Seite 230 INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG Nr. 22 Chronik. BIBLIOPHILIE. (Versteigerung in Hamburg.) Das Antiquariat F, Dör- 1 i n g in Hamburg versteigert am 26. und 27. November eine etwa 6000 Bände umfassende Bibliothek, die wertvolle und vor allen Dingen schön gebundene alte Werke aus allen Zeiten enthält: Geschichte, Kulturgeschichte (darunter eine große Abteilung Bohemica), Literatur, Geographie, Reisewerke, Wissenschaften, Bibliophilie, schöne alte Einbände und illu strierte Bücher aus allen Zeiten. Besonderes Interesse ver dient die Gruppe Bibliographie und Buchwesen, die die Hand bibliothek eines Buch- und Kunstantiquars umfaßt. Der Kata log wird auf Wunsch umsonst zugesandt. BILDER (Grünewalds Marienbild.) Das Marienbild des Matthias Grünewald, ist, nachdem es Professor von Tetten born, der Restaurator der staatlichen Kunstsammlungen in Stuttgart, wiederhergestellt hat, von der Pfarrgemeinde in Stuppach bei Mergentheim, seiner Besitzerin, nicht mehr in der alten Kirche des Ortes anfgestellt worden. Die Ge meinde hat vielmehr im Anschluß an die iSüdostseite der Kir che eine eigene Kapelle für das Werk Grünewalds erbauen lassen. Sie ist von dem Stuttgarter Architekten Regierungs- baumeister Schlösser entworfen: ein einfacher Bau mit einem abgerundeten Achteck als Grundriß, dem Baukörper der alten Kirche angepaßt. Der einzige Schmuck de® Aeuße- ren ist ein hohes Steinkreuz, das weithin in das Stuppacher Tal hinein den Wanderer begrüßt. Der gewölbte Innenraum wird von dem aus geschliffenem Kalkstein errichteten Altar mit dem Bilde Grünewalds beherrscht. (Großer Bilderdiebstahl.) Aus Berlin wird uns gemel det: Aus der leerstehenden Wohnung eines bekannten Groß industriellen in der Keith-straße 10 haben unbekannte Täter eine Reihe überaus wertvoller Gemälde gestohlen. Unter den gestohlenen Objekten, die zum Großteil Weltruf besitzen, be finden sich eine von Tizian stammende Venus, ein Heiligen bild Palma V e c c h i o s, ein Nikolaus Maas, ein Antonio Palamedes und andere überaus wertvolle Gemälde, Die von der Polizei sofort eingeleiteten umfangreichen Recherchen haben bisher zü keinem Ergebnis geführt. Der Wert der ge stohlenen Bilder geht in die Millionen, NUMISMATIK (Ein Goethe-Taler.) Wie uns aus Berlin gemeldet wird, bereitet die staatliche Münze anläßlich des 100-jährigen Todes tages Goethes einen Goethe-Taler vor, der das Bildnis des Dichterfürsten tragen wird. VERSCHIEDENES. (Tod bekannter Sammler.) In Wien ist Erwein Graf Nostitz-Rieneck einem Schlaganfall im 69. Lebensjahr erlegen. Er war der Chef der bekannten Adelsfamilie, die na mentlich in der Tschechoslowakei reich begütert ist. Der Ver storbene hat die 1660 angelegte Nostitz-Galerie in Prag, die unter anderen einen großen Rembrandt, das Porträt Spi nozas, sowie Gemälde der beiden Cranachs enthält, durch zahlreiche Neuerwerbungen bereichert. Die Galerie ist wohl an seinen ältesten Sohn, den Grafen Friedrich, übergegan gen, der mit der Herzogin Sophie Hohenberg, einer 'Löch tes des ermordeten Erzherzogs Franz Ferdinand, ver heiratet ist. (George Grosz freigesprochen.) Aus Leipzig wird uns berichtet: Nach dreieinhalb Jahren ist nun endlich der Gottes lästerungsprozeß gegen den Maler George Grosz und den Direktor des Malik-Verlages Wieland Herzfelde durch Urteil des Reichsgerichtes mit einem Freispruch beendet worden. Dagegen hat das Reichsgericht entschieden, daß das Christusbild des Malers, dessenwegen die Anklage gegen ihn erhoben wurde, — der Erlöser trägt auf dem Bilde „Christus am Kreuz“ eine .Gasmaske — eingezogen und unbrauchbar ge macht werde. (Die Kunstschätze des S ahlmagnaten Frick.) Durch den Tod von Mrs. Adelaide Frick in New York geht gemäß dem Testament des Stahlmagnaten H. C. Frick, ihr Palais in der Fifth Avenue mit sämtlichen Kunstschätzen in den Besitz der Stadt New York über. Ein Teil der großartigen Bilder Fricks ist bereits seit langem aus den Sammlungen des Me tropolitan-Museums bekannt. Frick hat übrigens einen Mu- seumfonds für weitere Ankäufe von Kunstwerken alter Meister in Höhe von fünfzehn Millionen Dollar gestiftet. Man erinnert sich, daß der große Kunstsammler im Jahre 1915 die berühm ten Fragonard-Panneaux aus der Sammlung Morgan lür 1,250.000 Dollar erworben hat. Sie schmücken jetzt einen der Louis-XV.