Seite 186 INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG Nr. 17 Entdeckung zweier Geonardo* Semälde. Amerikanische Blätter berichten von einem gro ßen Erfolge der Röntgenuntersuchung zweier Bilder, Es sollen nicht weniger als zwei bisher unbekannte Gemälde von Leonardo da Vinci auf diese Weise entdeckt worden sein. Im brasilianischen Staate Minas Gewals liegt ein kleines Städtchen, das San Joao d'El Rey heißt. Da wurde um 1700 von einer eingewanderten portugiesischen Familie eine Hauskapelle erbaut, die sich heute im Besitz der Nachkommenschaft des Erbauers befindet, die auch über ausgedehnte Plan tagen in der Umgebung der Stadt San Joao d'El Rey verfügt. Die Kapelle hat zwei Altäre, die mit verschiedenen Heiligenbildern geschmückt sind. Keines dieser Bilder schien geeignet, irgendwie die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und die Ver mutung aufkommen zu lassen, sie könnten kunst historische Schätze von hohem Werte darstellen. Wahrscheinlich wäre eine solche Mutmaßung auch nie aufgetaucht, wäre die Kapelle nicht in letzter Zeit baufällig geworden. Die kleine Kirche bedurfte einer dringenden Renovierung, die einem Architek ten namens B r a n c o anvertraut wurde. Bei der Baumaterialprüfung wurden nun zur Kontrolle der Festigkeit einer Säule Röntgenstrahlen verwendet. Hiebei verfiel Branco auf die Idee, auch die beiden Hauptgemälde der Kapelle einer Untersuchung mit tels Röntgenstrahlen zu unterziehen. Nichts schien diesen Einfall zu rechtfertigen. Doch glaubte Branco, von einem merkwürdigen Instinkt geleitet, anneh men zu können, daß die beiden Bilder übermalt seien. Die Untersuchung hatte nun das erstaunliche Resultat, daß tatsächlich beide Bilder übermalt waren. In den ursprünglichen, nur durch die Be leuchtung sichtbar gewordenen Gemälden, glaubte nun Branco Werke eines italienischen Künstlers zu erkennen, ohne freilich zu ahnen, daß dieser italie nische Meister Leonardo da Vinci sein könnte. Immerhin machte er von seiner Entdeckung dem Kunsthistoriker Theophil C a s t i 11 o Mitteilung, der zu seiner größten Ueberraschung alsbald feststellen konnte, daß es sich hier um Gemälde Leonardo da V i n c i s handle. Beide Bilder stellen biblische Sujets dar. Das eine, das aus einer relativ späten Schaffensperiode da Vincis stammen dürfte, hält die Verbannung des ersten Menschenpaares aus dem Paradies fest. Die Figur des Engels, der Adam und Eva aus dem Para dies vertreibt, hat allerdings durch die Uebermalung gelitten, kann jedoch leicht restauriert werden. Auch das zweite Bild stellt eine alttestamentarische Szene dar, und zwar den Bau einer Stadt durch die Kinder ‘Israels auf Geheiß des Pharao in Aegypten, Diese Bilder sind unerkannt geblieben und wurden vor ge raumer Zeit von einem mittelmäßigen Künstler über malt, der auf der einen Leinwand die Kreuzigung Christi, auf der anderen Maria mit dem Jesuskinde hinpinselte, Die Bilder befinden sich bereits in NewYork und werden derzeit restauriert. Den glücklichen Be sitzern sind mehrere Kaufangebote von Museen und von privaten Sammlern zugegangen. Dem Architek ten Branco, dem eigentlichen Entdecker dieser Kunstschätze, wurde ein Fünftel des zu erwarten den Betrages von den Inhabern der Kapelle zuge sichert. In Fachkreisen erregt die Entdeckung umso größeres Interesse, als man bisher allgemein an nahm, daß es keine unbekannten Gemälde Leonardo da Vincis mehr gibt. Ein J3ildnis Gudwigs XIV. in einer italienischen JCirche. Aus Mailand wird uns geschrieben: Ein Kunstliebhaber hat kürzlich in einer Kirche Bolognas eine eigenartige Entdeckung gemacht Einmal im Jahre, am 10. September, wird den Gläu bigen der kleinen Pfarre von Santa Maria della Vita Gelegenheit gegeben, ein seltsames Kleinod zu be wundern, das der Kirche gegen Ende des 17. Jahr hunderts gewidmet wurde. Es ist ein Porträt L u d- w i g s XIV., ein Miniaturbild auf Email, umgeben von 69 Diamanten und Brillanten. Das Bild stammt von der Hand des berühmten Künstlers P e t i t o t. Es stellt den Sonnenkönig dar, der als Büste gemalt ist, bekleidet mit einem klassischen Gewand, mit einem Brustküraß, über dem das Band des Ordens vom Heiligen Geist hängt. Der runde Rahmen, der das Porträt einfaßt, besteht aus einer doppelter, Reihe von acht großen Diamanten, Riesenstücken von Edelsteinen, zwischen denen sich kleinere Bril lanten befinden. Das alles wird von der königlichen Krone überragt, die ebenfalls zur Gänze aus größe ren und kleineren Diamanten und Brillanten, langen, bimförmigen und kleinen, runden Stücken, verfem tigt ist. Wie dieses interessante Bild als Votivstück in die Bologneser Pfarrkirche kam, darüber gibt ein Aufsatz der »Societe de l'Histoire de l'Art franpais« in der Fachzeitschrift »Beaux-Arts« Auskunft. Im Kassabuch des französischen Königs (»Archives na tionales, menus plaisirs«) kommt unter verschiedenen Posten, die Zahlungen an den Goldschmied Montarsy im Jahre 1681 betreffend, eine Eintragung vor, die auf das erwähnte Königsporträt Bezug hat. Es heißt dort: 4439 livres et 14 sols pour une boiste ä portrait de 69 diamants ä facettes, donnee au comte de Mal- vasia, de Bologne, en consideration de ce qu’il a ecrit la vie des peintres, qu’il m’a dedies.« Der Comte de Malvasia war ein Dichter und Kunsthisto riker, der im Jahre 1678 in Bologna ein »Felsina pittrice« betiteltes Buch herausgab, welches das Leben Bologneser Maler schilderte. Dieses Werk widmete er mit den Worten »A Sua Maesta chri- stianissima Luigi XIV,, Re di Francia e die Navarra detto il grande e sempre vittorioso« dem König von Frankreich. Der König nahm die Widmung an und schickte dem Autor sein Porträt sowie eine Gabe, mit der dem Grafen eine besondere Freude gemacht werden sollte, nämlich eine Sammlung von Gravüren nach Kriegsbildern von Le Brun. Der Kurier, der die Geschenke zu überbringen hatte, wurde aber unterwegs von Straßenräubern überfallen, die sich der kostbaren Sendung bemächtigten. Graf von Ma 1 - vasia war, als er von diesem Mißgeschick erfuhr, verzweifelt. Er würde aber nicht ein Dichter ge wesen sein, wenn er nicht sofort zur Feder gegriffen hätte, um seine Enttäuschung und seinen Kummer der ganzen Welt mitzuteilen. So kam es. daß der König ebenfalls von dem Vorfall hörte; Angehörige des Hofes brachten ihm die“ Sache zur Kenntnis, worauf er sofort Befehl erteilte, den Grafen von Malvasia reichlich zu entschädigen.