Die Reform besteht in der künstlerischen Ausbeutung technischer Errungen-
schaften des letzten Jahrzehnts. Technisch stand Meissen immer an der Spitze
der Bewegung. Im Gegensatz zu Berlin, wo man zum Weichporzellan über-
gegangen ist, hat es immer an dem Hartporzellan festgehalten, dagegen hat es
sich mit Energie und Erfolg darauf verlegt, die Reihe der Scharffeuerfarben, das
heisst der Farben, die unter der Glasur liegen und mit dieser im scharfen Feuer
von 1600 Grad Celsius gebrannt werden können, ohne sich unvortheilhaft zu ver-
ändern, zu erweitern. Es wurden da blau, gelb, grün, braunroth mit allen Schatti-
rungen gewonnen; nur kupferroth fehlt noch. Ferner eignete man sich in Meissen
die französische päte-sur-päte (Malerei mit Porzellanmasse unter Glasur) an. Beides
hat man jetzt in sehr glücklicher Weise künstlerisch verwertet, indem man zu
gefärbten Porzellanmassen für das päte-sur-päte und zu farbigen Glasuren überging.
Es ist dadurch eine Annäherung an die vielgerühmten Kopenhagener Erzeugnisse
zustande gekommen; doch hat man diese bereits in mancher Hinsicht übertroffen.
Wir nennen von den neuen Erzeugnissen, die sich durch einfache vornehme
Formen und stilgemässe Malerei im modernen Sinne auszeichnen, zwei grosse
Vasen, die eine mit Magnolien verziert, zwischen denen ein weiblicher Kopf
hervorschaut, die andere einen bacchischen Frühlingsreigen aufweisend; Deckel-
gefässe mit Vogel- und Blumenmalerei im Sinne japanischer Decorationsweise,
aber deutsch empfunden; Hache Decorationsplatten mit Seestücken und Land-
schaften. - Diese und ähnliche neue Erzeugnisse der Meissner Manufaktur
unterscheiden sich so gründlich von allen bisherigen, dass mancher sich schwer
daran gewöhnen wird, Derartiges als „Meissner Porzellan" anzusehen. Wer aber
von der künstlerischen Berechtigung der modernen Bewegung und ihrem end-
lichen Sieg überzeugt ist, kann die königliche Manufaktur zu Meissen zu ihrem
energischen und so erfolgreichen reformatorischen Vorgehen nur beglück-
wünschen. P. Schumann.
MITTHEILUNGEN AUS DEM K. K. ÖSTER-
REICHISCHEN MUSEUM 5h
SEINE MAJESTÄT DER KAISER hat am I. Februar Vormittags im
Atelier des Bildhauers Professors Otto König in der Kunstgewerbeschule die
für Waidhofen an der Thaya bestimmte Kaiserstatue besichtigt. Die Statue stellt
den Monarchen in Marschalls-Uniform mit offenem Mantel dar, die linke Hand
am SäbelgrilTe, die rechte in leichter Haltung in der Mitte des Mantels. Seine
Majestät der Kaiser sprach Sich über die Statue, welche am 18. August dieses
Jahres in Waidhofen an der Thaya enthüllt werden soll, anerkennend aus.
ERSONALNACHRICHTEN. Der Minister für Cultus und Unterricht hat
den Feldwebel des k. und k. Infanterie-Regiments Freiherr von Beck Nr. 47
Ferdinand Nagler zum Kanzlisten am Österreichischen Museum für Kunst und
Industrie ernannt. - In dem Wettbewerbe, den die k. k. Kunst-Erzgiesserei (Filiale
der Berndorfer Metallwaren-Fabrik) ausgeschrieben, um in den Besitz eines
Modells zu gelangen, das die Huldigung an den Kaiser anlässlich des Regierungs-
Jubiläums darstellt, hat die Jury dem Professor der Kunstgewerbeschule des
Österreichischen Museums Stefan Schwartz den ersten Preis zuerkannt.