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DRESDEN. KUNSTGEWERBE-MUSEUM. Im königlichen Kunstgewerbe-
Museum zu Dresden ist seit Kurzem ein alter Ofen aufgestellt, in welchem
der Überlieferung gemäss Böttger, der Erfinder des Porzellans, dem König August
dem Starken seine Brennversuche vorgeführt hat. Unmöglich ist dies ja nicht,
wenn auch der Ofen keineswegs
für Böttger zu diesem Zwecke
hergestellt sein kann, da er sich
zu Adeptenversuchen nicht be-
sonders eignet und seinem künst-
lerischen Stil gemäss mindestens
um ein Jahrhundert früher ange-
setzt werden muss. Jedenfalls ist
der Ofen aber ein Prachtstück der
Renaissance und schon deshalb
seine Erwerbung für das Museum
von Wert. Nach Dr. Berlings
Darlegung hat man es mit einem
Emaillirofenzu thun. Dafürspricht
die darin vorhandene MufTel in
Gestalt eines halben Cylinders,
wie sie der Ernailleur zum Ein-
schmelzen seiner Farben ge-
braucht. Der Ofen hat einen
quadratischen Grundriss von
34 Centimetem Seitenlänge und
ist mit einer Kuppel gekrönt. Die
MuHel befindet sich auf einem beweglichen Eisenrost innerhalb eines festen
Gehäuses aus bronzenen Leisten und Platten. Verschiedene Schieber vor den
Öffnungen der Muffel sind mit zarten Reliefs - Jagdscenen, biblischen Geschichten,
Engelsköpfen - in vergoldeter Bronze geschmückt. Die grossen Bronzeplatten
aber sind zum Theil mit trefflich gezeichneten Gravirungen in Peter Flötners Manier
versehen; die an der Vorderseite zeigen Verkörperungen der sieben Planeten
Applikations-Polster von H. Lefier
- - Sonne, Mond, Merkur, Mars, Neptun, Saturn und Venus. g Der schöne Ofen
stammt aus dem königlichen Schloss zu Dresden und gehört der chemischen
Abtheilung der technischen Hochschule daselbst. P. Schumann.
EISSEN. KÖNIGLICHE PORZELLAN-MANUFAKTUR. Die königliche
Porzellan-Manufaktur zu Meissen ist nun auch zur modernen Richtung im
Kunstgewerbe übergegangen. Über die staatlichen Porzellan-Manufakturen in
Sevres und Meissen ist im letzten jahrzehnt viel Tadel ergangen, weil sie in
ihren Schöpfungen der Gegenwart nicht zu künstlerischem Ausdruck verhülfen.
Der Tadel war für Sevres stichhältiger, als für Meissen, denn die französische
Fabrik soll in technischer und künstlerischer Hinsicht eine Muster- und Versuchs-
anstalt sein, während der sächsische Staat von der Meissner Manufaktur in erster
Linie einen grossen Überschuss erwartet. Das grosse Publicum aber und damit
die grossen Käufer sind vorläufig noch nicht auf Seiten der modernen Richtung
zu finden. Trotzdem hat die Meissner Manufaktur gut daran gethan, rechtzeitig
an den Umschwung in den decorativen Anschauungen Anschluss zu suchen.
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