Internationale ^flmmler-^eifunfl Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde Herausgeber: Norbert Ehrlich 29. Jahrgang 15. Jänner 1938 IMr. 2 Seltsame Teppiche. Von Karl Dopf (Hamburg). Es gibt wohl kaum ein Gebiet des Kunstgewer bes, auf dem sich für den Forscher antiker Selten heiten ein so reiches Feld interessanter Funde er schließen läßt, als gerade auf dem Gebiete des Tep pichgewerbes, Auf eine jahrhundertalte Tradition, ja sogar bis in das vorgeschichtliche Zeitalter uralter Normadcnvöiker reichen die mannigfachen Muster und Farbenzusarmnenstellungen der Teppichknüpferei- und Weberei zurück und kein Professor der Kulturge schichte hat uns bisher mit bestimmter Sicherheit sagen können, auf welches Volk und Zeitalter der Ursprung dieser seltenen Künste zurückzuführen wäre. Eine ungeheuer vielseitige und überaus lehrreiche Sammlung würde es allein ergeben, wenn es einmal gelänge, nur die seltsamsten Stücke der uralten Tep pichkunst des Orients, die sich heute in verschie denen Museen der Weltstädte und im Privatbesitz von Sammlern und Liebhabern solcher Kunstschätze befinden, in einer einzigen Ausstellung zu zeigen. Eine schon vor einiger Zeit in London veranstaltete Ausstellung dieser Art kann gewiß als ein gelunge ner Versuch bezeichnet werden, uns einen Teil sehr wertvoller und sehr seltsamer Stücke der antiken Teppichkunst vor Augen geführt zu haben, aber auch sie konnte uns nur einen kleinen .Vorgeschmack da von geben, was menschliche Leistung, schöpferische Begabung und künstlerischer Farben- und Formen sinn von oft sehr primitiven Völkern auf diesem Ge biete überhaupt hervorgebracht hat. Man hat immer geglaubt, daß 'die reichsten Schätze alter und seltsamer Exemplare der Teppich kunst nur im (Orient, vornehmlich in der Türkei und in Persien, zu finden wären. Neuere Forschungen ha ben jedoch ergeben, daß die Schätze antiker Pracht stücke in Russisch-Asien und in Japan noch viel reicher und mannigfacher sind und daß vielleicht auch im noch wenig durchforschten Tibet, wo schon zur Zeit der chinesischen Dynastie Shi Han in den Klöstern von den Priestern die Teppichweberei be trieben wurde, noch sehr wertvolle Schätze dieser Kunst bisher unentdeckt geblieben sind. Desgleichen in China selbst, wo die antiken Schöpfungen des Tep pichgewebes noch lange nicht hinreichend genug erforscht sind. Interessante Stücke altasiatischer Teppichkunst hat vor kurzem der russische Professor Kozlow bei Koga in der Mongolei in einem Hünengrab gefun den. In dieses Grab war ein vornehm eingerichtetes Holzhaus versenkt und die Leiche war nicht nur mit prächtigen Gewändern bekleidet, sondern auch der Raum des Hauses mit allerhand Teppichen, Vorhän gen und sonstigen Gegenständen ausgestattet. Iss -han delt sich um Textilien von hohem kulturellen Werte, besonders, was die Ornamente, die Malerei und den Stil anbelangt, die sehr dem französischem Rokoko ähneln. Aehnliche Schätze von sehr hohem Werte wurden auch in Japan im Grabe des Kaisers Schon su, der im Tempel von Norah begraben liegt, gefunden. Zu bemerken wäre hierzu noch, daß auch in einem Hünengrab von Oseberg (Norwegen) pracht volle Stoffe gefunden wurden, die ähnlich seltene Muster aufweisen, wie die japanischen Funde. Eben so hat man vor einigen Jahren in Spanien, und zwar in den Kellern des königlichen Palastes zu Madrid eine ganze Menge alter Teppiche aufgefunden, von denen einige besonders seltsame Stücke aus den An fängen des 14. Jahrhunderts stammen und in ihrer Herstellungsart arabischen Einfluß aufweisen. Sehr reiche Schätze der persischen und orien talischen Knüpf- und Webekunst vergangener Jahr hunderte finden sich merkwürdiger Weise in Po len, wo man in Museen und Privathäusern des pol nischen Adels so manches seltsame Stück antreffen kann. Zu erwähnen wären da besonders wertvolle Stücke, die einzig in ihrer Art dastehen, wie zum Beispiel der Teppich aus Willanowo, der sogenannte Braunicki 'Teppich, der aus dem XVI., und nicht, wie irrtümlich schon öfters behauptet wurde, aus dem XV. Jahrhundert stammt und den die polnische Re gierung im Jahre 1929 für 20.000 engl. Pfund auf gekauft hat. Im Museum in Lwow befindet sich fer ner ein sehr seltener Teppich, der sogenannte ,.Schah Abbas Teppich“, der 8.58 . 2.67 m groß ist und ein sogenannter „Sternenuschak“, die ungefähr aus dem Ende des XVI. und dem Anfänge des XVII. Jahr hunderts stammen. In den Krakauer Museen finden sich sehr viele alte Stücke, sogar aus dem XV. Jahrhundert. Sehr gut erhalten hat sich ein im Be-