte Jahre in stark gefährdetem Zustand. Die Bemühungen des Württembergischen Landesamts für Denkmalspflege seien bis jetzt an der falsch verstandenen Anhänglichkeit der Be völkerung gescheitert, die das Altarbild aus der Kirche nicht weggeben will. HANDSCHRIFTEN. (Briefe von T o 1 s t o j.) ln einer Moskauer Privat sammlung ist ein Bündel Briefe von L. T o I s t o j an seine Frau aus den 50er Jahren gefunden worden. Unter den Brie fen befindet sich ein Entwurf zur Durchführung der Boden reform in Rußland mit dem Datum „1856“. (Fund im Hemiskloster in Tibet.) Der Londoner „Daily Telegraph“ meldet aus New York, Professor Roe- r i c h, der eine amerikanische Expedition durch das uner forschte Asien leitet, habe im Hemiskloster in Tibet Handschriften gefunden, die wenigstens 1500 Jahre alt seien. Nach diesen Handschriften habe Christus, nach dem er seine Eltern heimlich verlassen hatte, mit Jerusalemer Kauf leuten eine Wanderung durch Indien gemacht, wo er die Leh ren des Buddha studiert und gepredigt habe. Christus sei dann in seinem 29. Jahre nach Palästina zurückgekehrt. Die Handschriften berichten auch, daß Jesus, der darin „Issa“ genannt wird, vom Herrscher Jerusalems, Pilatus, abge- urteilt wurde. VERSCHIEDENES. (Auszeichn u n g.) Das Bundesministerium für Handel und Verkehr hat der Firma Hermann Frankl, Teppich- und Gobelinhaus, Wien I., Kohlmarkt 4, die Auszeichnung ver liehen, in ihrem geschäftlichen Verkehr das Staatswappen des Bunde s führen zu dürfen. (W ertvoller Fund.) In Gonzaga wurde eine Bibliothek aufgefunden, die eine Sammlung wertvoller Auto gramme von Raffael, Lucrezia Borgia, Porguetto, Tasso, Ariosto, Galilei und vielen anderen berühmten Persönlichkeiten aus der Zeit der italienischen Renaissance enthält. (Eine Bronze von P h i d i a s.) An der Via delF Ab- bondanza, die allen Besuchern von Pompeji mit ihren über raschenden neuen Funden antiker Wohnhäuser wohlbekannt ist, kam kürzlich ein einzigartiges Kunstwerk des Altertums zutage, die Bronzestatue eines Epheben, zweifellos eine der schönsten Bronzefiguren, die ausgegraben worden sind, seit dem Jahre 1530 der Idolino, heute im Museum von Florenz, in Pesaro ans Tageslicht kam. Es ist die vollkommen erhaltene Gestalt eines jugendschönen Siegers im Wettkampf. Nun steht eine Einzelheit an der Jünglingsfigur mit dem berühmten Werk des Phidias in engster Beziehung: mit der Statue in Bologna, in der Alexander Conze einen Epheben, Adolf Furtwängler aber einen Torso der berühmten helmlosen Athena, einer Stiftung der Lemnier, des Meisterwerkes des Phidias von der Akropolis in Athen erkannte. Die Binde im Haare, die Haartracht selbst und ihre Modellierung hat der Ephebe von Pompeji mit der Figur in Bologna gemeinsam. Salomon Re i n a c h, der hervorragendste Pariser Archäologe, wirft daraufhin in der „Gazette des Beaux Arts“ die Frage auf, ob nicht doch in Bologna ein Ephebe vor uns steht. Deutlich stellt sich der Ephebe von Pompeji in seinem klassisch-schönen Kopfe denjenigen Köpfen an die Seite, die unzweifelhaft an Phidias gemahnen: der Aphrodite vom Par thenonfriese, der Demeter von Cherchell, von der das Berliner Museum eine Wiederholung besitzt, der Hera Farnese, der schutzflehenden Barberini, im Vatikan. Und von Phidias nennt der antike Reiseführer Pausanias in Olympia mindestens eine Ephebenfigur. Daß der Ephebe von Pompeji sich da anreiht, ist eine sehr naheliegende Schlußfolgerung. (Kunstschwindler.) Dem allmächtigen Dollar ge genüber versagt auch das italienische Gesetz das die Aus fuhr von Kunstwerken streng verbietet; abet die Dollar könige, die mit ihrem Gelde alle erreichbaren Kunstschätze aufzukaufen gewillt, haben sich dabei zu ihrem Schaden von der Wahrheit des Sprichwortes überzeugen müssen: Auf einen Schelmen anderthalbe! Viele berühmte Bilder italieni scher Meister haben anstandslos den Weg über den Ozean ge- nommenn, und zwar keineswegs heimlich; dieser Export ge schah vielmehr unter den Augen der Hüter des Gesetzes. Man hatte einfach mit Wasserfarbe über dem Original irgend ein Landschaftsbild gemalt, so daß das Bild anstandslos als modernes Werk die Zollstelle passierte. War es drüben an gekommen, so wurde es der Behandlung mit einer Spe ziallösung unterzogen, die bewirkte, daß nach dem Ver schwinden der Aquarellschicht das Meisterwerk in unver sehrter Schönheit erschien. Aber auch hier kam das dicke Ende nach. So mancher Erzmillionär, der sich im Besitz eines unschätzbaren Kunstwerkes wähnte, erhielt von dem mit der Wiederherstellung betrauten amerikanischen Bilder restaurator eine Mitteilung folgenden Inhalts: „Verehrter Herr! Wir haben die Landschaft von Ihrem Meisterwerk entfernt und fanden darunter ein Bild, das die Krönung Vik tor Emanuels darstellt, was sollen wir tun?