Beginne der neuen europäischen Cultur hatte sich der Stil, der der
herrschende für alle civilisirten Völker werden sollte, immer wieder
von einem Cemrum ausgebreitet, war von einem Volke, wenn man
so sagen darf, erfunden worden, war ausgewandert und hatte sich
fremden ethnischen, klimatischen und socialen Bedürfnissen unter-
worfen oder angeschmiegt. Dürfen wir uns wundern, wenn sich
heute, wo durch täglich sich häufende technische Erfindungen das
moderne Leben umgestaltet wird, wo neue sociale Probleme, fast
der einzige Gegenstand der Politik, Lösung suchen und nach Lösung
drängen, wo alles darauf deutet, dass eine neue Periode der europäischen
Geschichte begonnen hat, dürfen wir uns wundern, sage ich, wenn
sich heute das alte Phänomen der Stilbildung wiederholt, wenn wir
wieder einen nationalen Stil durch die ganze Welt wandern sehen,
überall freudig, ja mit Enthusiasmus aufgenommen. Die Bewegung
war nicht von den Gewerbemuseen und nicht von den Kunstschulen
ausgegangen, wo überall, während die neue Richtung Künstler und
Kunstfreunde schon mächtig anzog, noch die Tendenzen der voraus-
gehenden Periode mit ihrem Nachempfinden alter Stilarten sorgfältig
gepflegt wurden. Sie war von der grossen Kunst ausgegangen, vor
allem der Malerei, die in unseren Tagen wieder so herrlich aufblühte,
wie nicht seit den Tagen Rembrandts und Velasquez'; ihr war die
hohe Entwicklung der Technik begegnet, die bei ihren Eisenconstruc-
tionen, bei ihrem Schiffsbau und bei ihren Eisenbahnen die alten
Stilgebilde nicht mehr brauchen konnte. In England, wo die moderne
Malerei schon in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Hogarth
ihren Begründer gefunden hatte, in England, von wo aus sich die
grossen technischen Erfindungen verbreiteten, hatte man schon zu einer
Zeit, wo im übrigen Europa der Zopfstil und das Rococo Geräth und
Möbel im Sinne der herrschenden Baustile umgebildet hatte, diese
Formen wenig beachtet, sondern zuerst das Möbel den modernen, sich
eben bildenden Bedürfnissen entsprechend construirt und dann im
Laufe diesesjahrhunderts eine Umbildung aller Geräthe und Ornamente
durchgeführt. So kann sich das ]ahrhundert an seinem Ende eines neuen
einheitlichen Stiles in hoher Kunst und in angewendeter Kunst erfreuen,
der wie in den alten Hochzeiten der Geschichte wieder die Künstler
und das geniessende Publicum zu einer grossen begeisterten Gemeinde
vereinigt.
Da wird es nun überall dort, wo man in den Kunstgewerbemuseen
hinter der modernen Bewegung zurückgeblieben war, nöthig sein, die
Sammlungen im Sinne dieser Bewegung zu ergänzen. Es wird für
jeden einzelnen Zweig der Kunstindustrie die Akme, die reichste Blüte