UElVER SACRUM. Stil ist Harmonie. Reife ist natürlich hier auch nur im Sinne des Abgeschlossenen eines Stils zu verstehen und steht nicht im Widerspruch mit einer reifen Persönlichkeit, die seces- sioniert. — Noch etwas von der Stilbildung, ehe wir auf das Per sönliche genauer eingehen. Ich glaube, Lichtwark sagt irgendwo etwa; Stilist da, wenn er uns bewusst wird. Das scheint mir nur vom Stand punkte des rückschauenden Historikers aus richtig. Für den Künstler denk ichmir’sso: Stil ist da, wenn alle nothwendig in ihm FUHLEN! Ich meine: so lange die Herrschaft eines Stiles dauert, zwingt er alle Schaffenden in sein specielles Fühlen. Gerade weil der Stil der Ausdruck der Zeit ist und die Krystallisation ihres Geistes, meineich, ist das natürlich und fast selbstverständlich. Der Stil, — oder der Geist! — schafft hier eine gewisse Enge. In seine Grenze zwingt er alle und gibt gewissermassen der Erkenntnis und dem Ge fühle Richtung. Das ist gut. Denn wenn so die Künstler, — das Schaffen als etwas Nachfolgendes, eben als Ausdruck des Innern auf gefasst, — gewissermassen unter seinem Zwange stehen, führt sie ihr ganzes Schaffen zur Tiefe. Und so wird alles Gold, was im Umfassenden einer Stilrichtung liegt, voll ausgemünzt, zum Unterschiede von Richtungen im literarischen Sinne, die in ihrem steten Wechsel die Felder nur zum Theil bestellt liegen lassen. Die Enge des Stiles ist seine Weite. So schafft der Zeitgeist etwas Gesetz- massiges, das aber, denke ich, den gerade Lebenden und Schaffenden bis zu einem gewissen Grade etwas Unbe wusstes bleibt, weil es ihnen ganz in Fleisch und Blut über gegangen ist und ihr Empfinden beherrscht. Sie können dann eben nicht anders. Denn man darf nie die Voraus setzung vergessen, dass die Schaffenden wirkliche Künstler sein mussten, denen die Intensität wie Extensität der Lebens kenntnis und all ihres Erlebens — nach Goethe — ange boren ist, und deren Lebensinhalt doch aus ihren Erkennt nissen genährt wurde, die sich auch wieder in einem ge wissen Kreise bewegten und aus dem lebendigen, d. h. hier starken Geiste ihrer Zeit wieder Nahrung sogen. Daraus erklärt es sich denn auch, dass der Kunsthistoriker alles so fadengerade darstellen DARF, insofern als das eigentlich Herrschende auch das eigentlich Treibende geblieben ist. Beides stammte aus dem Zeitgeiste. Und die die Quelle fassten, das waren die überragenden Individualitäten. Das führt nun zu dem Verhältnis der Individualität, zum Stil. Man kann die Meinung hören, Stil und Individualität vertrügen sich nicht, der Stil hebe die Individualität auf. Etwas ist daran richtig: die Grenze, die der Stil zieht. Wie schon gesagt, sie wird den Schaffenden bis zu einem ge wissen Grade nicht bewusst. Sie kommen anscheinend ganz von selbst nicht weiter in ihren Absichten und Vorwürfen, und scheinen alles, was der Stil enthalten wird, aus sich von selbst neu zu finden. Sie sind in gewisser Beziehung Studie v. J. Repin.