Aber als sein bester Freund, Giacomo Calandra, in einem Augenblick jener Verzückung, in die die Freundschaft alle Seelen versetzte, die Platos gül dene Stränge zu spielen und zu schätzen verstan den, eben von einer Reise heimgekehrt, ihm an vertraute, dass er Monna Giulias Gunst genoss, und ihm eine schöne Sextine vorlas, die er auf seine keimende Anbetung Monna Monettas gedichtet, lächelte Leonzino und drückte seine Hand dreimal, zum Abschied von den beiden Herrscherinnen und von ihm selbst. Dann ging er ganz einsam, und hatte keine Lust, irgendetwas zu treiben. Eines Tages stand er in seines Freundes Gen- tile Buonacorsis Garten und sah zu, wie dieser von kleinen schwarzen, geschäftigen Bauern einen Brunnen graben liess, da wo zwei Hügel mit grossen Cypressen ineinander glitten. Er sah die fette braune Erde von Hacken und Spaten ge wendet und glaubte aus Stücken von Steinen, die nach oben gebracht wurden, zu entnehmen, dass sich hier zuvor irgend ein kleiner Bau erhoben hatte, ein altes heidnisches Grab oder die nischen förmige Mauer um eine Quelle, mit dem Bilde eines der ältesten Heiligen geschmückt. Er sann nach, was wohl die Erde so glänzend und weich gemacht haben mochte, all' das Wasser, das dort unter Gelächter von den Schultern der Mädchen verspritzt worden war, oder Thränen und Staub der Toten? er sprach mit Gentile davon und fand viele schöne und seltsame Gedanken, indem er dieselbe Folge aus den gleich möglichen Ur sachen ableitete. Da prallte der Spaten eines Arbeiters, als die Heftigkeit des Stosses schon durch die Erde gehemmt worden war, gegen etwas Hartes, das selbst bei der sachten Berührung stark erklang, etwas Hohles also, dort tief unten. Leon zino hielt in seiner Rede inne und beobachtete lächelnd, aber ein wenig neugierig, Gentiles Eifer, mit dem er die Männer ermahnte, wie sie den Gegenstand, ohne ihn zu verderben, emporholen konnten, vielleicht eine grosse Last der kostbaren Bronze oder wohl gar etwas mit Münzen darin. Er blieb so lange, bis das Geheimnisvolle mit vie ler Arbeit hinaufgeschleppt war. Es hatte die Form einer grossen Urne, und als die Erde unter braunen harten Fingern abgeschuppt war, leuch tete es weiss — es war also nur Marmor. Gentile liess die Urne aufstellen, nahm vorsichtig den Kalkstaub und das vermoderte Laub fort, das ihren Hals füllte, und tastete mit einem Stabe in ihrem Inneren. „Es ist nichts Schweres,” sagte er, „keine Münzen, es ist nur etwas wie eine leichte Asche,” und er wandte sich enttäuscht ab. „Es ist wohl der Staub verbrannter Heiden,” sagte der älteste der Bauern, „so etwas bringt Un glück. Schlagen wir das Ganze entzwei, und lasst uns die Asche in den Wind streuen!” Er erhob schon den Spaten, doch Leonzino, der gleichsam Konturen eines menschlichen Kör pers unter dem Staube zu unterscheiden vermeint hatte, fühlte eine plötzliche unerklärliche Regung des Mitleids und der Angst und stürzte vor, um ihn aufzuhalten. „Lass sie doch reinigen, um zu sehen, wie sie aussieht,” sagte er zu Gentile, „sie scheint in Fi guren gearbeitet. Da ist auch ein Perlenstab um den Rand.” Gentile tastete noch einmal mit dem Stecken in ihrem Inneren. „Da ist nichts,” antwortete er. „Bilder von Abgöttern sind auf allen.” Und er hielt es für das Geratenste sich mit diesen gar nicht zu beschäftigen, sondern die Männer das thun zu lassen, was ihre Vernunft ihnen riet. „So gieb sie mir,” bat Leonzino, noch immer mit einem Beben unerklärlicher Angst, „gieb sie mir. Ich schenke dir anstatt dessen, was du bei mir wählen willst.” Und als der Freund auf dieses eingegangen, liess er sogleich Wasser in Eimern herbeischaffen und spülte und wusch selbst, indes die anderen an ihrem Brunnen gru ben, bis der Stein weiss und glänzend aus der Feuchtigkeit ringsum leuchtete, wie eine aus der Muschel gelöste Perle. Die blosse Arbeit hatte ihn vergnügt, und jetzt, da sie zu Ende war, trat er zurück und sah die Urne an, um das in der Gesamtheit zu erfassen, was sich ihm stückweise gegeben. Sie war wirklich wie eine Perle so leicht und fein, trotz ihrer grossen und festen Form; der schwellenden Weite unterhalb des Halses begegnete weich der Fuss und trug sie wie eine Woge eine Riesenperle? die beiden Henkel streckten sich empor und er reichten den verzierten Rand wie schlanke erho bene Arme. Es lag etwas von einer biegsam, gleichsam spielend getragenen Bürde in ihrer gan zen Gestalt. Rings um sie tanzten drei Frauen, jung, mit stillen ernsten Gesichtern und weiten Gewändern, die mit rhythmischem Fall nach rück wärts gestreckt wurden, von der Bewegung nur,