“ Eine andere Zuschrift lautete: „Unter dem Stilleben Ihres C o r r e g i o fanden wir nach der Reinigung die Landung bei Marsalla. Sollen wir das Verfahren fortsetzen?“. Die „glücklichen“ Käufer haben jetzt zum Schaden auch noch den Spott zu tragen. MUSEEN. (Der neue Gobelinsaal im Germanischen Museu m.) Aus Nürnberg wird gemeldet: Dank der Unterstützung durch das Reich, die bayerische Staatsregie rung und die Stadt Nürnberg konnte das Germanische Museum im Sommer des Vorjahres mit der Aufführung eines Verbindungsbaues zwischen dem 1920 vollendeten Bestelmeyerschen Neubau und dem Verwaltungsgebäude am Kornmarkt beginnen Das Obergeschoß dieses Gebäudes war dazu bestimmt, die von den Kirchenverwaltungen zu St. Se bald und St. Lorenz in Nürnberg leihweise zur Verfügung gestellten gotischen Bildwirkteppiche als eine in sich ge schlossene Sammlung aufzunehmen. Säle, in denen Gegen stände dieser Art untergebracht werden, bedürfen beson derer technischer Einrichtungen, um den Lichteinfal! zu dämpfen, damit die alten Farben in ihrer Leuchtkraft nicht musealtechischen Anforderungen sind bei dem Bau berücksichtigt worden. Der neue Gobelinsaal, der durch Direkt tor Dr. E. Heinrich Z i m m erma n n soeben eröffnet wurde, stellt einen gewichtigen Baustein zur Förderung der Kennt nis und des Studiums der deutschen Bildwirkkunst im Zeit alter der Gotik dar. Die Eröffnung des gesamten Neubaues findet im August 1927 anläßlich der Feier des 75jährigen Jubiläums des Germanischen Museums statt. (Ausstellung im Budapest er Kunstge werbemuseum.) Aus Budapest wird gemeldet: Im Kunstgewerbemuseum wird demnächst eine Ausstellung kunst gewerblicher Gegenstände aus den Sammlungen des Ernst- Museums veranstaltet. Ludwig Ernst, der mit imposan ter Ausdauer und großem Kunstverständnis Denkmäler des ungarischen Schriftums und der ungarischen bildenden Kunst sammelt, sie in sein eigenartiges, berühmtes Museum einfügt, stellte aus dein Material seines Museums eine Kollektion kunstgewerblicher Gegenstände, Arbeiten alter ungarischer Gewerbekünstler, Erzeugnisse tüchtiger, kunstfreudiger Werkstätten in unserem Vatcrlande zusammen, die nun im Kunstgewerbemuseum vorgeführt werden. VOM KUNSTMARKT. (Zweite Castiglioni-Versteigerung in Amsterdam.) Für den 13. bis 15. Juli kündigen Fre- derik Müller & Cie. in Amsterdam die zweite Castig- lioni-Auktion an. Unter den 33 erstrangigen Gemäl den, die der Katalog bringt, sind ein „Markusplatz in Vene dig“ aus der Sammlung C. v. Hollitscher (Berlin), vielleicht eines der bedeutendsten Werke des großen Francesco G u a r d i, eine prächtige „Dorfschule von Adraen van O s t a d e, aus der Kollektion Finton, ein makelloses, unge mein ansprechendes Männcrbildnis vom Schöpfer des herr lichen Prager Flügelaltars, bekannt als „Prager Dombild“, „Der heilige Lukas zeichnet das Bildnis der heiligen Jung frau“, Jan. Gossart, genannt Mabuse, sowie bedeutende Werke von Lukas C r a n a c h d. Aelt., David Teni er d. J., El G r e c o, Paulus Moreel.se, Nicolaas M a e s u. a. m. Die Abteilung der Skulpturen und der anderen Kunstrichtungen enthält ebenfalls Schätze, darunter unerhört schöne Wand teppiche. Im Anschluß an die Castiglioni-Auktion bringt die Firma Müller eine Auslese von Meistern der Malerei des 15. bis 17. Jahrhunderts aus verschiedenen in- und ausländischem Privatbcsitz, darunter auch reichsdeutsche Sammlungen und die Kollektion Alfred Schindler (Wien) zur Versteigerung. Von den 750 Prachtwerken seien hervorgehoben: Jakob Cornelisz von Amsterdam, Porträt des Jakob Janssen van der Aa, das 1886 und 1923 in Brüsseler Ausstellungen als Lucas van Leiden figurierte, ein Adraen Isenbrant, Madonna mit Kind, ein wertvolles, schönes Werk des sel tenen Meisters, ein hervorragendes Bildnis eines alten Man-