lhfemafionale Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. Herausgeber: Norbert Ehrlich. 18. Jahrgang. Wien, 1. November 1926. Nr. 20. T)ie J{erßstauRtionen ßei Scßidtof. Das Kunstauktionshaus Leo S c h i d 1 o f in Wien beginnt seine heurige Saison mit einer Ver steigerung von Gemälden moderner und alter Meister, alter Handzeichnungen und Plastiken, welche am 8. und 9. November stattfindet. Unter den Gemäl den befinden sich Werke von Ameseder, Amerling, Bodom, Bridell, Charlemont, Danhauser, Darnaut, Dusart, Epstein, Eybl, Herschel, Hogarth, Lampi, Lie der, Magnasco, Meissonicr, Os, Palamedesz, Petten hofen, Quittner, Ruß, Schattenstein, Ten Kate, Tomec, Vautier etc. Die Handzeichnun'ge n stammen fast aus nahmslos aus der bekannten Sammlung Ludwig Zatzka. Es befinden sich darunter Werke von Breughel, Cambiasiö, Carrucci, Diziano, Fontebasso, Guercino, Lazzarini, Marcola, Piatti, Poussin, van Schuppen, Strozzi, Tiepolo etc. Schließlich kommen noch einige Skulpturen, darunter ein Hauptwerk von Edmond Hel 1 m e r „Der Kampf um das Weib“, ein Brunnen aus patinierter Bronze, zur Versteige rung. Die Gegenstände sind zur Besichtigung vom 3. bis 8. November ausgestellt. Am 18. November findet die Versteigerung des v i e r t e n und letzten Teiles der international be rühmten Sammlung W a r n e c k statt. Die beiden ersten Abteilungen, umfassend Miniaturen des 18. und 19. Jahrhunderts, wurden, wie unseren Lesern noch erinnerlich sein dürfte, vor etwp zwei Jahren ebenfalls bei Schidlof in Wien versteigert, der dritte Teil, der Oeigemälde enthielt, kam zu Beginn des heurigen Sommers in der Galerie Georges Petit in Paris unter den Hammer und brachte etwa zwanzig Milliar den ein. Warneck war ein Sammler von großem Zuschnitt. Als Sohn eines Kunstexperten geboren und mit der Tochter eines Experten verheiratet, bewegte er sich immer in dem Kunst-Milieu und wandte sich auch, nachdem er als Offizier bei der Belagerung von Seba- stopol ein Auge eingebüßt hatte, dem Kunsthandel zu. Er betätigte sich durch viele Jahre als Einkäufer bei D u v e e n und C o 1 n a gh i in London und legte hier den Grund zu seiner unvergleichlichen Sammlung, die, als er sich endlich vom Geschäfte zurückzog, seinen Lebensinhalt ausmachte. Die letzte Abteilung der Warneck-Sammlung, die jetzt bei Schidlof zur Versteigerung gelangt, enthält die außerordentlich hochwertigen und seltenen Emails sowie die Miniaturen des 13. bis 18. Jahrhunderts. Es befindet sich darunter, um nur das wichtigste hervor zuheben, eine Miniatur von Daniel R a b e 1, die die einzig bisher bekannte, vom Meister signierte Arbeit ist. Ein Rarissimum ist auch die signierte Miniatur von Be ssemer. Das Künstlerlexikon von T h i e m e und Becker weiß überhaupt nur von einer signierten Miniatur des Künstlers, den „Durch gang der Juden durch das rote Meer“; hier wäre also die zweite, die in der Literatur bisher unbekannt war. Zu den größten Seltenheiten zählen auch sig nierte Miniaturen von Hall. Warneck nannte eine sein Eigen, die jetzt zur Versteigerung kommt. Das selbe gilt auch von dem Schweizer Jean Etienne L i o - tard, der sich in Paris bei Masse und Le Moine ge bildet. Die Miniatur stellt Mr de Marigny, den Bru der der vielverlästerten Marquis de Pompadour, dar. Unter den Emails finden wir weiters Namen, wie Weyler, Mlle Terroux, Courtois, Hurter, Vassal und andere. Unter den Miniaturen, die zum größten Teil aus dem 16. und .17. Jahrhundert stammen, sind noch Werke von Brouwer, Cooper, Francois, Hilliard, Hoef- nagel, Laßman, Longhi, Mor, Musscher, Netscher, Ort, Pot, Roslin, Slingeland, de Vois etc. Es ist dies ohne Zweifel die bedeutendste Miniaturenauktion, welche jemals in Wien stattgefunden hat. Im Anschluß an die Sammlung Warnecks kommt im Auktionshause Schidlof eine Sammlung von Minia turen des 18. und 19. Jahrhunderts zur Auflösung. Wir begegnen hier Namen von internationaler Geltung, von Franzosen Dumont (mehrere interessante Arbei ten), Lemoin, Saint, Millet, Siccardi (zwei Arbeiten), von Engländern Sam. Cotes, Engleheard, Chalon (zwei Aquarellporträts), ein Email von Essex, darstellend Sir Walter Scott, Smart, Zincke etc. Auch einige her vorragende Wiener fehlen nicht. Es sind zwei Guachebilder von Johann Wilhelm B a u r, dem be kannten Meister des 16. Jahrhunderts, ferner einige Kriehuber, Anreiter, Peter, Theer u. a. Neben Miniaturen kommen wertvolle Dosen, dar unter solche aus Goldemail mit Brillanten verziert, Mildner-Kothgasser und Lithyalin-Gläser, schönes Wiener Porzellan, eine größere Anzahl von Vitrinen objekten, einige Stücke Möbel, Textilien etc. unter den Hammer. Unter den Textilien wären eine Aubus- son-Tapisserie, ein Petitpoint-Stuhl, eine Brüsseler Verdüre besonders hervorzuheben.