Atelier allein - machten doch die griechischen Künstler ihre Studien
auch hauptsächlich in der Palaestra und im Gymnasien. Dieses stete
Beobachten, das zur zweiten Natur geworden, spricht sich deutlich in
Myrbachs sämmtlichen Arbeiten aus. Es bildet zusammen mit den
Erwerbsresultaten eingehender Einzelstudien den Grundstock seiner
Ausdrucksweise. Er hat das völlige Erfassen einer Situation, die blitz-
schnelle Erkenntnis dessen, worauf es ankommt, zu einer unglaublichen
Höhe gesteigert und dies allein befähigte ihn, in so vielseitiger Weise
sich auszudrücken, als er es gethan. Er ist Zeichner, ja, aber überall
drängt sich die malerische Empfindung, das Begreifen der Tonwerte in
den Vordergrund, sonst wäre bei Ausführung seiner Arbeiten sicherlich
nicht der Pinsel sein Lieblingsinstrument. Nicht als ob er etwa Scheu
vor dem Strich, vor der präcisen, zugespitzten Ausdrucksweise hätte.
Eine Unzahl seiner mannigfaltigen Studien landschaftlicher wie figür-
licher Art hat er, den Stift in der Hand, vor der Natur gemacht. Hatte
er aber auf diese Weise den Grundzug, das Wesentliche sich ange-
eignet, was hätte ihn dann abhalten sollen, das Erworbene in frei
malerischer Weise zu geben? In der Kunst muss jeder selbst am
besten wissen, was ihm taugt, alle Principienreiterei ist von Übel.
Wie etwas gemacht ist, das bleibt ziemlich gleichgiltig, die Haupt-
sache ist, dass es gut gemacht sei und den Nagel auf den Kopf treffe.
Myrbach ist ein durch und durch moderner Künstler. Er geht in
allererster Linie der Wesenheit der Sache auf den Grund, er betont
bei aller malerischen Auffassung immer das Charakteristische, das
Ausschlaggebende, wobei ihm ein Reichthum von Detailstudien der
mannigfachsten Art zur Seite steht, der ihn aber nie dazu verleitet,
sich ins Detail zu verlieren. Er weiss die Richtigkeit des Einzelnen
stets dem Ganzen im wahren Verhältnisse unterzuordnen, weil er nie
den Grundgedanken aus dem Auge verliert. Das allein schon hebt
ihn hoch über das Durchschnitts-Niveau. Was hat er nicht allein
an Uniformstudien aller Art zusammengebracht, die für Schilderungen
aus dem Soldatenleben vergangener Zeit zur unumgänglich noth-
wendigen Bedingung wurden. Er hat daraus aber keine Requisiten-
Malerei gemacht. Die menschliche Erscheinung in ihrer den zwingen-
den Umständen entsprechenden Art ist ihm immer Hauptsache
geblieben. Das aber lernt man nicht wie das Abc, es ist vielmehr eine
Parallel-Erscheinung zum Zuge des Charakters, der, allen hindernden
Umständen trotzend, einem gesteckten Ziele zustrebte. Der weniger
Starke bleibt am Einzelnen hängen, es wird ihm zum Bleigewicht,
das er nicht abzustreifen vermag. Seine Arbeit sinkt herab zur
Tiftelei.