Internationale ^ammler^eifunj Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde Herausgeber: Norbert Ehrlich 20. Jahrgang 1- März 1938 Nr. 5 Der Sammler Georg Schuster. Die Auktion der großartigen Bildwerke des im vorigen Jahre verstorbenen Müchener Restaurators Georg Schuster, die, wie gemeldet, am 17. und i8. März bei Julius Böhler in München stattfin det, hat in Sammlerkreisen das größte Interesse für clen Erblasser erweckt. Wer war Schuster, wir haben den Namen früher nie gehört, schreiben uns alte Sammler, die seit Jahrzehnten die Bewegung auf dem Kunstmarkt mit Eifer verfolgen, war seine Sammlung zu selten u. dgl. . m. Die Antwort auf diese Eragen gib; Hubert Wilm in seinem ausge zeichneten Buch ..Die Sammlung Georg Schuster“, das erst vor einigen Monaten im Kommissionsver lag von Knorr & Hirth in München erschienen ist. ,,Vielen“, sagt Wilm im Vorwort, das eine be geisterte Apotheose auf das Sammeln ist, ,,\var die Tatsache einer Skulpturensammlung Schuster vom Hörensagen her seit fahren bekannt. Einige wenige seiner nächsten Freunde und Bekannten hatten auch zu Lebzeiten des Sammlers eine kleine Auswahl der in seinem Besitz befindlichen Bildwerke gesehen. Nie mand aber außer ihm selbst - das darf ruhig aus gesprochen werden konnte sich eine vollendete Vorstellung machen von dem tatsächlichen Umfang dieser Sammlung, die niemals zur Besihctigung auf gestellt. sondern jahrzehntelang in Schränken und Verschlagen sorgsam verborgen war.“ In dem angefügten ,, Lebensbild“ gibt Wilm eine umfassende Biographie des merkwürdigen Man nes. ..Sein Sammeleifer“, heißt es da, „entsprang nicht dem Zufall einer launischen Eingebung oder gar dem nüchternen Bestreben, Reichtümer um sich zu sammeln. Er war eine jener echten Sammlerna turen, die bereit sind, für ein als richtig erkanntes Ziel alles zu opfern: die Ruhe eines beschaulichen und sorgenlosen Daseins, das natürliche Recht auf einen täglichen Feierabend und wöchentlichen Sonn tag, die sichere Aussicht auf einen geruhsamen- Le bensabend. Vielleicht kann eine solche Veranlagung nur von verwandten Naturen in ihrem vollen Um fang verstanden werden. Von den Außenstehenden, die nie die innere Berufung zum Kunstsammeln in sich verspürt haben, wird solches Tun nicht sel ten mit einem Kopfschütteln verfolgt. Sie ahnen nicht, daß diese Beschäftigung die empfindsamsten Triebe zum Erwachen bringt, daß Sammelleidenschaft nichts anderes ist, als eine der ursprünglichsten, frühesten Regungen, die bis heute ihre Geltung bewahrt haben: Nichts anderes als Jagdleidenschaft. Die Mühe des Aufspiirens, des Anschleichens des waidgerechten Er- 1 ege ns des Wildes Lohnt sich um ihrer selbst willen. Sie bedarf im Grunde keines anderen Lohnes. Die Jagdtrophäe wird als sichtbares Zeichen dieser Mühe der Gruppe früher erbeuteter Erinnerungsstücke ein gereiht. Aber der höchste Lohn ist nicht die Be sitzerfreude, sondern der Augenblick des Kriegen«, für den Sammler eben die Gewißheit, ein unbe kanntes, in seinem wahren Wert vielleicht noch un bekanntes Kunstwerk aus seiner Verborgenheit her vorgeholt und es damit für immer den Zufälligkeiten eines widrigen Schicksals entrissen zu haben.“ Den Grundstein zu seiner Sammlung legte Schuster bald nach seiner Verheiratung. Im Jahre 1895, bn Alter von 20 Jahren 4— Schuster wurde am 15. Juni 1869 in Immenstetten hei Arnberg ge boren hatte er sieh mit Katharina Hicker aus Walkertshofen verbunden und damit einen Hausstand gegründet, der die beiden Ehegatten im Kreise einer wachsenden Kinderschar in langer und glücklicher Gemeinschaft vereinigte. Die erste Erwerbung, die er für seine Sammlung machte, war ein gotisches Bildwerk, das er um einen verhältnismäßig hohen Preis erstand. Aber bei seinem sicheren Blick für die Güte künstlerischer Arbeit und seiner klugen Voraussicht hatte er doch mit .diesem für andere leichtsinnig erscheinenden Kauf das Richtige getrof I fen. Ein bedeutender Münchener Sammler, der Maler j Baron von C e d e r st r ö m wurde auf ihn aufmerk sam und trat mit ihm in einen. ersprießlichen Gedan kenaustausch. Cederström war es auch, der ihn er mutigte, seine sichere Stellung im Vergoldergeschäft Radspieler auizügeben und sich selbständig zu ma chen. Im Vertrauen auf sein Können unternahm Schu ster diesen Schritt, der zur damaligen Zeit ein Wag nis für ihn bedeutete, und wandte sich nun ganz der Wiederherstellung alter Skulpturen zu. Aus Oester reich, Ungarn, Frankreich und aus den Vereinigten Staaten kamen Aufträge an ihn. Er verstand es, die Wiederherstellung alter Plastik in völlig neue Bahnen zu lenken und hall mit, überkommene Vor urrteile zu überwinden. Hatte man früher sogar in einigen Museen gotische Bildwerke, die noch Reste der alten Fassung trugen, kurzerhand bis aufs Holz abgewaschen, gebeizt und poliert, so ging man jetzt nach vielen verderblichen Unterlassungssünden die sinnlose Gleichmacherei durch eine sorgfältige.