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Volltext: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 3)

die abwechselnd matte Färbung und Härte waren noch mit einem 
schlimmeren Fehler gepaart. Seit geraumer Zeit war es zur Gewohn- 
heit geworden, die einfallenden Lichtstrahlen durch Farben, die man 
mittels des Pinsels auftrug, zu brechen und so 
das Material eher in seiner Wirkung zu beein- 
trächtigen als künstlerisch auszunützen. Man 
hatte sich darauf verlegt, Bilder auf Glas zu 
malen, anstatt das Bild ganz und gar aus dem 
Glase erstehen zu lassen, und zwar dies durch 
die Aneinanderfügung von Stücken, deren jedes 
seine Farbe in dem leuchtenden Materiale trägt. 
Das letztere Verfahren wurde bis zum Aus- 
gang des Mittelalters stets geübt, wo das Bemalen 
der Glasfenster aufkam. Die decorativen Bedürf- 
nisse des Mittelalters waren aber minder anspruchs- 
voll als die unseres modernen Lebens. Die schlichte 
Einfachheit, die den alten Kathedralen genügte, 
befriedigt nicht mehr unser übersättigtes Auge, 
zumal dann nicht, wenn das Glasfenster als 
Element der Innendecoration dienen soll. Wollte 
man daher etwas Anderes als lineare Formen, galt es die Wirkungen 
der Modellierung und des Reliefs, die Gegensätze zwischen Schatten 
und Licht wiederzugeben - so musste man nach Ausdrucksmitteln 
suchen, deren unsere Vorfahren nicht bedurften. Während einer Reihe 
von Jahren widmete Tiffany sich mit voller Hingebung diesen 
Bestrebungen, und es gelang ihm allmählich, ein Glas herzustellen, 
das diesen Anforderungen in wunderbarer Weise entspricht. 
Durch das blosse Spiel des Farbengeäders vereinigt er in einem 
Glasblättchen die Wirkungen eines bewölkten Himmels und jene des 
sich kräuselnden Wassers oder auch die weit zarteren Nuancen der 
Blumen und des Blattwerks. 
Um die Wirkung des Faltenwurfes in all seiner Correctheit der 
Linien und Geschmeidigkeit zu erzielen, ersinnt er einen Weg, den 
Rohstoff während des Abkühlens in Büge und Falten von mannig- 
fachster Wirkung zu bringen. Mehr noch: er gelangt dahin, seinem 
Glase etwas eigenthümlich Körperhaftes zu verleihen. Neue Farben- 
töne, die seine Palette bietet, und andere Verfahrungsweisen - wie 
das Übereinanderlagem mehrerer Schichten von verschiedenen 
Farben - rufen stets neuartige, vielfach variirende Wirkungen hervor. 
„Favrile Glass" nennt Tiffany sein Materiale, welches bisher völlig 
ungekannte Eigenschaften aufwies, und er geht nun daran, dasselbe 
 
Glasgefäss von TiiTany
	        
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