Internationale Rammler-Reifunfl Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde Herausgeber: Norbert Ehrlich 24. Jahrgang Wien, 15. Mai 1932 Nr. 10 grosser Crfolg der 33oerner-Jluktionen in Ceipzig. Aus Leipzig wird uns geschrieben: Mit besonderer Spannung sah man diesmal der Versteigerung der Sammlung des Grafen Yorck von W artenburg und der Zeichnungen aus der Eremitage bei C. G. Boerner ent gegen, sind doch diese Frühjahrs-Auktionen in Leip zig stets der Prüfstein für die Preisbildung und die Aufnahmefähigkeit des Kupferstichmarktes gewesen. Umso mehr heute, wo der Kunstmarkt in einer Weise zerrüttet ist, daß jeder einzelne Verkauf ein Zufall erscheint und Voraussagen ganz unmöglich sind. Der Erfolg war erstaunlich. Die hohe Qualität des Gebotenen und Boernersche Regie vereinigte eine der stärksten Versammlungen, die der Leipziger Auktionstisch je sah. Wenige der bekannten Kabi nettsdirektoren, Händler und Sammler fehlten, da für aber sah man einige Privatkäufer zum erstenmal, darunter zwei deutsche, die sich eine Anzahl der kostbaren Stiche sicherten. Und es wurde wirklich und lebhaft verkauft, fast konnte man sagen, ausverkauft. Die Preise, die im ganzen noch weit über den Friedenspreisen liegen, erreichten eine Höhe, die etwa der Bewertung im Jahre 1926 entspricht; bei den großen Raritäten des XV. Jahrhunderts und den besten Qualitäten voll Dürer und Rembrandt gab es aber auch dies mal wieder Preise, an die man damals nicht dachte, so 21.000 Mark für den Ritter, Tod und Teufel von Dürer, 18.500 Mark für ein Marienleben, 12,500 Mark für die Geburt Christi des Meisters E. S., 13.500 Mk. für Christus erscheint der Magdalena von Schon- gauer, 23.000 Mark für die drei Kreuze Rembrandts. Der höchste Preis der Auktion wurde aber nicht für einen Stich, sondern für das herrliche Aquarell Gabriele de Saint-Aubins, die »Armide«, be zahlt, für das ein Amerikaner gegen stärkste fran zösische Konkurrenz 37.000 Mark bezahlen mußte. Das unglaublich schöne Dürer -W erk der Sammlung Yorck erregte von den eigentlichen alten Meistern das größte Interesse und wurde durchweg zu guten Preisen verkauft, beginnend mit 14.000 Mark für Adam und Eva, bis zu den 7500 Mark für eine frühe Ausgabe der Apokalypse. Nur ganz we nige Nummern blieben zurück. Aehnlich lag es bei Schongauer und dem Meister E. S. Aber auch die einzelnen seltenen Blätter anderer Meister des XV. Jahrhunderts fanden fast ausnahmslos ihren Käufer. Die Stiche der deutschen Klein meister und andere kleinere Werte waren wenig begehrt. Lebhaft dagegen bot man wieder die deut schen Holzschnitte der Sammlung. Eine besondere Sensation ergab das Ausgebot einer Sammlung früher niederländi scher Holzschnitte, Um diese künstlerisch oft derben, aber überaus seltenen Blätter erhob sich Nummer für Nummer ein lebhafter Kampf. Holland erwarb sie alle, mußte aber bis zum Vier- bis Sechs fachen der erwarteten Preise dafür bezahlen. Eine Partie französischer Farbstiche und Schweizer Ansichten bildete den gleich falls sehr begehrten Schluß dieses Teiles. In einem Nachtrag wurden nochmals kostbare Dürer-Blätter und zu durchweg entsprechenden Preisen, wie bei Yorck, verkauft, ohne daß sich die Aufnahmefähigkeit des Publikums erschöpfte, Sie erhob sich vielmehr zuletzt gegenüber einer kleinen Serie feinster Radierungen Rembrandts zu intensivem Bieten und lebhafter Konkurrenz um die Hauptstücke. Als tags darauf die Versteigerung der Lenin- ärader französischen Zeichnungen des XVIII. Jahrhunderts begann, war das große Hufeisen in dem schönen Auktionssaal des Leipziger Museums wiederum dicht besetzt. Diesmal standen sich eine Gruppe Pariser Händler und Schweizer Sammler scharf gegenüber. Als weitere Konkurrenz trat die versteigernde Firma mit sehr hohen Auf trägen auf, die aber alle ein amerikanischer Sammler bei den beiden schönsten Stücken der Sammlung überbot. Er. kaufte die beiden schönsten Gouachen von dem ^teren Moreau für 14.500 Mark und die schon oben erwähnte »Armide« von Saint- A u b i n für 37,000 Mark. Diese Versteigerung brach te mehr als die Taxe. Es dürfte wenige Auktionen geben, von denen man das sagen kann. Wie stetig und stark der Kupferstichmarkt selbst in diesem Jahre furchtbarster Wirtschaftsnot noch ist, erhellt aus einem Vergleich. Der Gesamtumsatz dieser Boerner-Auktion betrug ohne das Aufgeld etwa 600.000 Mark. Die kostbarste Kupferstich sammlung, die in diesem Jahrhundert vor dem Kriege ausgeboten wurde, war die Sammlung des Freiherrn Adalbert von L a n n a, die anno 1909 zu einer Zeit verkauft wurde, als Deutschland und die Welt wohl wirtschaftlich ihre blühendste Periode erlebte. Sie