Seite 210 INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG Nr. 20 auf der „Beweinung Christi“ der Berliner Galerie durch ihren ,,Kaulbach“schen Charakter. Hier spürt man ganz besonders, wie stark sich Kaulbach in jeder Weise von Van Dyk anregen ließ. Sehr künst lerisch ist der sehr weit getriebene eigenhändige Entwurf zu dem Bild von Rubens „Decius Mus er zählt seinen Traum", der bekannten Gemäldefolge in der Galerie des Fürsten Liechtenstein in Wien. Von den vlämischen Landschaften heben wir die von L.ucas van Uden signierte, besonders heraus. Einzelne besonders hervorragende Erzeugnisse des alten Kunstgewerbes sind in den Räumen ver teilt. Ein Hauptstück ist der „Himmelsglobus“ aus vergoldetem Kupfer und vergoldeter Bronze von Isaac Habrecht, Straßburg, 1646. Sehr gut ist ein venezianischer Bronzekessel des sechzehnten Jahr hunderts und ein montiertes gotisches Trinkhorn, eine sogenannte „Greifenklaue“, Neben meist deut schen Zinnärbeiten des sechzehnten Jahrhunderts erwähnen wir italienische Truhen und Spiegel und einen ausgezeichneten französischen Kredenzschrank Henri II. Unter den Teppichen fällt ein gutes, kleinasiati sches Stück des sechzehnten Jahrhunderts angenehm auf. Der nur als Fragment erhaltene Wandteppich mit der Darstellung eines Triumphzuges ist nach Ansicht Göbels eine in Tournai oder Brüssel um 1525 entstandene Arbeit, von einem vlämischen Zeichner unter Benützung italienischer Holzschnitte gestaltet.. Endlich führen wir noch eine Reihe als Wandschirm montierter italienischer Stickereien des siebzehnten Jahrhunderts an. Der Katalog der Sammlung, zu dem Professor August L. Mayer das Vorwort beigesteuert hat, zeichnet sich durch eine überaus geschmackvolle Ausstattung und reichen Bilderschmuck 154 Tafeln) aus. Auktion 2>r. Cduard Simon. Unter großer Beteiligung von Vertretern der europäischen und amerikanischen Museen sowie der internationalen Sammlerkreise und des Kunsthan dels wurde in Berlin am 10. und 11. Oktober die Versteigerung der Sammlung des im Juli d. J. aus dem Leben geschiedenen Dr, Eduard Simon durchgeführt. Die Versteigerung, die Geheimrat Hugo Hel- b i n g persönlich leitete, brachte ungefähr vier Millionen Mark, war aber trotzdem eine große Enttäuschung, da die erzielten Preise weit hinter den gehegten Erwartungen zurückblieben. Dazu kam, daß das Deckengemälde T i e p o 1 o s, das mit 50.000 Mark angesetzt war, keinen Käufer fand. Auch die sechs rechteckigen, grau in grau auf gelbem Grunde gemalten Verherrlichun gen aus dem einstigen Palazzo Porti in Vincenza brachten nicht mehr als 210.000 Mark, wo man mit einem Vielfachen dieses Betrages gerechnet hatte. Von den italienischen Gemälden der Sammlung erzielte die „Anbetung der Könige“ von dem Sieneser Meister Giovanni di Paolo 165.000 Mark; Ersteher war Sir Joseph Du v een (London). Das Bildnis einer „Jungen Florentinerin“ von B u g i a r- d i n i brachte 160.000, das männliche Bildnis des B r o n z i n o 100.000 Mark. Ersteher des letzteren war K n ö d 1 e r (London). Die Madonna von Botti celli erzielte den relativ sehr niedrigen Preis von 76.000 Mark, seine „Anbetung der Könige“ gar nur 21.000 Mark. Von den englischen Porträts erzielte die „Miß Gooch“ von Gainsborough 52,000 Mark, das „Kleine Mädchen“ von Reynolds 80.000, die „Mrs. Long“ von Romney 55.000 und Heppners „George Cholmley“ 51.000 Mark. Die Engländer bleiben, wie es heißt, in deutschem Be sitz. Dasselbe gilt von der „Maria mit Kind und Johannesknaben“ des Andrea del Sarto, für die ein Berliner Sammler 44.000 Mark zahlte. Dagegen wandert die Madonna von Bramantino in die Schweiz. Kaufpreis 25.000 Mark. Nennenswerte Preise erreichten von den Ge mälden noch: Das Bild des Meisters der Magdalenen- legende 95.000 Mark, die Maria des Brügger Mei sters um 1500, 85.000 Mark, die „Mariä“ des Jan Gossaert 95.000 Mark, die kleine Landschaft des P a t i n i r 42,000 Mark. Von den Plastiken erzielte den höchsten Preis, 160.000 Mark, die „Maria mit dem Kinde“ von Lucca della R o b b i a. Ersteher war Duveen, der sie für das Museum in Detroit erwarb. Die Marmor büste eines jungen Mädchens von L o m b a r d i brachte 155.000 Mark; die „Maria mit dem Kinde“ in gebranntem Ton von Riccio ging um 150.000 Mark in den Besitz des Frankfurter Kunsthauses J und S. Goldschmidt über. Unter den Bronzen, die zum größten Teil unterbewertet blieben, erzielte der 17 Zentimeter hohe Löwe 69.000 Mark (Käufer D r e y, München), die Oellampe von Riccio 46.000 Mark (Ersteher Alfens Heilbronner, Berlin). Am zweiten Tage kamen zunächst die eingebau ten Stücke des Palais Simon an die Reihe, von de nen das toskanische Marmorportal mit dem Greifen wappen von 1475 16.000 Mark, die Türumrahmung mit den aufgehängten Fruchtguirlanden aus grauem florentinischen Kalkstein und die intarsierte toska nische Tür, zusammen 36.000, das Kalksteinportal von Francesco Giorgo und die Flügeltüren des Gubbio, zusammen 50.000 Mark brachten, Die mei sten dieser Objekte erstand Heilbronner, in dessen Besitz auch der mittelitalienische Kamin um 1475 mit dem marmornen Cherubimfries um 36.000 Mark überging. Ein mittelitalienisches Wandgetäfel vom Ende des 15. Jahrhunderts mit figürlichen und ornamenta len Intarsien erzielte 21.000 Mark. Der Kunsthisto riker Lionello V e n t u r i aus Turin zahlte für eine florentinische Tischtruhe mit Stadtvedute um 1500 30.000 Mark, J. u. S. G o 1 d s c h m i d t für eine flo rentinische Cassapanca um 1550 28.000 Mark, und Artur Goldschmidt vom gleichen Hause für den 1606 gefertigten Tisch des Kardinals Bartolomeo Farratino 62.000 Mark. Sehr begehrt waren die alt italienischen Stühle. Zwei Scherenstühle des 16. Jahrhunderts erzielten 5000 Mark, zwei toska nische Schemel erwarb Arnold Seligmann (Pa ris) für 10.000 Mark, vier Lehnstühle mit vergolde ter Lederpressung (17. Jahrhundert) Heilbron ner für 13.000 Mark. Die vier Bildteppiche, in denen Leo van den Hecke (Brüssel) um 1575 Szenen aus der Geschichte Abrahams dargestellt hat, erstand Bacri (Paris) um 82,000 Mark. Einen Brüsseler Wandteppich um