-Salons in seinem Palais in der Fifth Avenue. Fer ner gingen 40 überaus kostbare Limoges-Emaillearbeiten des 13. bis 16, Jahrhunderts aus der Morgan-Kollektion in seinen Besitz über. Unter .seinen Bildern befindet sich neben B e 1 - linis »Hl. Franziskus« (250.000 Dollar), neben Velasquez' »Philipp IV«., für den Mr. Frick seinerzeit 400.000 Dollar aus gab, »Der Brief« des V e r m e e r, der eine der Zierden der Berliner Sammlung James Simon war. (Ehrung des Oberbürgermeisters Dr, Luppe durch die Nürnberger Künstlerschaft,) Aus N ü r n :b e ir g wird uns be richtet: Am 14. Oktober begäben sich die Mitglieder des Stän digen Vertceterausschusses der Nürnberger Künstlerveremig-un- gen: Kunstmaler Albert Maurer (Nürnberger Künstlergenos- sen-sc-ha'ft), Professor Max Körner (Nürnberger Sezession), Bildhauer Max Brückner ,('Künstlergruppe „Die Hütte"), Professor Carl Schmidt-Helmbrechts (Reichsverband bild. Künstler) und Architekt Fritz Mayer (Bund Deutscher Architekten) zusammen mit Professor Philipp Kittier, Pro fessor Dr. Fritz Traugott Schulz, dem Direktor der städti schen Kunstsammlungen, Architekt Gustav Krieg und Bild hauer Johannes Müller in die Wohnung von Oberbürger meister Dr. Luppe, um ihm anläßlich seiner Genesung die Glückwünsche der Nürnberger Künstlersdhaft zu iiherbringen. Architekt Krieg schilderte in einer Ansprache, wie sehr die Nürnberger Künstlerschaft während der schweren Erkrankung um Oberbürgermeister Dr. Luppe gebangt habe und wie sehr sie nunmehr erfreut sei, daß er vollkommen wiederhergestellt sei. Jederzeit sei Dr. Luppe ein tatkräftiger Förderer — man könnte sogar sagen — ein väterlicher Protektor der ortsansässi gen Künstler gewesen und hätte die lebende Kunst -mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gepflegt und gehegt. Um diesen engen Beziehungen sichtbaren Ausdruck zu verleiben, Ibat er ihn, seine von der Künstlerhand des Bildhauers Johan nes M ü 11 e r geschaffene Büste als ein -Symbol der Verehrung und -des schuldigen Dankes entgegenzunehmen. Oberbürger meister Dr. Luppe dankte sichtlich bewegt über die ihim Zuteil gewordene Ehrung. Er betonte, daß es ihm stets ein wirkliches Herzensbedürfnis gewesen sei, zur Pflege der Nürnberger Kunst und des Nürnberger Kunstlebens zu tun, was I nur möglich gewesen wäre, und er versprach, daß er bemüht sein würde, in der jetzigen schweren Zeit auf kulturellem Ge biet zu retten, was nur gerettet werden könne. Er würde es sich angelegen sein lassen, hierbei in erster Linie die bildenden Künstler zu berücksichtigen. Professor -Carl Schmidt- Helmbrechts überreichte der Fcau Oberbürgermeister namens der Nürnberger K-iinstlerscihaft einen prächtigen Blu menstrauß und -dankte ihr für -die aufopfernde Pflege, die -so viel zur baldigen Gesundung ihres Gatten (beigetraigen habe. Die schlichte Feier war ein neuer Beweis 'für -die -große Ver ehrung -der K-ünstlerscbaft ihrem Oberbürgermeister gegenüber. MUSEEN. (Neuerwerbungen der Berliner Museen.) Das Kupferstich- Kabinett der Staatlichen Museen in Berlin stellt in de: kleinen Reihe seiner Neuerwerbungen (im Vorraum der gra phischen Sammlungen) eine Zeichnung Rem-brandts aus, die vor kurzem erworben werden konnte. Das meisterliche Blatt, in den 1640er Jahren entstanden, stellt die Grablegung Christi dar, in einer -Komposition, die von dem berühmten, 1639 gemalten Bilde der Münchner Pinakothek — au-s der für den Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien gemalten Pas-sions- Folge — ihren Ausgang genommen hat. Doch ist die für Berlin erworbene, bisher in deutschem Privatbesitz befindliche Kom position in dieser Fassung sonst nicht überliefert. Daneben fesselt unter den Neuerwerbungen eine von Geheimrat Max J. Friedländer geschenkte Figur Goyas, ein Zeichnungs-Entwurf vermutlich aus der Serie -der unge- dr.uckten „Caprichos : die in schwarzer Kreide gezeichnete männliche Gestalt gehört in den phantastischen Bereich jener satirischen Folge, in -der Goya zwischen 1794 und 1803 sein revolutionäres Temperament niederlegte. Von Gabriel de Saint-Aubin (1724—1780), dem hervorragenden Pariser Zeichner, erwarb die Berliner Sammlung zwei ausgezeichnete Studien: die eine, die Vorstudie zu einer Radierung aus der Geschichte von Laban und Rahel; die zweite, noch bedeuten der mit allem Raffinement dieses -genialen Technikers gezeich net und zweimal, 1767 und 1779 datiert, ein Bacchantenzug von sprühender Beweglichkeit, offenbar kurz vor seinem Tode von Saint-Aubin noch überarbeitet.