m Seite 30 Nr. 3 INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG Englische Möbel des 17. und 18. Jahrhunderts. Englische Möbel des 17. und 18. Jahrhunderts werden immer seltener. Hält man sich vor Augen, wie klein das heute so große London, die fast einzige Stätte bedeutender Ebeneistenarbeit in England noch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war - es zählte damals kaum 180.000 Einwohner, bedenkt man weiters, wie gering der Abnehmerkreis der zah lungskräftigen Oberschichte für Qualitätsmöbel war, welche noch dazu in England fast ausnahmslos Ge brauchszwecken und nicht, wie beispielsweise in Frankreich, repräsentativen Zwecken dienten, so wird man sich darüber nicht wundern. Liebhaber dieser Möbel werden darum Herrn Armand Go bi et Dank wisren, daß er aus:'seiner renommierten Privatsammlung einen erlesenen Teil in seiner kürzlich in Berli n (W 9, Göiingstraße 7) eröffneten Kunsthandlung zum Verkaufe stellt. Ihrer Provenienz nach befinden sich unter diesen Beständen Möbel aus berühmten Häusern des 17. und 18. Jahrhunderts, die zum Teil nicht mehr bestehen, so aus David Garricks Räumen im Adelphi Tcr- race, aus dem von Robert Adam im Jahre 1770 er bauten und mit Innenausstattung versehenen Portman Square r 5, aus der ehemaligen Residenz der Prinzeß Royal Duchesse of Fife, ferner aus dem Besitz des verstorbenen Marquis of Lincolnshire, des verstorbe nen Herzogs von Wellington, aus der Janes Collec tion, den Sammlungen Miss Mooren Lodge, Örmcly und anderen. Eine Vorstellung von der Kostbarkeit der bei Gobiet vereinigten Kunstwerke geben die hier abge bildeten Gegenstände. Unsere Fig. 2 zeigt die aus der Sammlung des verblichenen Marquis of Lincolnshire stammende Standuhr Georgs II. Sie ist aus figu riertem Walnuß angefertigt und hat einen kuppeiför migen Aufsatz. Das Achttagewerk rührt von J. S e d- don in London her; das Erzeugungsjahr dürfte 1720 sein. Von den Möbeln selbst führen wir in Fig. 3 einen Mahagonischreibtisch vor, von dem der prachtvoll ausgestattete Katalog folgende kurze Beschreibung gibt: „Doppelseitig, beiderseits mit Laden versehen, an der einen Front die Oberlade mit Schreibeinrich tung, ausziehbar, das ringsum laufende. Fries sowie die Mittelstücke dekorativ bogenförmig geschnitzt. Mahagoni-Furnier auf Eichenrahmen hoher Qualität. Höhe 79 cm, Länge .122 cm, Breite 81,5 cm. Chippen dale, zirka 1760“. Dieses Möbelstück, das sich frü her in der Sammlung John Smiley Esq. in London befand, hat eine schöne Tönung und hat noch nicht unter der modernen Politur gelitten. Bei der Bewer tung alter englischer Möbel muß nämlich darauf ge achtet werden, ob das Stück hinsichtlich der Politur beschaffenheil sich im sogen, „gewaschenen Zu stande“ 1 befindet, d. h, ob die ursprüngliche Patina durch Waschen entfernt wurde, oder ob dasselbe einmal „re- poli iert“' wurde, d. h. ob die originale Politurschicht des Möbels gänzlich entfernt und mit völlig neuer Politur versehen wurde oder eine Variante des letzte ren 1 alles ob das Möbelstück das in England sogenannte „French polish“ (eine harte, gewöhnlich dunkel gehaltene, die natürliche Holzmaserung meist verdeckende Politur)- trägt. Den englischen Möbeln, die 48 Seiten füllen, hat die Kunsthandlung Gobiet aus ihren reichen Be- Fig. 2. Standuhr Georgs II. von England.