Unter den Ausländern fielen zwei hier noch fremde Worpsweder auf: Otto
Modersohn und Hans Am Ende. Ihre Studien und Radirungen sind voll jener
heroisch-idyllischen Naturempiindung, die von Böcklin herBiesst, aber das moderne
atmosfahärische Wesen, oder doch die därnmerige Seite desselben aufgenommen
hat. Carlos Grethe fesselte wieder durch überraschende Blicke in das Seeleben;
manche seiner Studien, z. B. von Helgoland, mit einem Nichts hingeworfen, sind
von unabweislicher Augenblicklichkeit. Sie gehörten zu den Einsendungen des
Karlsruher Künstlerbundes, der mit I-Iunderten von Blättern einen ganzen Saal
füllte. Da wird jede Technik frischweg ausgeübt, von der mageren Bleistift-
zeichnung bis zur fetten Lithographie und Algraphie. Mit schwarzer Kreide und
farbigen Stiften, kritzelnd und lavirend, schneidend und stechend, auf Whatman-
papier und der letztbeliebten Aluminiumplatte tummelt sich das Völkchen, alt und
jung durcheinander. Sogar eine Sammlung hochmoderner Vorsatzpapiere war an
ein Thürgewände geheftet. Neben den Professoren Kalckreuth, Grethe, Schönleber,
Kallmorgen und Pötzelberger fielen manche Jüngere auf, dazu die feintonigen
Algraphien Volkmanns. Viel Interesse erregte in dieser Ausstellung auch eine
Anzahl moderner kunstgewerblicher Gegenstände. Vieles davon wurde verkauft;
wieder ein Beweis, welche Sehnsucht nach Neuem auch in unser Publicurn
eingezogen ist. Man sah da jene Scherrebecker Knüpfteppiche Otto Eckmanns, deren
einige („die Schwäne" u. a.) heute so bekannt sind, wie vielbesprochene Gemälde
oder Statuen; auch die originelle Teppichkunst Georg Lernmens (Brüssel) war
vertreten. A. Christiansen in Paris zeigte einige seiner Glasbilder, in denen die
malerische Eigennatur verschiedener Glasflüsse, die Zufälligkeiten in Structur,
Umriss und Farbenspiel mit inbegriffen, zu so origineller Wirkung gelangt. Man
sah ferner Porzellan aus der königlichen Manufactur in Kopenhagen, das heute
mit seinen schwimmenden Tönen selbst das ehrwürdige Meissen umgestimmt
hat. Neben den von uns bereits besprochenen Thongefassen Professor Max
Läugers (Karlsruhe) sah man moderne Fayencen von A. Köhler in Nestved
(Dänemark), sowie Alex. Bigot und Clement Massien (Paris). Die zierlichen
Zinngeräthe P. Dubois' (Brüssel), die sich so feinfühlig ihren eigenen Stil suchen,
dann die Goldbrochen Herrn. l-Iirzels (Berlin) und die I-Iolzintarsien des viel-
seitigen Felix Vallotton (Paris) fanden grossen Beifall. Im Stiftersaal sah man den
künstlerischen Nachlass (x50 Nummern) des Professors Josef Matthias von
Trenkwald (geb. zu Prag 1824, gest. zu Perchtoldsdorf x897). Unter den Cartons
waren die von der Regierung bestellten Legenden unserer Marienorte für die
Votivkirche, die vom Erzherzog Franz Salvator bestellte „Verklärung Christi auf
dem Berge Tabor" für den Berg Athos, die Bilder für das akademische Gymnasium,
dazu kamen die Entwürfe zu den Miniaturen für das von Kaiser Franz Joseph I.
dem Papst Pius IX. verehrte Missale (r862) und die Farbenskizze zu dem in
kaiserlichem Besitz befindlichen Bilde: „Leopolds des Glorreichen Rückkehr aus
Palästina". Mit Interesse sah man eine Anzahl landschaftlicher Studien aus den
Lehrjahren in Italien, sowie einige Studienköpfe und Porträts.
IAILQIS SCHÖNN. Der künstlerische Nachlass des Prof. Alois Schönn ist
gegenwärtig im Künstlerhause ausgestellt, 'urn dann durch Miethke ver-
steigert zu werden. Der illustrirte Katalog, mit biographischer Skizze von A. Schäifer,
weist 805 Nummern auf, darunter 5c Ölbilder. Von einigen der bekanntesten
Gemälde („Fischmarkt zu Chioggia") finden sich vortrefiiiche Farbcnstudien. Eines