Nr. 3 INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG Seite 35 Geflickte Ware. Die Streitfrage, ob das sogenannte ,,Flicken" von Brief marken, d. h. das Ersetzen fehlender Teile, als Betrug an zusehen sei, ist von einem Wiener Bezirksgericht in einer mindestens für Oesterreich gültigen Weise gelöst worden. Der Markensammler Herr Wilhelm Grone in Lava münd (Kärnten) hatte sich, wie von uns in der ersten März- Nummer gemeldet wurde, von dem Wiener Briefmarkenhändler Herrn Erwin S i e g 1 eine Probeauswahl kommen lassen, die sich als „geflickte Ware" erwies. Herr Grone fühlte sich da durch benachteiligt und erstattete gegen den Händler eine An zeige wegen Uebertretung des Betruges. In der ersten Ver handlung erklärte Siegl, die Preise seien so niedrig gestellt ge wesen, daß es -jedem klar sein müßte, daß es sich um keine Prima-, sondern um die sogenannte zweite Qualität handle. Die Verhandlung wurde schließlich zur Einvernahme eines Sach verständigen vertagt. In der zweiten Verhandlung, die nun stattfand, gab der als Sachverständige einvernommene Oberstleutnant a. D. Ing. Robert Ra da folgendes Gutachten ab: In der Philatelie ist das Reparieren von Marken eine umstrittene, jedoch-nicht ver botene Handlung. Im vorliegenden Falle sind die Marken aber so schlecht repariert, daß jeder Laie mit freiem Auge die Manipulation wahrnehmen muß. Das spricht für die lautere Absicht des Angeklagten, da zum Beispiel die Re parierungen, die in Paris vorgenommen wurden, dem Laien überhaupt nicht erkennbar sind. Wenn man Marken so bil lig anbietet, wie Siegl es tat, so kann man sich denken, daß Marken nicht einwandfrei sind. Es muß aber nicht der Fall sein, da auch ein Notverkauf vorliegen kann. Nur das Ersetzen fehlender Teile ist erlaubt, Uebermalen der Marke stellt schon eine F ü 1 s r h u i; g dar. Richter: Ist das Verkaufen' reparierter Marken nicht eine Gefahr für den Anfänger unter den Markensammlern? — Sachverständiger: Für den Anfänger ist das Markensammeln ohne fachmännische Anleitung überhaupt eine Gefahr, da die Bücher, mit deren Hilfe Fälschungen erkannt werden können, sehr teuer sind. — Richter: Karin ein Sammler zu so billigen Preisen Marken kaufen, ohne sie irgendwie bedenklich zu fin den? — Sachverständiger: Wenn er am Mond lebt, ja! Oder er glaubt an den einmaligen Glücksfäll eines Notverkaufes. Meistens handelt es sich aber um geflickte Marken. Auf Grund dieses Gutachtens sprach der Richter den Angeklagten frei und begründete das Urteil damit, daß das „Reparieren" von Marken nicht als betrügerische Handlung irrt Sinne des Strafgesetzes anzusehen sei und ein Mann, wie der Anzeiger, der seit 48 Jahren sammle, nicht damit rechnen durfte, daß er zu so einem ermäßigten Preise, wie der An geklagte die Marken angeboten hatte, Prima-Ware geliefert erhalte. Chronik. BIBLIOPHILIE. (Die Woche des Buches.) Das Vaterländische Front Werk „Neues Leben" in Wien hat gemeinsam mit dem Bundeskom missär für Propaganda von Hammerstein -Equord und dem österreichischen Buch-, Kunst- und Musikalienhandel beschlossen, vom 10. bis 17. April eine Woche des Bu ches in ganz Oesterreich zu veranstalten. Dem österreichi schen Buche wird in dieser Woche der ihm zukommeridc Ehrenplatz in den Schaufenstern der Buchhandlungen einge räumt werden. Durch besondere Feiern in den Schulen soll der studierenden Jugend der kulturelle Wert des Buches dar gelegt werden, (Gute Bücherpreise.) Bei der am 18. und 19. März von Max Perl in Berlin durchgeführten Versteigerung wurden recht gute Preise für Bücher erzielt. So zahlte man für die vollständige Ausgabe von Goethes Werken letzter Hand 185 Mark. Die ausgewählten Schriften von E. Th. A. Hoff man n mit 16 Kupfern und 10 dekorativen Bänden brachte 150 Mark, Widma n’s „Historie von den Sünden und Abenteuern des Dr. Faust" 85 Mark. Dagegen erzielte die erste Shake speare Ausgabe von Schlegel und Tieck nur 45 Mark. Von den illustrierten Ausgaben des 19. [ahrhunderts erreichten Glasbrenners „Lachende Kinder" mit Illustrationen von Hosemann 