weder dem Auge Freude bereiten, noch dem Geiste besondere
Befriedigung gewähren kann.
Trotzdem können wir uns der Thatsache nicht verschliessen, dass
die Masse der heutigen modernen Bauwerke einen commerciellen
Charakter hat und die Geschichte ihres Zeitalters erzählt.
Gleichwohl aber entwickelt sich nebenher langsam ein völlig
verschiedener Typus; er gleicht nicht der alten Arbeit, indem er
individuell statt collectiv sich zeigt. Dieser ganz wesentliche Unter-
schied ist gleichwohl unvermeidlich. Die Zustände unserer Zeit machen
es unmöglich, dass die Architektur das sei, was sie ehedem gewesen,
der künstlerische Ausdruck einer Nation durch ihre Bauten und durch
das gemeinsame, stets wachsende Geschick ihrer Handwerker. Der
Meister-Maurer und Zimmermann mit ihren Organisationen bestehen
nicht mehr und die Continuität des Gedankens und die traditionellen
Methoden sind verloren gegangen.
Es wäre zu umständlich, den Zusammenbruch, das Verschwinden
der Handwerker-Ziinfte und das Wachsen der prädominirenden
Stellung des Individuums als Zeichner und Constructeur der Gebäude
auf seine Ursachen hin zu kennzeichnen - Zustände, welche aus dem
freien Handwerker eine Art lebendiger Maschine gemacht haben. Wir
haben hier nur mit Thatsachen zu rechnen. Der Architekt muss sich
heute einer anderen Ausdrucksweise bedienen, wenn er Spuren seines
Wirkens hinterlassen will, die zeigen sollen, dass das commercielle
Element, wiewohl dominirend in unsern Tagen, den Geist der Archi-
tektur nicht vernichtet, sondern nur in neue Bahnen gedrängt habe.
So sehen wir, dass durch den Verlust traditioneller Methoden
und das Verschwinden der geschickten Arbeiter die Architektur
sich nothwendigerweise zu einer individuellen Kunst gestaltete; der
Architekt wurde der Zeichner von Bauten, der für die Verwirklichung
seiner Pläne von der mechanischen Arbeit abhing, statt - wie
ehedem -- der Leiter und das Haupt einer Vereinigung befähigter
und begeisterter Arbeiter. Die geschickten Maurer, die fähigen Holz-
und Metallschneider, in deren individuellem und collectivem Werke
die lebende Architektur wurzelte, wurden durch Leute ersetzt, deren
Fähigkeiten, wie bedeutend sie auch mitunter sind - da sie nicht von
ihren Trägern dirigirt werden - für die Architektur verloren bleiben.
In dieser Richtung, wie in manch anderer Beziehung unter-
scheidet sich die heutige Entwicklung wesentlich von Umgestaltungen
früherer Epochen. Eingestandenermassen hat es sich bei diesen um
die Neubelebung von Stilarten gehandelt. Man hat die bekannten
Stil-Perioden der Architektur zu dem Zwecke studiert, um ihre