Seite 186 INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG Nr. 21 Robert Zahn fügt diesem Vorwort folgendes bei: Mancher, der die auf örtlich und zeitlich so weit entfernte Gebiete sich erstreckende glänzende Sam meltätigkeit von Dr, James Simon verfolgt hat, wird bei ihr die klassische Antike vermißt haben. Daß sie zurücktreten mußte, beruhte, wie ich aus dem Munde des Dahingegangenen selbst weiß, auf wohl überlegter Selbstbeschränkung. Es wäre aber ganz falsch, wollten wir daraus schließen, daß Dr. Simon die griechische und römische Kunst nicht geschätzt hat. Im Gegenteil, er hat immer das wärmste Inter esse für sie und die Abteilungen der Museen, die ihr dienen, gezeigt, Und diese Ausstellung beweist, daß er wenigstens in gewisser Richtung das strenge Prinzip gelegentlich durchbrochen hat. Zu seinen Schätzen an Werken der Kleinkunst und des Kunst gewerbes gehörte auch eine gewählte Sammlung griechischer, etruskischer und römi scher Schmuckarbeiten, denen sich noch einige andere antike Stücke änschließen. Wir finden da neben feinen griechischen Erzeugnissen des 4. Jahrhunderts vor Chr., z. B. den Ohrringen mit hübsch modellierten Löwenköpfen, dem zierlichen Anhänger einer Halskette in Form eines Stierköpf chens, solche aus der jüngeren, sog. hellenistischen Periode, wie den reizenden Armreif, der eine sich ringelnde Schlange wiedergibt, die hübschen Ohr gehänge mit schwebenden Eroten, die merkwürdigen großen Glieder von Schmuckketten aus Achat mit kapitälartiger goldener Fassung, die stattliche Hals kette mit dem Schmetterling als Anhänger, die sich einer aus den griechischen Kolonien der russischen Schwarzmeerküste bekannten Schmuckgruppe ein reiht (vgl. Zahn, Die zweite Sammlung des Herrn F. L. von Gans, Galerie Bachstitz II, S. 10 zu Nr. 28, Taf. 7, wo auf das vorliegende Stück hingewiesen ist). Hierher gehört auch die aus dem ägyptisch-griechi schen Kreise stammende einfache geflochtene Kette mit dem großen, aus blauer Fayence gebildeten Amulettanhänger in Form des Widderkopfes des Gottes Chnum. Bemerkenswerte Arbeiten der alt etruskischen Goldschmiedekunst sind die zwei Fi beln mit den langen Nadelscheiden, die eine mit Fig. 1. Bronzino, Miniaturbildnis eines Kindes (wahrschein lich aus der Familie der Medici.) Nachlaß Dr. James Simon. feinster Granulationsverzierung, in der die Etrusker besondere Meister waren. Ein prunkvolles Werk ist die große, an geflochtener Kette hängende linsen förmige Bulla, eine typische Schmuckform der Etrusker. Als Beispiel aus der römischen Kaiserzeit nennen wir den gewundenen starken Armreif mit der zwischen den Enden des Bügels eingefügteü be weglichen Kapsel, in die ein konisch geschliffener Sardonyx eingesetzt ist. Von den nicht zum Schmuck gehörenden Stücken seien schließlich zwei feine Silberfigürchen hervorgehoben, eine sitzende Sphinx, von sorgfältiger archaisch-griechischer Arbeit und die noch aus dem Altertum stammende Statuette des stehenden jugendlichen Christus. Schicksale einer Versteigerung. Aus Berlin wird uns geschrieben: Auch Versteigerungen haben mitunter ihre Schicksale und es ist ein besonders trauriges, was der Sammlung Ihne zuteil ward. Am 15. Juli d. J. sollte diese Sammlung im exekutiven Wege durch Keller & R e i n e r versteigert werden. Eine große Menschenmenge sammelte sich im Hause der Frau von Ihne an, um zu verhindern, daß der Besitz der Frau, die sich um die Fürsorge von Tausenden von Kriegsblinden verdient gemacht hatte, feilgeboten werde. Es kam zu großen Demonstrationen gegen die Gerichtskommission und die Folge war, daß die Versteigerung tatsächlich nicht vorgenommen wer den konnte. Es wurde dann ein zweiter Termin für den 16. September anberaumt lind als neutraler Ver- steigerimgsort der große Gärtensaal am Zoo be stimmt, Im letzten Augenblick beschloß man aber, die Auktion doch wiederum im Hause der Frau von Ihne abzuhalten, Gewitzigt durch die gemachten Erfahrungen wurde das Haus Von Schupoposten um stellt und es wurde nur eingelassen, wer bare 100 Mark vorzeigen konnte, ausgenommen die Presse vertreter, die Kommissionäre und die zahlreichen Kriminalbeamten. Unter solchen Vorsichtsmaßnahmen verlief die i Auktion ohne jede Störung, wenn auch das Ergebnis die schlimmsten Befürchtungen übertraf. Frau von Ihne hatte zu Beginn der Versteigerung noch einmal darum gebeten, den hohen Wert der Kunstwerke zu beachten. Aber bald darauf mußte der Auktionator selbst feststellen, daß die gebotenen Preise eine »Verschleuderung ohnegleichen« bedeuten. Mit Ausnahme des Hauses Markgraf, das zwei ausgezeichnete flämische Verduren um 5200 Mark erstand, hielten sich die bekannten Firmen und Sammler von der Teilnahme an der Versteige rung zurück; von den Museen war überhaupt nie mand erschienen. So konnte das Hauptstück der Sammlung, die vier Heiligenfiguren des T i e p o 1 o, die erst vor kurzem von hervorragender Seite auf 150.000 Mark geschätzt worden waren, zum Ausge bot von 10.000 Mark keinen Käufer finden und gin gen zurück. Ein Pietro L o n g h i, den Geheimrat Friedländer in seiner Expertise als ein ausgezeich netes Werk bezeichnete, brachte nur 1600 Mark. Das Bildnis Louis XIV. von Pierre M i g n a r d, für das man aus Paris 100.000 Franken geboten hatte, ging mit 700 Mark weg, da es nicht aus Deutschland ausgeführt werden darf. Zwei prachtvolle Porträts i des Moroni kamen zusammen auf 520 Mark. Am