53 Mk., Richte r’s Erstausgabe der Schwarzen Tante 180 Mk., B e c h s t e i n's „Märchen" mit den 187 Holz schnitten Richters 46 Mk., die „Volksmärchen der Deutschen" von Musäus in der 1. Ausgabe mit 131 Holzschnitten 415 Mk., die 1. Ausgabe von Schwers „Alte und neue Kinder lieder" 155 Mk. Die erste Ausgabe von St. Georges „fahr der Seele" kostete 95 Mk. Von den Erstausgaben R i 1 k e's er zielte die „Weise von Lieb und Tod" 55, das Stundenbuch 26 Mark, Mir zur Feier 22 und das Buch der Bilder 18 Mk. Auffallend gering war der Preis für den „Pan". Alle fünf Jahrgänge wurden mit 110 Mk. zugeschlagen: vor einigen Jah ren zahlte man ein Vielfaches dieses Betrages. (Dr. Paul Wertheimer f) In Wien starb der Schrift steller Dr. Paul Wertheimer, der ein feiner und liebender Kenner des Biedermeier, Viennensia-Sammlern als Herausgeber der Neuausgaben von Gräffers Alt-Wiener Dosenstücken" Nicolais „Reise nach Oesterreich" und etlicher Raritäten aus der josefinischen Zeit bekannt ist. BILDER. (Ein seltsames Bild.) Im Kloster Benediktbeuern wurde ein seltsames Bild entdeckt. Es zeigt 70 Aehren, die auf langen Halmen stehen. Jede der Aehren trägt ein kleines Porträt. Sachverständige äußern sich dahin, daß es sich um eine Arbeit des bekannten bayrischen Barockmalers Georg As am handle. Die Porträts sind die Köpfe der Mönche, die dem Künstler Modell standen. (Die Rembrandt-Sammlung de Bruyns ) Die Rembrandt- Sammlung de Bruyns in Spiez, die vor einigen Jahren an der vornehmsten Rembrandt-Stätte, im Ryksmuseum in Am sterdam ausgestellt war und da allgemeine Anerkennung fand, wird vom 17. April bis zum 31. Mai.im Kunstmuseum in Bern zu sehen sein. Die Sammlung zählt 450 Radierungen Rembrandts in tadellosen, meist frühen Zuständen. (Reynolds-Ausstellung.) In London findet gegenwärtig eine große R e y n o I d s - A u s s t e 11 u n g statt, die nicht we niger als 100 Gemälde und Zeichnungen umfaßt. (Exekutive Räumung einer Ausstellung.) Das Bezirksamt in P r o ß n i t z hat die exekutive Räumung der Ausstellung des Malers Doleial im Proßnitzer Rathaus angeordnet. Dolezai hat in dem ihm unentgeltlich zur Verfügung gestellten Räu men seit zehn Monaten ausgestellt, ohne daß es der Gemeinde gelungen wäre, die Ausstellungsräume freizubekomrnen. Die Exekutionsklage der Stadt hat er mit einem ganz ungewöhn lichen Schritt beantwortet, er trat in den Hungerstreik. (Bilderdiebstahl.) Aus Prag wird uns gemeldet: Wäh rend einer Uebersiedlung wurden Herrn Zdenko Rabl, I. Re- volucni trida 15, drei wertvolle Oelgemälde gestohlen. Es handelt sich, um ein Landschaftsbild von V avfina, „Meeres ufer" von Achenbach und „Wilder Mohn" von P. J. Maly. NUMISMATIK. (Eckige Münzen.) Bei Ausprägung der neuen englischen Münzen werden sehr weitgehende Aenderungen vorgenomnien werden. England wird zum erstenmal seit dem frühen Mittel- alter eine eckige Münze erhalten, nämlich ein in Messinglegie- rung geprägtes zwölfeckiges 3 Pennystück. Weiters werden auch zum erstenmale wieder seit Jahrzehnten 5 Shillingstücke in größerer Menge ausgegeben werden. Die übrigen Münzen in der Form unverändert,- erhalten aber wesentliche Aenderun gen im Münzenbild. So wird es in Zukunft auch zwei ver schiedene Shillingstücke geben. Auf dem einen erscheint zu Ehren der Königin Elisabeth das Wahrzeichen Schottlands, eine Distel. Die kleinste Münze, der Farthing, wird das Bild des kleinsten englischen Vogels, des Zaunkönigs, tragen. (Münzenfund.) In Dielhan (Tschechoslowakei) wurde bei Trdarbeiten eine Kassette aufgefunden, in der sich 126 verschie dene Münzen, darunter auch Silberdukaten mit dem Bildnis Ferdinands III. aus dem Jahre 1646 befanden. Der Fund wird von Troppauer Münzsachverständigen untersucht. (Krönungsmedaillen.) Zur Krönung des englischen Königs im Mai gibt die Britische Münze K r ö n u n g s m e d a i 11 e n heraus. Die Prägung wird auf der einen Seite das Bildnis des Königs Georg VI. und auf der anderen das der Königin Elisabeth tragen. Die Münzen werden in Bronze, Silber und Gold hergestellt.