Nr. 7
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
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Briefmarkenversteigerungen.
Im Dorotheum in Wien finden auch im Juni jeden
Dienstag und Freitag Briefmarkenauktionen satt. Aus
der Fülle des ausgebotenen Materials sei das gesuchte Alt-
Oesterreich-Material der verschiedensten Jahrgänge, Zeitungs
marken und Zeitungsstempelrnarken hervorgehoben, das schon
die Auktion vom 1. Juni bringt. Auch die österreichischen
Wohltätigkeits- und Gedenkmarken werden nicht verfehlen,
ihre bekannte Anziehungskraft auszuüben. Die Lombardei äst in
wertvollen Einzelstücken vertreten; ferner finden sich Finzelwerke
von Hamburg, vom Deutschen Reich, dem Saargebiet, Gibraltar,
Norwegen, Malta u. a. Wir erwähnen weiters eine Fiume-
Sammlung, ausgerufen mit 220 S, italienische Post im
Ausland, postfrisch (Ausruf 140 S), Oesterreich 1867, einen
Block von 40 Fünfzigkreuzermarken, ungebraucht, von denen
zwei Reihen Fehlzählungen haben (ausgerufen mit 190 S).
In der Auktion vom 4. Juni kommt neben Alt-Oesterreich
noch Lombardei in einer großen Anzahl von Einzelwerten
unter den Hammer. Manche Länder sind besonders gut
dotiert. Von Oesterreich sei die Nr. 8 x genannt, die von
Diena geprüft wurde, vollrandig, mit kaum merkbarer Schür
fung auf der Rückseite ist und bei einem Katalogwert von
1600 Mk. mit nur 250 S ausgeboten wird. Bosnien bringt
als große Seltenheit die Nr. 10/23. geschnitten, ungebraucht.
Ausrufspreis 900 S sowie Stöckelabzüge auf Kreidepapier
der Buchdruckausgabe 1918 mit einem Ausrufspreis von 240 S.
Im übrigen ist geplant, während der Wiener Fest
wochen schönes Material zum Ausgebot zu bringen. Da
bei wird der Besucher bei den freizugängigen Schaustellungen
so manches, was sonst nur bei großen philatelistischen Aus
stellungen zu sehen ist, finden.
In Berlin versteigert Heinrich Köhler vom 9. bis 11.
Juni Briefmarken von Alt-Deutschland und den Kolonien;
Europa, eine Uebersee, sowie Schweizer Cantonals.
In London beschließt H. R. Harm er am 1. Juni
die Auktion des ersten Teil der berühmten Sammlung Ste
phens. Die zweite Stephens-Auktion, die die deutschen
Staaten umfaßt, kommt am 14. und 15. Juni unter den
Hammer. Am 21. und 22. Juni führt Harrner die Exe
kutionsauktion einer großen Sammlung von Neu-Süd-
wales durch.
Chronik.
BIBLIOPHILIE.
(Große Mainzer Goetheausgabe.,) Anläßlich der Jahres
hauptversammlung der Goethe-Gesellschaft in Weimar wur
den in dem Neubau des Goethe-Nationalmuseums zwei Räume
der Oeffentlichkeit freigegeben, in denen Goethes Farben
lehre in ganz neuartigen Formen dargestellt wird. Prof. Dr.
M a 11 h a e i (Erlangen), der Entdecker des Goethe-Farben
kreises, hat die technischen Hilfsmittel konstruiert, die cs auch
dem Laien ermöglichen, sich mit dem Wesen der Goetheschen
Farbenlehre eingehend vertraut zu machen. Die wertvollen Ori
ginalstücke, mit denen Goethe selbst seine Versuche angestellt
hat, verbleiben in Zukunft im Archiv und können also nicht
bei Vorführungen und Versuchen beschädigt werden. Die
große Mainzer Goethe-Ausgabe wird mit der 500-
Jahres-Feier der Stadt Mainz verbunden. Die ersten fünf
Bände werden bereits in diesem Jahr erscheinen.
(Bücherversteigerung bei Zink.,) Aus P r a g wird uns
geschrieben: Die 48. Auktion, die Karel Zink vom 18.
bis 20. Mai im Hotel Beranek veranstaltete, rechtfertigte
nicht die Erwartungen, die an sie geknüpft werden durften.
Am ersten Tage fehlte jede Kauflust und so gingen die
sogenannten großen Kanonen, der CeskJ C isopis historick^,
sowie das seltene Balbin'sche Werk von 1684 „Misceliänea
historica regni Bohemiae" zurück und letzteres war mit
dem geradezu lächerlichen Preis von 200 cz. Kr. ausgebo
ten worden. Am zweiten Tag hatte sich die Stimmung ge
bessert, aber auch da gab es keine exorbitanten Preise. Denn
die 1050 cz. Kr., die für Merians Topographia Bohemiae,
Moraviae et Siiesiae (Frankfurt 1650) mit dem gestochenen
Prospekt von Wenzeslaus Hollar angelegt wurden, ist in
Ansehung der Bedeutung und der Seltenheit des Werkes
nicht hoch zu nennen. Paläckys „Geschichte von Böhmen"
Band I—V ging von 150 auf 190 K., Prökles „Constituo cri-
minalis Theresiae" oder „Maria Theresias peinlich Hals- und
Gerichtsordnung" Wien 1679 wurde von 80 auf 140 K- ge
steigert, A. Schmidts „Das Königreich Böhmen" (8143) von
90 auf 160 K. Für Johann Gottfried Sommers „Das Kö
nigreich Böhmen", Prag, Calve 1843 bis 1846 wurden 360,
für Safariks „Slovansk^ narodopis (W. Praze 1843) 180 und
für seine „Slovanske starozitnosti" 150 Kr. gezahlt. „Das
jetzt lebende Königreich Böhmen" von Mauritius Vogt (Frank
furt und Leipzig 1712) erwarb das Prager Kunstgewerbe
museum um 220 K. Für das 1836 bei Gottlieb i iaase
Söhne erschienene illustrierte Werk „Erinnerungen an Prag"
zahlte man 600 K. und für Schallers „Beschreibung der
königlichen Haupt- und Residenzstadt Prag, 4 Bände mit
Kupfern, 1794 bis 1797 270 cz. Kronen.
