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DIE KUNSTGLÄSER VON LOUIS C. TIF-
FANY 50' VON S. BING-PARIS St:
EI-IR als 20 Jahre sind es, dass sich Charles
Tiffany in New-York eines Weltrufs als
Goldschmied und Juwelier erfreut. Sein
Sohn Louis C. Tiffany widmete sich mit
jugendlicher Wärme zuerst der Malerei,
die seiner idealenVeranlagung am meisten
zusagte.Was immer diese Kunst an grossen
Eindrücken und tiefen Empfindungen ver-
ursacht und wachruft, entspross für ihn
der Freude an der Farbe, an ihrem Feuer
und ihrem Glanze. Der ihm angeborene
mächtige Sinn für die vibrirenden Empfindungen der Harmonie, der
sich sowohl in der Übung seiner Kunst wie nicht minder auf weiten
Reisen in den Ländern des Orients stets gesteigert hat, musste Tiffany
zur Ausübung seiner schöpferischen Talente auf einem weniger
beschränkten Gebiete als dem der Malerei anspornen - auf einem
langverkannten, doch darum nicht minder wirksamen: dem der
decdrativen Kunst.
Was zuerst das Herz des jungen Künstlers mit ungeahnten
Empfindungen erfüllte, war der Anblick der byzantinischen Basiliken
mit ihren blendenden Mosaiken, in denen sich die gesammten Grund-
züge der grossen Kunst der Decoration, sowie alle denkbaren
Möglichkeiten ihrer Anwendung zusammenfanden.
Als Tiffany vor diesen ehrwürdigen Denkmalen die Geheimnisse
einer entschwundenen, glanzumstrahlten Vergangenheit zu ergründen
suchte, erschien ihm als ein Traumbild die Kunst der Zukunft. Diese
Überreste, die uns als Erbtheil des Alterthums erhalten sind, ent-
hüllten ihm die ewig giltigen Grundgesetze. Eine Gefahr schien darin zu
liegen, dass das in ihmWachgerufene den Born kühner und spontaner
Eingebungen hemmen könnte, welche die Kraft des Neuerers bilden.
Wie viele gute Vorsätze zu einer Wiederbelebung der decorativen
Künste waren an dieser Klippe gescheitert! Allein die junge amerika-
nische Race hat den Vorzug, dass sie es versteht, unbeirrten Geistes
unsere alten Traditionen zu verwerten, ohne diesen ihren Genius,
der die Unabhängigkeit liebt, zu unterordnen. Zudem besass Amerika
von jeher die Gabe, alle seine Unternehmungen unter einander in
vollsten Einklang zu bringen und alle seine thatkräftigen Bemühungen
auf ein einziges Ziel zu richten - auf ein Ziel, das durch die Bedürfnisse