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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Nr. 3
ben; unsere Sammlung war uns nicht nur ein Mittel
kunsthistorischen Verständnisses, sondern auch ein
Quell reinen Genusses. Sie hat uns ermöglicht, den
Glauben an den schöpferischen Willen und die schöp
ferische Kraft dieser Zeit nicht zu verlieren.
Louis Treumann
Wenn Menschen in ein gereiftes Alter treten,
pflegen sie gewöhnlich ein bißchen Bilanz zu machen
über ihre bisherige Lebensweise. Da stellt sich dann
gewöhnlich bei offenem ehrlichen Sinn, und zu wem
sollte man ehrlicher sein, als zu sich selbst, die Tat
sache ein, daß man darauf kommt, zwar leider zu
spät, manches unterlassen zu haben, was man mit
Leichtigkeit, ja beinahe mühelos, besorgen hätte
können. So geht es mir bei dem Gedanken: Wieso
kommt es, daß ich keine Antiquitäten besitze? Wie
oft trat die Gelegenheit an mich heran, auf günstigste
Art Wunderdinge an Altertümern zu ergattern, und
immer wieder kam etwas dazwischen, was mich
diese Kostbarkeiten entwischen ließ. Von Natur aus
— bei Gott — nicht neidisch veranlagt, aber wenn
ich zu Freunden komme, die mit Stolz ihre Antiqui
täten zeigen — wahrlich, es beschleicht mich ein
kleiner, sagen wir lieber gleich, ein großer Neid.
Abgesehen davon, daß Sammlungen, seien es Por
zellan, Bilder, Münzen, Marken, Teppiche, Möbel,
Stiche etc., einen stets steigenden Wert besitzen, so
daß das Geld, welches man einst dafür ausgegeben,
sich in kaum ausdenkbarer Höhe verzinst, also nie
nutzlos verausgabt war — ist der Blick auf all die
Kostbarkeiten und das Wandeln unter ihnen —
erhebend.
Menschen, die sammeln, haben immer ein gutes
Gemüt und sind Idealisten. Wehe dem Menschen,
dem der Idealismus abhanden kommt! Der reale
Mensch allein, ohne Idealismus — ist nur Fleisch ge
wordene Maschine. Ideale Menschen haben Herz.
Menschen mit Herz — haben Sinn für die Kunst und
die Künstler! Musik, Theater und Sammeln von
Kunstgegenständen gehören somit in das Reich de
rer, die beim Abschluß ihres Lebens sagen können:
»Ich habe genossen.«
Carl von Zeska
Das „Sammeln' 1 , das einst heiß begehrt,
Hat leider heute nicht viel Wert.
In dieser Zeit, die fürchterlich
Sammle, o Mensch, nur selber dich!
Mein "Werdegang als Sammler.
Von Hubert Marischka,
Direktor des Theaters an der Wien.
Wie ich über den Wert des Sammelns denke,
soll ich Ihnen das sagen? Da möchte ich erst darüber
etwas erzählen, wie ich Sammler geworden bin. Ich
glaube, der Drang und die Lust zum Sammeln muß
entweder angeboren sein oder einem zumindest
in der Jugend eingeimpft worden sein; bei mir war
es jedenfalls so. Schon mein seliger, sehr kunstver
ständiger Vater und mein im Vorjahre verstorbener
älterer Bruder Franz waren eifrige Sammler von
Kunstgegenständen aller Art, wie Stilmöbel, Holz
schnitzereien, Bilder alter Meister usw. Dies nicht
nur, weil es ihr Beruf als Kunstgewerbler so mit sich
brachte, sondern auch bestimmt einem inneren
Drange folgend. Ihr Beispiel wirkte sich zweifellos
auch auf mich schon in meiner Jugend aus und auch
ich meinerseits fing zu sammeln an, natürlich erst
solche Dinge, die jeder von uns wahrscheinlich in
seiner Jugend gesammelt hat, wie Marken usw. Auch
für das Sammeln von Büchern hatte ich schon von
jeher etwas übrig.
Uebrigens fällt mir jetzt eine Anekdote aus
meiner Jugendzeit ein, die in das Gebiet der Samm
lertätigkeit hinüberspielt. Mein Vater war als Ge
schäftsmann und gleichzeitiger Sammler von Kunst
gegenständen ein Original und konnte sich oft viele
Jahre nicht von einem ihm lieb gewordenen Ver
kaufsgegenstand aus seinem Kunstgewerbe- und
Antiquitätengeschäft trotz der lockendsten Anbote
trennen. Oft geschah es, daß er einfach solche
Gegenstände den Blicken eifrig nachforschender
Sammler dadurch entzog, daß er solche Gegenstände
aus seinem Geschäft entnahm und irgendwo ver
steckte, nicht etwa darum, um später vielleicht einen
höheren Preis für einen solchen Sammelgegenstand
zu erzielen, sondern bloß aus reiner Sammlerfreude.
An Sonntagen, wenn das Geschäft gesperrt war, holte
er solche Gegenstände dann aus ihrem Versteck her
vor, betrachtete sie liebevoll stundenlang, um sie so
fort verschwinden zu lassen, wenn unerwarteter Be
such kam. Zum Beispiel hatte mein Vater auch als
Musikliebhaber eine Sammlung alter Spielorgeln und
mechanischer Spielwerke, die er oft heimlich hervor
holte, wenn er sich unbeobachtet glaubte, um sich
behaglich an ihrem eigenartigen Klangreiz und an
ihren alten Melodien zu erfreuen. Mich als seinen
musikalischesten Sprößling zog er häufig zu diesen
heimlichen Konzerten heran und ich glaube, daß ich
gerade diesem Umstand es verdanke, daß die Liebe
zur Musik schon in meinen Kinderjahren in mir er
weckt wurde.
Noch mit anderen hervorragenden Sammlern
kam ich damals in Berührung und hat sich mir unaus
löschlich eine Episode eingeprägt, die ich kurz er
zählen möchte. Die Sammlerkreise, mit denen mein
Vater und später mein Bruder als sein Nachfolger
im Geschäft in Berührung kam, umfaßten hauptsäch
lich die Hocharistokratie, selbst Mitglieder des Kai
serhauses standen auf diesem Gebiete mit meinem
Vater und mit seinem Geschäft in enger Beziehung.
Einer der eifrigsten Kunstsammler war bekanntlich
Erzherzog Franz Ferdinand von Oester
reich-Este, selbst noch als Thronfolger. Eine
seiner Sammlerspezialitäten war das Sammeln von
den heiligen Florian darstellenden Figuren. Da hat
nun einmal mein Vater, ich glaube in Tirol oder Kärn
ten, ein besonders schönes Stück aufgetrieben und in
seinem Geschäft zum Entzücken aller Kenner aufge
stellt. Die Figur wurde von ihm als unverkäuflich be
zeichnet und selbst dem hohen Herrn gelang es nicht,
trotz monatelangem Bemühen, ihm dieselbe für seine
Sammlung zu überlassen. Lockungen aller Art schie
nen auf meinen Vater keinen Eindruck gemacht zu
haben und schließlich ließ er die Figur auf erprobte
Art aus seinem Geschäft verschwinden und behaup
tete, sie sei gestohlen worden. Doch der Erzherzog,
der meinen Vater und seine Sammleroriginalität sehr