BILDER.
(Rumänische Maler in Wien.) In Wien sind sehr selten
nur Ausstellungen rumänischer Künstler zu sehen. Nun sind
ihrer gar gleich drei da, die in der Galerie W ü r t h I e
ihre Arbeiten vorführen. Wi§ die bildenden Künste ihrer Hei
mat überhaupt, so gravitieren auch die drei nach Frankreich.
Siegfried hat bei dem berühmten Lhote studiert, C a n-
tacuzene bei Laurens und bei Mac Avoy und Orleano
bei Lagleng und gleichfalls bei Mac Avoy. In der Hauptsache
Landschafter, haben sie selbstverständlich nicht nur ihre
persönlichen Auffassungen und das ihnen von ihren Meistern
Beigebrachte zu verarbeiten gehabt, sondern auch die Ein
drücke aus der unmittelbaren Umwelt, also in diesen Fällen
das rumänische, das französische und das englische Natur
vorbild. Dieser künstlerische Kosmopolitismus brachte eine
eigene Kultiviertheit herauf, die sich begreiflicherweise indi
viduell gefärbt hat. Siegfried, der sich als Zeichner anschei
nend am sichersten gibt, setzt den Strich leicht hin, soig-
niert, ätherisch. Cantacuzene, der in manchem an Vlaminck
erinnert, dennoch aber seinen abgesonderten Weg gellt, hat
einen ausgeprägten Sinn für die Valeurs. Orleano hält sich
an Matisse, aber auch er ist, wie man an einigem sieht,
schon dabei, sich abzugrenzen. Wie hätte auch Paris nicht
die Maler aus dem Osten in seinen Bannkreis ziehen sol
len?! Nach dem, was man hört, ist den drei Rumänen in
Wien ein schöner Erfolg beschieden. Er wird sich zweifellos
in den folgenden Ausstellungsorten fortsetzen, in Prag,
in Paris und in Amsterdam. —n.
(Ausstellung italienischer Barockmalerei.) Die Galerie S t.
Lucas in Wien bietet jetzt eine außerordentlich interessante
Ausstellung italienischer Barockrnalerei. Mehr als die Hälfte
der Gemälde und wahrlich nicht die schlechtesten stammen
aus den eigenen Beständen der Galerie: es sind darunter
die Ansicht der „Piazza Navona" und eine Phantasievedute
von B e 11 o 11 o, die „drei Marien am Grabe Christi" von
Filippo Lauri, eine arkadische Landschaft mit dem Wett'
streit zwischen Apollo und Marsyas von Pannini, „Die
Flucht nach Aegypten“ von Guido Reni, eine allegorische
Darstellung von Ti e p o 1 o, „Würfelnde Soldaten" von Pietro
V e c c h i a etc. Sternchen im Katalog zeigen * an, daß die
Bilder verkäuflich sind, was Liebhaber der Barockmalerei ge
wiß mit Freude erfüllen wird. Der Rest der Bilder besteht
aus Leihgaben, die man natürlich nur sehen und bewun
dern darf. Das kunsthistorische Museum in Wien hat Ge.
mälde von Caroseili (Ein singender Mann), Giovanni
Benedetto C a s t i g 1 i o n e, genannt, il Grecc'netto (Noah ver
sammelt die Tiere vor der Arche), Domenico Fetti (Die
hl. Margarethe), von t.uea Giordano (Ariadne auf Naxos)
von Guido Reni (Maria betet das schlafende Kind an),
die Galerie Har rach Bilder von Baton i (Susanna), De-
siderio Monsu und Belisario Gören zio (Phantasiearchi
tektur mit einer Darstellung der Georgslegende) zur Verfü
gung gestellt; hervorragende Wiener Sammler, wie Oskar
B o n d i, Doktor Richard N eüma n n, Professor Doktor
Wilhelm Suida und von Z s o I n a y, sowie der Grazer
Sammler Graf Fi ar rach haben Hauptstücke aus ihren
Sammlungen geliehen, die den Museumstücken ebenbürtig
sind. Fine besondere Attraktion der Ausstellung sind die
Gemälde von Magna sco, die das n.-ö. Stift Seiten
stetten zum erstenmale einer Ausstellung extra muros
überließ. Es sind dies wirkungsvolle Darstellungen des mön
chischen Lebens, wie „das Refektorium de- Mönche", „Stu
dienraum der Mönche" und „Christliche Doktrin in einer
Kirche". Eine stimmungsvolle Ergänzung zu diesen Bildern
bildet „Die Hirtenfamifie", die aus einem nicht näher be-
zeichneten Privatbesitz stammt.
(Gefälschte Bilder.) Aus Budapest wird uns berich
tet: Es fiel seit längerer -Zeit auf, daß nicht nur in der
Hauptstadt, sondern auch in den Provinzstädten des Lan-