Seite 176 INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG Nr. 19 erneut auf einige Bildnisse hingewiesen, deren Schöpfer nach wie vor rätselhaft sind. Die Zuwei sung des Brustbildes eines älteren Mannes mit ge öffnetem Gebetbuch an Herl in ist mehr als frag lich. Nach einer mündlichen Aeußerung von Ernst Büchner wäre das Bild mehr in die Nähe des Tiroler Kunstkreises zu setzen. Das Wohlgemut zu geschriebene männliche Bildnis vor grünem Grund von 1483 ist wohl eher schwäbisch als fränkisch. Schwäbisch ist wohl auch das imposante H. v. B. signierte, 1522 datierte männliche Bildnis, das mit Baidung nichts zu tun hat. Rätselhaft ist auch der Autor der beiden reizenden kleinen Kinderbildnisse von 1516; da es wahrscheinlich Kinder des erzbi- schöflich-salzburgischen Münzmeisters Max Thenn sind, hat man begreiflicherweise an einen Salzbur ger Künstler gedacht. Der Autor dürfte jedenfalls der weiteren Regensburger Schule angehören. Die Bildnisse des Herrn von Rieter und seiner Frau aus Nürnberg sind schon seit geraumer Zeit als charakteristische Augsburgische Arbeiten er kannt; sie werden jetzt Burgkmair zugeschrie ben, jedenfalls gehören sie zu den schönsten Por träts, die damals in Augsburg geschaffen worden sind. Neben der Kreuztragung des älteren H o 1 - b e i n und dem Halbfigurenbild von B a 1 d u n g mit der Madonna als Himmelskönigin, das Christkind an der Brust, ist dann noch das erstmalig von K o e g - 1 e r dem jungen H o 1 b e i n zugewiesene »Urteil Salomonis« zu nennen, eine Attributiön, die in wei ten Kreisen Zustimmung gefunden hat — und einige Bildnisse von C r a n a c h, die zum Teil zu den spä testen Erwerbungen der Sammlung gehören, das des Ulrich Lindacker von Leipzig und seiner Frau von 1518, das männliche Porträt von 1532, ferner eine heilige Jungfrau mit dem Christkind und der heili gen Katharina, die dem Christkind eine Traube reicht, wohl aus der Zeit um 1510 bis 1515. Von Arbeiten aus dem weiter vorgeschrittenen 16. Jahrhundert verdienen vor allem wiederum zwei Bildnisse Erwähnung, das des Gerard Thenn von Seisenegger aus dem Jahre 1540, eine charak teristische Arbeit des bekannten österreichischen Hofmalers, und das in der Literatur gleichfalls wohl- bekannte Jünglingsporträt von Antonis M o r von 1558. Von der antiken Zeitmessung zur modernen Uhr. m. Die Uhr der Gegenwart, Von Alexander Grosz, Wien. Die Ausführung der Werke unserer modernen Uhren hat je nach den Ansprüchen, die an sie ge stellt werden, die mannigfaltigsten Aenderungen und mit der Zeit sehr große Verbesserungen erfahren. Die bedeutendste Neuerung war jedenfalls jenes Fabrikationssystem ab Mitte des 19. Jahrhunderts, welches durch schablonenmäßige Herstellung aller Einzelteile der Uhr ermöglichte, auch Uhren billige ren Preises in guter Ausführung zu erzeugen und je dem auch minder bemittelten Manne zugänglich zu machen. Die Ansprüche an die Ganggenauigkeit der Uhr sind nun derartig verschieden, daß wir uns erst klar werden müssen, was wir überhaupt von einer LIhr, entsprechend ihrer Qualität, zu verlangen berech tigt sind. Der Gang einer Uhr hängt von verschie denen, nicht zu umgehenden Umständen ab, welche bedingt werden von den Temperaturschwankungen, den Lagenveränderungen, den Reibungsverhältnis sen im Getriebe und den Veränderungen des Oeles, welches die Reibung vermindern soll. Je mehr bei der Fabrikation auf all diese Punkte Rücksicht ge nommen wird, wie bei den Präzisionsuhren mit einer täglichen Differenz von unter einer Sekunde, desto größer ist die Schwierigkeit der Arbeit, zu welcher nur die bestqualifiziertesten Arbeiter und Künstler befähigt sind, desto feiner ist das verwendete Ma terial und desto höher ist dementsprechend der Preis. Bei einer Uhr ohne Temperaturausgleichsvor richtung zeigt sich eine tägliche Gangabweichung von zirka 10 Sekunden für jeden Grad Temperatur veränderung, was bei normaler Gebrauchsweise einer täglichen Gangdifferenz von zirka 1 1 - bis 3 Minuten gleichkäme. Für billigere Uhren können naturgemäß alle die Verfeinerungsarbeiten nicht vor genommen werden, dennoch kann je nach dem Grade der Güte des Materials und der Konstruktion der Werke auch bei solchen Uhren bei sorgfältiger Behandlung ein recht guter durchschnittlicher Gang von zirka U Minute täglich erzielt werden. Ob die Uhr nun gut und richtig gebaut ist, die Güte des Materiales und die Feinheit der Ausfüh rung den guten Gang und den gewünschten Grad der Genauigkeit voraussetzen lassen, kann nur der Fachmann beurteilen; es ist daher das einzig rich tige, sich bei Anschaffung einer Uhr nur an einen vertrauenswürdigen Uhrmacher als Berater zu wen den. Ist die Uhr erworben, so ist ihr guter Gang auch von der Behandlung, die sie von dem Besitzer erfährt, in großem Maße abhängig. Man halte sich nur vor Augen, daß eine Uhr eine kleine Maschine ist, an die man viel, viel größere Ansprüche stellt, als an eine andere Maschine überhaupt, die doch nur zeitvyeise in Betrieb gesetzt und stets in kürzesten Zeiträumen nachgesehen, nachgeschmiert oder ge reinigt wird. Ein Uhrwerk ist doch auch eine ganz kleine, ja winzigste Maschine, aber ihr Räderwerk ist jahre lang ununterbrochen in Bewegung. Sie ist allen Temperaturschwankungen, allen möglichen Lagen veränderungen ausgesetzt; das Oel, auch das beste, auf wissenschaftlicher Basis erzeugte und erprobte, hält nicht länger als zwei bis drei Jahre gut an, wird dick, verflüchtigt. Und dann kann man ja nur so wenig in die kleinsten Oelsenkungen der Zapfen geben. Das Räderwerk dieser kleinsten Maschine fängt wie auch das einer großen zu quietschen an, man hört es aber infolge der Kleinheit nicht, läßt die Uhr weitergehen, bis sie eines Tages aussetzt. Und nun geht man zum Uhrmacher und erklärt, daß die Uhr durch vielleicht zehn Jahre und noch mehr un unterbrochen außerordentlich gut gegangen sei und nur einer einfachen Reinigung bedürfe. Wird diese ausgeführt, geht die Uhr auf einmal schlechter, als früher und die Schuld fällt auf den Uhrmacher. Mit LJnrecht! Nicht dieser, die Abnützung durch die lange Gangdauer ist schuld; die Lager sind zu weit geworden, die Zapfen der Räder sind abgenützt. Man bedenke doch, daß die Unruhe in einer kleinen Uhr in jeder Sekunde fünf Schwingungen, in der Minute 300 Schwingungen macht. Würden