nicht die Fähigkeit. (Auch das Gemessen
will gelernt sein.) Durch eine gute Mutter
waren ihm mehr reinliche Gewohnhei
ten anerzogen worden, als dass er sich
dauernd in rohen Genüssen hätte befrie
digen können. Und zu den feineren fehl
ten ihm bei aller Sehnsucht die Schlüssel.
Er verkehrte mit Malern und Dich
tern. Er kaufte Bilder und Bücher
und lud zu kostbaren Diners. Er horchte
auf Kunsturtheile und sprach sie nach.
Er ging fleissig die Galerien ab und
suchte die Nummern, von denen man
ihm geredet hatte. Aber im Grunde
blieb ihm alles eine grosse Wirrniss. Er
irrte umher, that, wie wenn er Freude
hätte, und quälte sich nur.
Er gab sich blasirt, ohne genossen
zu haben.
Und gerade diese scheinbare Blasirt-
heit war das Typische an ihm für unsere
sogenannten Kunst-Enthusiasten. Den
Grund der Blasirtheit suchen heisst viel
leicht Heilung finden.
Der Grund liegt vor Allem in der
Rathlosigkeit dieser Durchschnittsmen
schen vor der Kunst. Sie stehen vor
der Kunst als vor den sichtbaren Zei
chen einer Leidenschaft höchst organi-
sirter Individuen. Finden sich nicht
gleich zurecht und vergessen in ihrer
Rathlosigkeit die natürlichen Fäden, die
dennoch von ihrer Seele in die Kunst
werke hinüb erführen. Die eine grosse
Angst des modernen Menschen: vor einer
Sache als Unwissender zu stehen, „etwas
nicht zu kennen", lässt ihnen nicht Zeit
zum eigenen Suchen. Ausserdem wirkt