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Volltext: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 1)

in seiner neuen Entwicklung aufzusuchen sein, mag sie, wie bei den 
Möbeln in das England des vorigen Jahrhunderts oder wie in der 
Keramik in das moderne Holland und Dänemark fallen; die besten 
Muster in jedem Zweige müssen aufgesucht und als Typen vorgeführt 
werden. 
In der Mitte dieser Bewegung war ein merkwürdiges kunst- 
geschichtliches Ereignis eingetreten. Die ostasiatische Kunst, wie wir 
jetzt durch Forschungen hervorragender Gelehrter wissen, hatte sich 
ursprünglich gerade so wie die abendländische durch Anregungen der 
griechischen Kunst entwickelt. Im fünften und vierten Jahrhundert vor 
Christus und wohl auch noch in der römischen Kaiserzeit waren 
griechische Muster über Indien in den fernen Osten gewandert, dann war 
der Zusammenhang unterbrochen worden und die Kunst hatte sich erst 
in China, dann in Japan selbständig weiter entwickelt. Mit Staunen 
sahen die Künstler, die in London und Paris an der Spitze der modernen 
Bewegung standen, in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts, dass 
Vieles, was sie anstrebten, die Japaner schon geleistet hatten, dass die 
Japaner, ein Volk von so feinem Kunstsinne wie nur immer die alten 
Griechen, der europäischen Kunstbewegung vorausgeeilt waren und 
sich die Fähigkeit durch alle Zeiten gewahrt hatten, ihre Schmuckformen 
direct aus der Natur zu holen. So waren die beiden Kunstströme, der 
europäische und der ostasiatische, wieder in ein Bett zusammengelaufen. 
Die ostasiatischen Sammlungen der Gewerbemuseen werden überall 
auszugestalten sein, damit diese eigenartige Entwicklung der japa- 
nischen Kunst begriffen werde und weiter anregend wirke. 
Die Bedeutung, die für alle diese Bestrebungen das schöpferische 
Individuum hat, das in die Natur hineingreift und sich aus ihrer breiten 
Fülle die Muster zur künstlerischen Gestaltung holt, wird die Kluft, 
die gerade die abgelaufene Periode der Nachahmung historischer 
Stile zwischen Künstlern und Kunstgewerbetreibenden unnöthig 
erweitert hatte, wieder schliessen, wenn die führenden Geister 
der modernen Kunst, die modernen Maler, wie es schon in London, 
in Glasgow, in Paris und zum Theile auch in München geschieht, zu 
den Aufgaben der angewendeten Kunst herangezogen werden. Die 
Folgen werden überraschen. Niemand ist vielleicht so sehr mit 
dem mütterlichen Boden verwachsen, auf dem er entstanden, als der 
wahre Künstler. Darum reden wir von einer florentinischen und vene- 
zianischen Schule, von einer Schule von Nürnberg und Augsburg, weil 
gerade in den grossen Meistern, die diese Städte erzeugten, der heimat- 
liche Geist, der Genius des Ortes, wie ein guter Dämon lebte, der ihnen 
seine Erfindungen eingab. So wird sich unter Einwirkung der
	        
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