Tnfcmuffoiuile ^ammler^eifunj Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde Herausgeber: Norbert Ehrlich 25. Jahrgang Wien, 1. Jänner 1933 Nr. 1 Dem 25. Jahrgang zum Se leite! Die »Internationale Sammler-Zeitung« tritt mit der vorliegenden Nummer in das fünfundzwan zigste Jahr ihres Bestandes. Ihr Geburtstag ist der erste Februar, der in einer den gegenwär tigen Verhältnissen angemessenen Weise begangen werden soll; jetzt schon mag darauf hingewiesen sein, daß die »Internationale Sammler-Zeitung« in allen Lagen dem Programm treu geblieben ist, das sie sich bei ihrer Gründung im Jahre 1909 gestellt hat. Was wir vor nunmehr einem Vierteljahrhundert — im Leben einer Zeitschrift eine lange Zeit — als Aufgabe der »Internationalen Sammler-Zeitung« be zeichnet haben, das gilt auch voll und ganz noch heute. Wir schrieben damals: »In der »Internatio nalen Sammler-Zeitung« wird der Versuch gemacht, den einzelnen Gebieten des Sammlertums Zusam menhänge zu geben, das ästhetische Interesse an der edlen Liebhaberei zu vertiefen und eine alles Inter essante und Einschlägige berührende Berichterstat tung in einer bisher nicht geübten Weise zu pflegen. Die »Internationale Sammler - Zeitung« will ein Zentralorgan sein, das, gestützt auf die Mitarbeiter schaft hervorragender Fachmänner und Sammler und auf eine Fülle von Material, den Lesern ein aus Einzelheiten zusammengesetztes Gesamtbild des Sammelsports bietet. Der Sammelsport hat seine Psychologie, die voll interessanter Einblicke noch ihres Forschers harrt. In all diesem scheinbar Spielerischen ist oft ein tie ferer Drang, der aus verborgenen Gefühlskräften, aus geheimen Begabungen, aus dem Sinn oder der Sehnsucht nach Vergangenheiten sich nährt. Die Freude an der Seltenheit ist nicht bloß der snobi stische Stolz auf einen auch von anderen begehrten Besitz. Wie viel tiefer Sinn und oft wehmütiger Ge nuß wird in dem Sammler geweckt, wenn er die An mut einer vergangenen Epoche, einer entschwun denen Kultur, in all den seltenen Gegenständen, ihren Formen und ihrer Sprache sich vergegenwär tigt. Sie sind ihm lebendige Zeugen, die sich über Zerstörung, Zeit und Tod hinaus erhalten konnten, sind ihm eine stumme und doch beredsame Sprache aus Dämmerungen, aus Tagen des Glanzes und des Niederganges, und besitzt er die Phantasie des heim lichen Künstlers, so wird er aus toten Dingen sich Lebendiges wieder schaffen, Menschen schauen, die mit einer unnachahmlichen Grazie aus diesem wun derbaren Kelch genippt, jenes stolze Schwert ge griffen, diese kostbare Münze in der Hand gehalten haben. Auch aus papierenen Dokumenten, aus einem selten gewordenen Buch, aus einer alten Flugschrift, aus einem vergilbten Blatt ersteht ihm wieder eine ganze Welt.« Auch was wir vor 25 Jahren von der kulturellen und kommerziellen Bedeutung des Sammlertums ge sagt haben, hat noch seine Gültigkeit nicht verloren. Durch den Eifer im Erwerben seltener Dinge sind neue Werte und neue Gebiete des Handels erstan den, Der Kunsthandel ist ein wirtschaftlicher Faktor, der in der Bilanz vieler Länder eine Rolle spielt. Heute infolge der durch die Devisensperre unnötig verschärften Wirtschaftskrise leider eine geringere, als früher, aber immerhin eine Rolle, Aber es mehren sich die Zeichen, daß wir an einem Wendepunkt zum Besseren stehen, die Devisensperre ist im Ab bauen, die Wiederaufrichtung der Wirtschaft kündigt sich in vielen Formen an. Mit der Wiederbelebung der Wirtschaft wird aber unzweifelhaft das Samm- lertum und mit ihm der Kunsthandel zu neuer Blüte erwachen. Denn das Sammeln ist keine Sache, die von der Mode abhängt, es ist ein Trieb, den Gott in die Brust des Menschen gelegt hat und Natur triebe lassen sich nicht verdrängen. Wie sagt doch der römische Dichter Horaz? »Treib die Natur mit dem Stocke hinaus, sie kehret doch wieder.« Im Zeichen der Hoffnung auf eine bessere Zeit begrüßen wir das neue Jahr, das eben seinen Weg antritt.